Wissen: Wahn & Paranoia

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Wahn im Allgemeinen

Im Allgemeinen bezeichnet man als Wahn eine irreale Überzeugung, die aber nach objektiv messbaren Aspekten nicht zutrifft, an welcher der Betroffene jedoch unbeirrt festhält, obgleich diese nicht mit der der objektiv nachprüfbaren Realität übereinstimmt.

 

Wahnhaft oder paranoid kann sich im Prinzip jeder Mensch im Alltag zeigen, ohne das dies eine Erkrankung darstellt. Gewiss hat Jeder schon mal vermutet bzw. unterstellt, dass einem jemand ggf. etwas Schlechtes will.

 

Gewiss kennt jeder das Gefühl, beim Öffnen des Briefkastens und Vorfinden einer Postsendung mit einer bestimmten Umschlagfarbe innerlich zusammenzuzucken, den Adrenalinspiegel spürbar ansteigen zu fühlen - und den besagten Brief in Erwartung von etwas Negativem mit Herzklopfen oder bei regelrechter Schnappatmung zu öffnen. Wir alle steigern uns mit "Hilfe unserer Vorstellungskraft (Phantasie) schnell in Dinge hinein, die objektiv gar nicht vorliegen - insbesondere dann, wenn wir ein schlechtes Gewissen haben - und uns irgendeiner Sache "schuldig" fühlen, selbst wenn wir vielleicht gar keine "Schuld" haben - und sich z.B. der besagte Brief lediglich als Werbesendung entpuppt.

 

Derartige Reaktionen, die für emotional Außenstehende oft schwer nachzuvollziehen sind, werden z.B. in der Kriminalistik genutzt, um anhand einer auffälligen Reaktion einen Täter zu überführen. Doch nicht alle Reaktionen haben tatsächlich etwas mit einer konkreten Schuldfrage zu tun: Manchmal handelt es sich auch um tiefer sitzende Schuldgefühle, welche die von Angst Betroffenen, die sich wahnhaft bis paranoid in etwas hineinsteigern, mit sich herumtragen - und die dann auf alle möglichen anderen Lebensbereiche übertragen werden. 

 

Wahn als Krankheitssymptom

Zugleich ist Wahn ein Krankheitssymptom aus dem Fachgebiet der Psychiatrie. Dabei handelt sich um eine schwere inhaltliche Denkstörung, welche die Wahrnehmung umfasst und eine Störung der Urteilsfähigkeit zur Folge haben kann.

 

Ein Wahn kommt bei verschiedenen psychischen Störungen vor und reicht bis von reiner Einbildung (z.B. Unterstellung grundsätzlicher Abneigungen anderer der eigenen Person gegenüber) bis hin zum völligen Realitätsverlust. Ebenso gibt es Persönlichkeitsstörungen, die mit einem Wahn einhergehen. z.B. die paranoide Persönlichkeitsstörung.

 

Paranoide Persönlichkeitsstörung und Paranoia als Psychose
Eine paranoide Persönlichkeitsstörung kennzeichnet sich durch starkes Misstrauen und der Vermutung von Feindseligkeit hinter dem Verhalten anderer Menschen. Paranoide Persönlichkeiten vermuten hinter allem Möglichen immer irgendwelche Absichten. Selbst freundliches oder zurückhaltendes Verhalten anderer Menschen wird von paranoiden Persönlichkeiten als eine Absicht oder gar als feindliches Zeichen gedeutet, wobei sie eine starke Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisungen zeigen. Auch  gibt es ggf. paranoide Vermutungen hinsichtlich einer etwaigen Verschwörungen gegen die eigene Person.

 

Paranoide Persönlichkeiten beziehen externe Eindrücke auf sich selbst. Bei ihnen steht alles, was Menschen tun in Zusammenhang mit einer Absichts-Vermutung bzw. Absichts-Unterstellung. In der Kommunikation deuten sie Mitteilungen des Senders gern mit dem sogenannten Beziehungsohr, wobei sie Aussagen auf sich selbst beziehen und dabei über die sogenannte Beziehungsebene encodieren, wobei sie selbst bei allgemeinen und sachlichen Mitteilungen unfaire Absichten, Missbilligungen, Angriffe und Beleidigungen heraushören. Paranoide Persönlichkeiten sind streitsüchtig und beharren stets auf dem eigenen Standpunkt und der Richtigkeit ihrer Wahrnehmung. Es besteht eine geringe Offenheit für neue Erfahrungen und die Tendenz zur Introvertiertheit. 

Auch im Mittelpunkt der "Paranoia" als Psychose stehen Wahnbildungen. Paranoia umfasst eine Reihe von Gedanken und Wahrnehmungen z.B. das Gefühl verfolgt oder bedroht zu werden, woraus sich starkes Misstrauen ableitet. Der Begriff "stammt aus dem Griechischen und setzt sich übersetzt aus den Wörtern  „wider“ und „Verstand“ zusammen und bezeichnet Gesamtwörtlich bedeutet Paranoia folglich „wider den Verstand“, also „verrückt“ und „wahnsinnig“ und ist damit eine Bezeichnung für eine psychische Störung, in deren Mittelpunkt Wahnbildungen stehen. "Paranoid" ist die adjektivische Form und weist auf Verfolgungsängste oder Verfolgungswahn hin.

 

Wie kommt es, dass paranoide Menschen wider dem Verstand handeln? Die von einer Paranoia oder einer paranoiden Persönlichkeitsstörung Betroffenen leiden an einer verzerrten Wahrnehmung in Bezug auf eine vermutete bzw. unterstellte feindselige Haltung ihrer Person gegenüber, was sich durch Ängstlichkeit und Misstrauen bis hin zur Überzeugung von einer Verschwörung anderer gegen die eigene Person zeigt, woraus sich aggressives Verhalten gegenüber ihrer Umwelt oder Teilen ihrer Umwelt ableiten kann. Die Betroffenen sind davon überzeugt, dass man ihnen übel will - und sie suchen förmlich nach diesem vermeintlichen "Übel", das in der Realität aber gar nicht besteht.

 

Ihr Fokus ist auf Negatives ausgerichtet: Sie suchen nach möglichen Beleidigungen, Herabsetzungen, Drohungen und Hintergehungen sowie nach versteckten Botschaften in Bemerkungen und Handlungen. Es kommt zu Fehlinterpretationen der Umwelt und zum entsprechenden "Heraushören" der sogenannten "Beziehungsebene" mit dem überstark ausgeprägten Beziehungs-Ohr (Schulz von Thun), mit dem sie - vermeintlich auf sie selbst gerichtete - vermeintliche "Botschaften" (geradewegs zwanghaft) heraushören und damit Gesagtes, Gehörtes oder Gesehenes in einem - auf sich selbst bezogenen - negativen Kontext fehlinterpretieren. Erkennen kann man dies am Reaktionsverhalten auf Gesagtes oder Gezeigtes.

 

In der Personalpsychologie wird dies zum Beispiel mit verbalen Triggern oder Lese-Triggern und der Beobachtung der entsprechenden Reaktion untersucht (ib reality view & proof concept. Denn aus ihrer übersensiblen Grundeinstellung heraus, zeigen paranoide Menschen nicht nur mangelndes Vertrauen, sondern reagieren oft gereizt und (verbal, paraverbal, nonverbal) aggressiv. Denn sie erleben eine andere Realität, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. Basis dafür ist Misstrauen. Nicht selten geht die Paranoia mit Unterstellung von Feindseligkeit, Mobbing und Rassismus sowie mit Angst vor Andersdenkenden und Kritikern einher, was sich auch im politischen wie (über die Wahn-Symbiose) gesellschaftlichen Kontext zeigt (Siehe "Kollektiver Wahn" und "Massenpsychose").

 

Das Spektrum der Paranoia reicht von neurotischen Formen einer paranoiden Neigung bis hin zu schweren psychotischen Ausprägungen. Die neurotische paranoide Persönlichkeit zeigt sich durch übertriebene Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisung, besondere Kränkbarkeit der eigenen Person und durch Misstrauen gegenüber anderen. Paranoide Menschen neigen dazu, neutrale oder freundliche Handlungen und Gesten anderer als kommerzielle Absicht oder als feindlich oder verächtlich zu interpretieren. Nicht selten treten wiederkehrende und unberechtigte Verdächtigungen hinsichtlich der Treue des Partners (Eifersuchtswahn) und streitsüchtiges Bestehen auf eigenen Rechten auf. Anderseits neigen die Betroffenen zu übertriebener Selbstbezogenheit. In diesem Zusammenhang spricht man dann von einer paranoiden Persönlichkeitsstörung (ICD-10).

 

Paranoide Symptome sind sehr vielfältig und gesellen sich zu vielen anderen Grunderkrankungen, darunter Neurosen, Psychosen (wie z.B. die Schizophrenie), vielen Persönlichkeitsstörungen und einigen degenerativen Erkrankungen. Paranoide Symptome treten auch bei Menschen auf, die lange unter echter oder gefühlter Verfolgung leiden mussten, aber eigentlich nicht verfolgt sind. Paranoide Symptome können auch als Folge von anderen auslösenden Momenten oder neurologischen und/oder psychiatrischen Erkrankungen auftreten. Deutliche Zusammenhänge bestehen im Hinblick auf die Paranoide Persönlichkeitsstörung, die Borderline-Persönlichkeitsstörung, die Schizotype Störung, die Schizoaffektive Störung, die Schizophrenie, Hirntumore, Hirnschädigungen durch Alkoholmissbrauch und die Alzheimersche Krankheit.

 

Bei einer Paranoia hat der Betroffene ggf. das Gefühl, nicht gemocht , "beleidigt" oder gar verfolgt zu werden. Eventuell entwickeln die Betroffenen Verschwörungstheorien. Ein paranoider Mensch glaubt oft, dass andere beabsichtigen, ihn zu schädigen, zu betrügen oder vielleicht sogar zu töten. Der von einer Paranoia Betroffene kann dafür zumeist „Beweise“ präsentieren, die für ihn selbst völlig überzeugend scheinen, für Außenstehende hingegen nicht. Derartige Überzeugungen sind in der Regel wahnhaft, wo sich der an von einer Paranoia Betroffene durch nichts von ihnen abzubringen lässt. Rationale Argumente und Überzeugungsversuche Außenstehender bleiben erfolglos und haben sogar eine kontraproduktive Wirkung, da sie das Misstrauen der paranoiden Person nur noch verstärken.

 

Eine unter wahnhafter Störung leidende Person wurde früher oft „Paranoiker“ genannt. Primär werden heute fünf Formen der Paranoia unterschieden: In der grandiosen, selbstüberwertigen Richtung sind dies die Erotomanie (Liebeswahn) und der Größenwahn. Demgegenüber stehen Eifersuchtswahn (pathologische Eifersucht), Verfolgungswahn und somatischer Wahn (Hypochondrie). Daneben gibt es eine Mischvariante und ein unspezifischer Typ. Wie bereits erwähnt kann Paranoia eine eigenständige Pathologie aufweisen oder aber auch Symptom anderer Krankheiten sein (z.B. Bipolare Störung).

 

Paranoide Züge fallen ebenfalls auf im Kontext zum Phänomen der "Wohlstands-Psychopathie", welches auf "Narzissmus" basiert. Ebenfalls gibt es einen Kontext zum Negativismus sowie zum fehlenden Gauben und der damit einhergehenden Selbstermächtigung - gefährlich in höheren Positionen und Ämtern, wo paranoide Persönlichkeiten dann selbst Gott spielen und ihre Sorgen und Ängste auf dem Rücken anderer Menschen / Gruppen "auszutherapieren" versuchen, in dem sie ihre Störung und die damit verbundene Scheinwelt auf Andere (bis dato normale / psychisch gesunde Menschen) übertragen und mit Regeln versehen, die sich an ihrer eigenen Störung orientieren. Dadurch kann eine Wahn-Symbiose bzw. ein kollektiver Wahn entstehen, dem sich das - von Wahn und / oder Paranoia "infizierte" oder unterjochte Individuum nicht bewusst ist - und sich nur schwer entziehen kann.

 

Der Psychiater Emil Kraepelin (1856–1926) definierte in dessen Lehrbuch der Psychiatrie in der Ausgabe von 1899 die psychotische Ausprägung der Paranoia als  „die aus inneren Ursachen erfolgende, schleichende Entwicklung eines dauernden, unerschütterlichen Wahnsystems, das mit vollkommener Erhaltung der Klarheit und Ordnung im Denken, Wollen und Handeln einhergeht“. Auch Sigmund Freud beschäftigte sich mit der Paranoia. Damals wurde mit Paranoia eine allgemeine Geistesstörung oder die Paraphrenie - eine paranoide Verlaufsform der Schizophrenie - bezeichnet. Der Begriff der Paraphrenie wird heute noch von der Leonhardschen Klassifikation verwendet, in der er eine der drei systematischen Schizophrenien bezeichnet.

 

Wahn - Definition

Wahn umfasst eine unkorrigierbare Falschbeurteilungen der Wirklichkeit, die unbeeinflussbar von persönlichen Erfahrungen auftritt und an der mit absoluter subjektiver Gewissheit festgehalten wird. Die wahnhafte Überzeugung wird von Mitmenschen nicht geteilt und kann nicht nachvollzogen werden, da sie der Realität widerspricht.

 

Wahn: Subjektive persönliche Wirklichkeit

Wahn ist eine subjektive persönliche Wirklichkeit, von deren Richtigkeit der Betroffene absolut überzeugt ist. Das Krankhafte am Wahn liegt nicht im Inhalt, sondern vielmehr in der Unbeeinflussbarkeit durch Erfahrung und zwingende Schlüsse. Erklärungen, warum die Vorstellungen absurd sind, verändert nicht die vermeintliche Gewissheit und Überzeugung. Angehörige die versuchen, dem wahnhaft Kranken den Wahn auszureden, werden als parteiisch angesehen oder als Feind bekämpft. Eine Diskussion steigert die emotionale Betroffenheit und verschlimmert die Auswirkungen.

 

Wahnbeweis

Ein Wahn bedarf für den am Wahn erkrankten Menschen keines Beweises. Bereits harmlose Ereignisse werden als Bestätigung der eigenen wahnhaften Überzeugung interpretiert. Wahnhaft erkrankte Menschen schaffen sich ihre Beweise sogar selbst, z.B. indem sie ihre Aufmerksamkeit fokussieren und selektiv wahrnehmen (Selektive Wahrnehmung). Sie konzentrieren sich solange auf die Beobachtung bestimmter Vorgänge bis sie etwas daraus ableiten können, ähnlich wie man in jeder Wolke am Himmel irgendwann irgendein anderes Objekt bzw. eine Gestalt sieht z.B. ein Gesicht.

Aus jedem Verhalten lesen sie genau das heraus, was ihre Wahnvorstellung bestätigt und bekräftigt.

 

Differenzierung von anderen ähnlichen Störungen

Während sich bei anderen ähnlichen Denkstörungen (z.B. überbewerteten (fixen) Ideen oder Zwangsgedanken) der Betroffene selbst bewusst ist, dass die sich ihm aufdrängenden Gedanken nicht der Normalität entsprechen, ist bei einem Wahn der Betroffene von der Normalität und Richtigkeit seiner Gedanken felsenfest überzeugt. Obwohl die Realität einer Fehlbeurteilung unterliegt, hält der Betroffene hartnäckig und überzeugt an dieser Fehlbeurteilung fest und ist (durch andere oder durch Beweise) nicht von seiner Fehlbeurteilung abzubringen.

 

Wahnkriterien
Jasperssche Wahnkriterien / Die 3 Wahnkriterien nach Karl Jaspers (1913):

 

1.  Subjektive Gewissheit

2.  Unkorrigierbarkeit durch Erfahrung und zwingende Schlüsse

3.  Unmöglichkeit des Inhalts

 

Allgemeiner, moderner und konkreter formuliert,

muss ein pathologischer bzw. "echter" Wahn folgende Merkmale erfüllen:

 

1.  Irrealität des Wahninhaltes:
     Der subjektiv erlebte Wahninhalt stimmt aus einer gesunden, rationalen Wahrnehmung  heraus betrachtet,

     mit der objektiven Realität nicht überein.

 

2.  Unkorrigierbarkeit:

     Der Wahninhalt ist durch kein Argument von außen zu korrigieren.

 

3.  Unwiderlegbarkeit:

     Der Wahninhalt ist durch keinen vorgelegten Beweis zu widerlegen.

 

Wahnthemen

Die verschiedenen Formen des Wahns lassen sich inhaltlich in folgende grundlegenden Themenbereiche unterteilen:

Wert oder Minderwertigkeit, Autonomie oder Ausgeliefertsein, Bedeutung oder Nichtigkeit sowie Zugehörigkeit oder Ausgrenzung. Darüber hinaus oder ergänzend gibt es konkrete Einzel-Wahnthemen, die mit anderen Symptomen z.B. Zwängen verkoppelt sind z.B.: Eifersucht / Vermutungen / Unterstellungen (z.B. Angst und/oder Zwang), Helfen wollen / Helfen müssen (z.B. Schuldgefühle und/oder Zwang)

 

Wahnsysteme

Menschen mit wahnhaften Störungen deuten Wahrnehmungen oder Erlebnisse um und konstruieren gelegentlich komplexe, für den Außenstehenden konfuse, für den Betroffenen allerdings schlüssige "Wahnsysteme", in denen sie wie in einer zweiten, subjektiven Realität leben, welche sie ggf. durch neue Konstrukte erklären, schützen und verteidigen.

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Einsicht und Einsichtsfähigkeit

Die Einsicht und Einsichtsfähigkeit der von Wahngedanken bzw. einem Wahn Betroffenen ist stark eingeschränkt. Die Betroffenen halten sich selbst weder für krank, noch für behandlungsbedürftig. Ihre Gedanken halten sie für schlüssig und logisch. Selbst gegenteilige Beweise können sie nicht davon abbringen. Menschen, die gegenteilige Beweise antreten, werden von Menschen mit einem Wahn für Feinde oder selbst für krank (bzw. verrückt) gehalten.

  

Verteidigung gegenüber der Außenwelt

In der Regel werden wahnhafte Gedanken, Vorstellungen und Annahmen von den Betroffenen gegenüber der Außenwelt vehement verteidigt. Bei entsprechend starkem Druck von außen können einige Betroffene unrichtige Gedanken vorläufig zugeben (z.B. um ihre Ruhe zu haben). Ein echter oder zum Schein geäußerter Lichtblick in Bezug auf eine etwaige Einsicht in die Unrichtigkeit der Gedanken wird von den Betroffenen jedoch schnell wieder revidiert, zumeist aber innerlich bereits im Ansatz negiert, ohne dies nach außen zu zeigen. Das eigene Denkkonstrukt hat eine so starke eigene Logik, dass es für den Betroffenen selbst nicht möglich ist, an etwas anderes zu glauben als das, was in seiner Realität bereits verfestigt ist.

 

Projektion eigener Probleme auf Andere (z.B. Helfer)

Projektion bezeichnet in der Psychologie und Psychoanalyse einen Abwehrmechanismus. Dieser Abwehrmechanismus umfasst das Übertragen und Verlagern innerpsychischer Inhalte oder eines innerpsychischen Konfliktes durch die Abbildung eigener Emotionen, Affekte, Wünsche, Impulse und Eigenschaften, die im Widerspruch zu eigenen und/oder gesellschaftlichen Normen stehen können, auf andere Personen, Menschengruppen, Lebewesen oder Objekte der Außenwelt.

 

Die „Abwehr“ besteht dabei darin, dass durch Projektion vermieden wird, sich mit Inhalten bei sich selbst auseinanderzusetzen, die man beim anderen sieht. In derartigen Fällen ist psychologische Hilfe ebenso wenig möglich wie bei fehlender Einsicht bzw. Einsichtsfähigkeit. Bei vollständig fehlender Einsicht halten sich die Betroffenen selbst weder für krank, noch für behandlungsbedürftig. Bei fehlender Einsicht eine konkrete Problematik konsultieren die Betroffenen entsprechende Fachleute oft unter einem anderen (vorgeschobenen) Anliegen bzw. mit einer anderen Selbstdiagnose.

 

Bei beiden Formen halten die Betroffenen Ihre Gedanken für schlüssig und logisch. Selbst gegenteilige Beweise können sie nicht davon abbringen. Menschen, die gegenteilige Beweise antreten, werden von Menschen mit einem Wahn für Feinde oder selbst für krank (bzw. verrückt) gehalten. Bei wahnhaften Gedanken erfolgt nicht selten die Projektion eigener Gedanken und/oder des eigenen Charakters und psychischen Zustandes auf Andere - insbesondere auf Helfer bzw. Personen, die dazu raten, sich passende Hilfe zu suchen.

 

Ein Fall-Beispiel zum Verständnis zur Sache:

 

Eine Person kontaktiert via E-Mail einen Psychologen aufgrund der hausärztlicher Diagnose einer Psychose, konkret einer angeblichen "Depression". Die besagte Person selbst schreibt, es lägen Eheprobleme und parallel dazu ein Verliebtsein in eine andere Person vor. Aufgrund dieser Situation habe die besagte Person Ängste und Zweifel - auch bezüglich eines etwaigen "Zurücklassens" der ehelichen Kinder.

 

Die besagte Person schreibt, dass sie zwischen der alten und neuen Partnerschaft hin und her tingele, sich an beiden Orten wohl - aber zugleich auch abgestoßen - fühle, weshalb sie bei beiden ein- und auszöge, jeweils lüge, entsprechende Schuldgefühle habe und sich nicht entscheiden könne. Daher schlafe sie schlecht, sei niedergeschlagen und esse kaum.

 

Es falle ihr schwer, sich zu konzentrieren und aufgrund der innerlichen Lähmung eine klare Entscheidung zu treffen. Besagte Person schreibt, sie brauche "Hilfe, um die richtige Denkweise zu erlernen". Zugleich "befürchtet" die besagte Person, dass da noch andere Dinge im Leben eine Rolle spielen. Es scheint ihr als würde ihr das Leben entgleiten. 

 

Aufgrund der konkreten Ausführungen der besagten Person, bietet der angeschriebene Psychologe dazu passende konkrete Hilfs-Optionen an. Zugleich testet er die Person bzw. deren Reaktionsverhalten, um etwaige Zusammenhänge zu dessen Persönlichkeit und Charakter zu erkennen, auch um festzustellen, ob die erbetene bzw. vorgeschlagene Hilfe hier überhaupt richtig ist bzw. seinen Sinn macht. Schließlich verwechseln nicht wenige Menschen die Berufe Psychiater und Psychologe, ebenso wie oft zwischen psychiatrischer Behandlung, Psychotherapie und Coaching nicht korrekt unterschieden wird.

 

Zudem gilt es, seitens des Psychologen die Zuständigkeit zu prüfen. Schließlich ist zwischen der Diagnose des Hausarztes und den seitens der Person genannten konkreten logisch-nachvollziehbaren Problemen ebenso zu unterscheiden wie zwischen einer depressiven Verstimmung und einer psychotischen Depression, eine Unterart der schweren depressiven Störung, die sich durch verschiedene psychotische Merkmale auszeichnet, die es zu prüfen gilt. 

 

Dazu setzt der Psychologe - auch um die Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit des Anliegens zu prüfen, sogenannte Trigger ein, um die konkrete Reaktion der Person zu testen bzw. zu messen. Da am Telefon das Anliegen der besagten Person gar nicht mehr so dringlich klang wie zuvor schriftlich beschrieben und es zudem Auffälligkeiten in Sachen Persönlichkeit / Charakter / Logik) gab, triggert der Psychologe ihn damit, dass die besagte Person sich das Vorhaben noch einmal überlegen solle. Dies auch, weil die besagte Person am Telefon einen ganz anderen (eher lässigen und wenig dringlichen) Eindruck hinterließ als zuvor beschrieben. 

 

Nach dem tel. Reaktionstest meldet sich die besagte Person via E-Mail in einem vorwurfsvollen Stil - und wirft dem Psychologen vor, ihr "ein schlechtes Gewissen" einreden zu wollen - jenes schlechte Gewissen, wegen dessen die besagte Person den Psychologen ja schließlich kontaktierte (Projektion).

 

In seiner Mail zeigt sich die besagte Person aggressiv. Das Vorgespräch habe die Person den eigenen Aussagen nach als "ganz schön heftig" und als "aggressives" "Verkaufsgespräch" empfunden. Zudem sei sie nicht gewillt (angeblich) "mehrere tausend Euro auszugeben" (von konkreten Kosten war zuvor überhaupt nicht die Rede), erst recht nicht nach so einem angeblich "aggressiven" Gespräch (Projektion der Aggression / Aggressivität).

 

Abschließend wünscht die besagte Person dem Psychologen "alles Gute für die Zukunft" und spricht die "fachmännische" "Empfehlung" aus, die Vorgehensweise des Psychologen zu überdenken (Rollenwechsel / Projektion).

 

Da hier wahnhafte Züge ins Auge fallen, empfiehlt der Psychologe der Person in seiner nachfolgenden abschließenden Antwort-Mail, statt einem Psychologen besser einen Psychiater zu konsultieren, der für so etwas konkret zuständig ist. Die besagte Peron schreibt zurück: "Eine weitere verbale Entgleisung, gar eine Beleidigung. Lässt tief blicken und bestätigt, das es richtig ist, sie keinesfalls aufzusuchen. Ich wünsche keinen weiteren Kontakt". 

 

Letztendlich wird hier selbst die Ausgangs-Diagnose des Hausarztes in Frage gestellt, der eigene Zustand uminterpretiert und die "Schuld" bzw. Verantwortung für die eigene Situation anderen (dem Helfer) zugeschrieben (Projektion). Derartige Projektionen sind eine Art Selbstsabotage und es wird deutlich. Ggf. hat sich aufgrund des Stresses - auch durch den fortlaufenden Ärger über sich selbst - der Stoffwechsel der Person bereits umgestellt - somit ein Fall für die Psychiatrie, der aber aufgrund der Abwehr der Realität und der Projektion auf andere auch hier ggf. erfolglos bleiben wird.#

 

Um die wirkliche Beschäftigung mit der tatsächlichen Problematik selbstwertdienlich tunlichst zu umgehen, wird die besagte Person - wie andere ähnliche Fälle auch - nachfolgend vermutlich "Jemanden" suchen, der ihr wie ein Dienstleister "nach dem Mund redet". Die psychische Last wird dadurch zwar gemindert, nicht aber die Ursächlichkeit angegangen.

 

In anderen Fällen erfolgt in solchen Fällen an Stelle einer Projektion die sogenannte "Umkehr", die nachfolgend näher beschrieben wird:

 

Umkehr

Wahnhafte Gedanken, Vorstellungen und Annahmen werden von den Betroffenen gegenüber der Außenwelt so stark verteidigt, dass Zuschreibungen oder Anschuldigungen jeglicher Art zur sogenannten "Umkehr" - der Verdrehung der Realität - führen. Das eigene Denkkonstrukt der vom Wahn und / oder Paranoia Betroffenen kann so stark sein, dass sie das, was ihnen von Außenstehenden zugeschrieben wird (der Wahn an sich oder ein bestimmtes Verhalten), in das Gegenteil umkehren und den anderen zuschreiben.

 

Menschen, die vom Wahn Betroffene für krank halten, werden von diesen selbst für wahnhaft bzw. krank gehalten. Menschen, die vom Wahn Betroffene auf ihre wahnhafte Gedanken ansprechen oder sie vom Gegenteil überzeugen wollen, werden für verrückt gehalten oder als Feinde erklärt. Wenn wahnhaft Kranken ein negatives Verhalten vorgeworfen wird, werfen sie den anderen negatives Verhalten vor. Aus Opfern werden Täter, aus Helfern werden Angreifer. Interessant ist, dass von einem Wahn Betroffene sämtliche Zuschreibungen fast 1:1 umkehren. Wird ihnen geholfen, versuchen sie den anderen zu helfen. Beleidigen sie andere Menschen, so werfen sie den anderen genau diese Beleidigungen vor. Absprachen, Schuld- und Rechtsverhältnisse werden oft so herumgedreht, dass sie genau gegensätzlich sind. Detail-Infos

 

Abwehr von Widersprüchen

Nach dem Prinzip "Übung macht den Meister" geben sich von einer wahnhaften Störung betroffene Menschen von ihrer Persönlichkeit her besonders überzeugend. Nicht selten sind sie in der Lage, Zeugen und Zeugnisse des Wahns auszuschalten oder durch entsprechende Argumente oder allein durch ihr Auftreten zu relativieren und einen eventuellen Gegenbeweis Dritten gegenüber unglaubwürdig erscheinen zu lassen.

 

Erkrankungen / Störungen, die mit Wahnsymptomen einhergehen

Es gibt zahlreiche Erkrankungen, die mit Wahnsymptomen einhergehen. Dazu zählt die Schizophrenie bzw. schizophrene Psychosen ebenso wie affektive Störungen, Demenzen und Hirnschädigungen verschiedener Art und Ursache. Auch die durch den Gehirnparasiten Toxoplasma gondii ausgelöste spezielle Form der Schizophrenie mit selbstzerstörerischen Tendenzen (denn der besagte Parasit will in den Darm der Katze zurück) zählt dazu. Wahnsymptome gehen auch mit "naiv

aggressiven Persönlichkeiten" im Rahmen der naiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung einher.  

 

Wahn als eigenständiges Störungs- bzw. Krankheitsbild

In Form der isolierten Wahnstörung (delusional disorder) (ICD-10 / F22.0) kann Wahn auch als für sich eigenständiges Krankheitsbild auftreten. Dabei handelt es sich jedoch um eine stark unterdiagnostizierte psychische Störung. Das liegt daran, dass die Betroffenen nichts von ihrem Wahn wissen, ihn nicht wahrhaben wollen und keine Veranlassung dafür sehen, sich entsprechende Hilfe zu holen.

 

Menschen, die einem Wahn "verfallen" sind, halten höchstens andere für krank bzw. gestört, sich selbst aber nicht. Hinzu kommt, dass in der Regel nur nach außen kommunizierte Wahngedanken (wenn überhaupt - als solche wahrgenommen) als unwirklich auffallen. Ansonsten verhält sich ein Mensch, der einem Wahn unterliegt, ganz normal. Die Erklärungen von Menschen mit einer isolierten Wahnstörung wirken in den Augen anderer zumeist absolut plausibel.

 

Wenn man von den Wahnideen und -themen absieht, machen die vom reinen Wahn Betroffenen einen völlig normalen Eindruck. Sie haben ihr Alltagsleben voll im Griff und treten auch kommunikativ souverän bzw. unauffällig auf. Manchmal können jedoch andere Symptome hinzukommen, die dann zu Auffälligkeiten führen (z.B. Zwänge oder Depressionen).

 

Abgrenzung 

Anders als beim Störungsbild der Schizophrenie, haben rein an Wahn Erkrankte keine bizarren Wahnvorstellungen und Halluzinationen, sondern einen sachlichen Realitätsbezug, der auf den ersten Blick ggf. plausibel erscheint. In Abgrenzung zu überbewerteten fixen Ideen sind die Gedankenstrukturen jedoch emotionaler besetzt.

 

Wahn und Konfliktpotenzial

Während die Betroffene in der Regel ein krankheitsunauffälliges Alltagsleben führen, können die Wahngedanken zu Aggressionen und zu Konflikten in Partnerschaft, Freundeskreis und Sozialleben führen. Das liegt u.a. daran, dass die Kommunikation von Wahngedanken für Partner und Freunde nicht nur befremdlich ist, sondern sich in Bedürfnissen äußert, die andere nicht erbringen können oder wollen - allein deshalb, weil sie keinen Sinn und keine Logik darin sehen.

 

Die Kommunikation von Wahngedanken kann sich auch in Form von Anschuldigungen, Unterstellungen und Vorwürfen äußern, die für andere Menschen sehr anstrengend sind. So wird z.B. bei einem Eifersuchtswahn der Partner wird kontrolliert, gegängelt und eingeschränkt, am liebsten eingesperrt. Wahnhafte Störungen bergen ein hohes Konfliktpotential und führen zur Beendigung von Freundschaften und Partnerschaften.

 

Diagnose von wahnhaften Störungen

Eine Diagnose der wahnhaften Störung ist selten, da a) die Wahngedanken sachlich nicht bizarr erscheinen und daher erst aus einem konkreten Kontext heraus als unangemessen und krankhaft erkannt werden können, b) die Betroffenen sich keiner Behandlung und damit folglich keiner Diagnose stellen und falls doch eine Diagnosemöglichkeit besteht, c) sich die Betroffenen dem Diagnostierenden gegenüber zumeist absolut unauffällig verhalten.

 

Hinzu kommt, dass d) die Betroffenen in der Lage sind, ihrem Umfeld, insbesondere potentiellen Diagnosestellern mittels hoher gedanklicher Kreativität Vorwands-Erklärungen zu geben, die auf andere durchaus schlüssig wirken. Einen Grund, sich einer Behandlung zu unterziehen, sehen die Betroffenen nicht, weshalb eine ärztliche oder psychologische Konsultation in der Regel unterbleibt.

 

Festgestellt wird der Wahn bei wenigen oft nur über die Konsultation wegen ganz anderer Symptome oder wegen persönlichen Problemen (z.B. Konflikten in der Partnerschaft, Konflikte am Arbeitsplatz, Konflikte im Freundeskreis und Sozialleben führen. Der Wahngedanke selbst kann nur aus dem Gesamtkontext als unangemessen und krankhaft erkannt werden.

 

Formen des Wahns

Wahn tritt in vielfältiger Form auf. Man kennt: Beeinträchtigungswahn, Verfolgungswahn, Beziehungswahn, Schädigungswahn, Verarmungswahn, Größenwahn, politischer Wahn, religiöser Wahn, Heilswahn, Helfer-Syndrom, wahnhafte Erhöhung der eigenen Person, Weltverbesserungswahn, Weltrettungswahn, Welterneuerungswahn, Omnipotenzwahn, Schuldwahn, Krankheitswahn (Hypochondrie), Nichtigkeitswahn, Devitalisierungswahn (Cotard-Syndrom), Erfinderwahn, Eifersuchtswahn und weitere Formen des Wahns. Die Übertragung wahnhafter Gedanken auf andere bzw. das soziale Umfeld bezeichnet man als Wahn-Symbiose bzw. als "Induzierter Wahn / symbiotischer Wahn (Folie à deux)". 

 

Wahnthemen und Arten / Diverse Beispiele:

Beispiel 01 (Allgemeines Extrem-Beispiel / in dieser extremen Form kaum möglich)

Jemand hat die Idee 400 Gäste zu einer spontanen Party in seine 50 qm große Wohnung einzuladen. Er ist sich gewiss, dass es eine gewaltige Feier werden soll und es dabei gemütlich zugehen wird, obgleich ihm der Partner sagt, dass dies beides kaum gehen wird. An seiner Entscheidung hält der Betroffene unbeirrt fest. Selbst dann, wenn er sieht, dass niemand mehr hineinpasst, die Gäste nicht bewirtet werden können - und es mehr als ungemütlich wird, hält er an seinem Entschluss fest und freut sich über jeden weiteren Gast, der selbst aber gar nicht hineinpasst und daher auch nicht wirklich "Gast" ist.

 

Beispiel 02 (Idee / Wahneinfall)

Kurz nach Aufwachen wird jemandem klar, dass er sein Leben komplett ändern muss
und er eigentlich zu Größerem erkoren ist.

  

Beispiel 03 (Eifersucht)

Jemand ist unablässig davon überzeugt, dass sein Partner ihn betrügt.

 

Beispiel 04 (Erklärung, Beeinträchtigung, Verfolgung)

Die aktuellen Geräusche in der Heizung sowie die Umstände (Vermieter hat Heizungsmonteur kommen lassen)
lassen jemanden daraus schließen, dass er neuerdings aus der Heizung heraus abgehört wird.

 

Beispiel 05 (Bedeutung, Beziehung, Erwartung)

Von einem bestimmten Verhalten einer Person oder einer bestimmten Zahl, die der Betroffene sah, konnte er ableiten, dass etwas im Argen ist oder demnächst etwas passieren wird.

 

Beispiel 06 (Beziehung, Erwartung)

Jemand meint, dass andere einen bestimmten Style oder Text von ihm kopieren und er dadurch regelrechte Trends setzt.

 

Beispiel 07 (Liebeswahn)

Jemand hat den Eindruck, dass alle ihn lieben.

 

Beispiel 08 (Idee/Zwang)

Jemand möchte der Welt dort draußen helfen und fokussiert sich nur noch auf das.

 

Beispiel 09 (Massive externale Fokussierung)

Jemand möchte sich für Dinge einsetzen, die möglichst fremdländisch, selten oder ganz weit weg sind,
seinen eigenen Nachbarn hilft er aber nicht (Selektionsgedanke). 

 

Beispiel 10 (Schuldwahn / Moralwahn / Idee)

Jemand fühlt sich schuldig, obwohl er keine Schuld hat.
Oder jemand fühlt sich unmoralisch. Jetzt will er plötzlich allen helfen.

 

Beispiel 11 (Veramungswahn)

Jemand ist davon überzeugt, dass seine finanzielle Existenz bedroht ist, obwohl dies nicht so ist.

 

Beispiel 12 (Größenwahn)

Jemand überschätzt sich und seine Möglichkeiten, vergleicht sich ggf. noch mit berühmten Persönlichkeiten

 

Beispiel 13 (Nichtigkeitswahn/Nihilistismus)

Jemand hält sich für extrem unbedeutend oder (im seltenen Extremfall) selbst gar nicht existent

 

Beispiel 14 (Mobbing-, Diskriminierungs- und Rassismus-Wahn)
Jemand fühlt sich ständig und überall gemobbt oder diskriminiert oder rassistisch beleidigt

 

Induzierter Wahn / Symbiotischer Wahn

Dass Wahn im übertragenden Sinne "ansteckend" ist, zeigt der induzierte Wahn bzw. der symbiotische Wahn, der sich auf das unmittelbare Umfeld z.B. die Angehörigen übertragen kann, die von der Überzeugung und wahnhaften Scheinwelt des Betroffenen geradewegs sozialisiert und schließlich "überzeugt" werden, so dass der Wahngedanke schließlich übertragen und übernommen wird. Details

 

Eifersuchtswahn / Wahnhafte Eifersucht (Othello Syndrom)

Der Eifersuchtswahn ist eine wahnhafte Überzeugung, vom Partner betrogen und hintergangen zu werden, ggf. auch als Symptom einer Psychose z.B. bei einer paranoiden Schizophrenie, einer wahnhaften Depression oder einer neurologischen Erkrankung) (nach DSM IV: Subtypus der Wahnhaften Störung (DSM-IV: 297.1)). Bei einem Eifersuchtswahn reagiert der vom Wahn Betroffene nicht nur wenn der Partner mit einem anderen Menschen flirtet oder Vertraulichkeiten austauscht, sondern allein dann, wenn er ein bestimmtes Verhalten -gleich welcher Art - als Gefährdung der eigenen Beziehung wahrnimmt.Es bedarf aber noch nicht mal eines bestimmten Verhaltens.

 

Allein die Vorstellung, dass der Partner "fremd" geht, reicht aus. Bei einem Eifersuchtswahn unterstellt die betreffende Person ihrem Partner ohne real messbare Fakten die unterschiedlichsten Gründe für ihre Eifersucht - und das unabhängig von ihrer realen Existenz. Kleinste Wahrnehmungen dienen als Reiz, um das Gefühl der Eifersucht zu erzeugen. Dabei reicht allein die subjektive Wahrnehmung aus. Bereits kleinste Verhaltensweisen führen zu Annahmen, Mutmaßungen, Unterstellungen und Anschuldigungen. Es kommt zu Vorwürfen, dass der Partner andere attraktiver findet oder "fremd" geht. Es nutzt nichts, wenn der andere immer wieder seine Liebe erklärt oder seine Unschuld beteuert und versichert, dass er den anderen mag und es keinen vergleichbar anderen gibt. Die wahnhaften Vorstellungen und Selbstzweifel des wahnhaft Eifersüchtigen können von nichts und niemandem ausgeräumt werden. Selbst wenn sie für eine Weile verschwinden, treten die wahnhaften Vorstellungen und die daraus resultierenden Gefühle immer wieder auf.

 

Wahnhafte Eifersucht kann völlig extreme Züge annehmen z.B. wenn eine Person sogar sämtliche Bekannte oder Nachbarn als Liebhaber seines Partners ansieht. Gibt es keine Nachbarn oder keine Bekannte mehr, dann könnte der wahnhaft Eifersüchtige zur Not noch unterstellen, sein Partner würde ständig mit fremden Menschen Verhältnisse pflegen, sich gar gegen einen verschwören.

 

Sofern das zentrale Wahnthema einer Person darin besteht, dass der Partner untreu sei und dieser Glaube ohne ausreichenden Grund entsteht und auf kleinsten "Beweisen" und überzogenen bis falschen Schlussfolgerungen basiert, liegt nach DSM IV ein Subtypus der Wahnhaften Störung (DSM-IV: 297.1) vor. Das trifft ebenfalls zu wenn vermeintliche "Beweise" gesammelt werden, um den Wahn zu rechtfertigen. Die Überzeugung des Eifersüchtigen lässt sich bei einem Eifersuchtswahn nicht korrigieren, selbst wenn das vermeintliche "Vergehen" des Partners real bzw. messbar bzw. für alle Außenstehenden eindeutig nicht besteht. Eine Person, die mit dem Wahn konfrontiert wird, wird vielmehr alles dafür tun, um ihren Wahn zu bestätigen und zu beweisen.

 

Während ein gesunder Mensch das Gespräch sucht und auf Gegenbeweise positiv reagiert, wird der wahnhaft eifersüchtige Mensch alles dafür tun, um die vermeintliche Untreue erfüllt zu wissen. Allein durch ihr Verhalten wirkt der wahnhaft Eifersüchtige seiner Partnerschaft entgegen: Er macht seinem Partner Unterstellungen, beobachtet ihn argwöhnisch, spioniert ihm hinterher, schränkt seine Unabhängigkeit ein, schränkt den Partner in seinem Verhalten, seinen Blicken und Äußerungen ein und greift ihn an. Es kann zu Aggressionen gegenüber dem Partner kommen. Für den Partner kann dies alles ganz schön anstrengend sein. Der Partner fühlt sich eingeengt und zieht sich zurück. Alternativ wird er sich wehren, was ggf. zum Streit und ggf. zur Eskalation führt. Die Beziehung zerbricht.

 

Wer kann helfen?

Wenn überhaupt, so kann hier nur ein Psychiater helfen. Der Partner kann es nicht. Zum einen glaubt der wahnhaft Kranke seinem Partner nicht, zum anderen ist der wahnhaft Kranke nicht einsichtig. Es fehlt ihm an Einsichtsfähigkeit. Genau an dieser (trotz messbarer Realität) fehlenden Einsicht ist der wahnhaft Kranke zugleich zu erkennen.

 

Die Chance, dass eine unter einem Wahn leidende Person einen Arzt oder einen Psychotherapeuten konsultieren wird, ist gerade deshalb sehr gering. Sofern dies doch erfolgen sollte, dann nur unter einem Vorwand bzw. mit einem (vorgeschobenen) anderen Anliegen (z.B. Depression, Beziehungsprobleme).

 

In der Regel erfolgt eine Behandlung, für die kein Psychologe, sondern ein Facharzt für Psychiatrie zuständig ist, über eine medikamentöse Behandlung. Nur wenn die Beeinträchtigungen gering sind, die Betroffenen ruhig und friedfertig sind und mit geringer emotionaler Betroffenheit reagieren, lohnen sich Gespräche.

 

Wahnvorstellungen

Von einer Wahnvorstellung spricht man, wenn das Bewusstsein des Wahrnehmenden bei intaktem Wahrnehmungsvermögen die Wahrnehmung derartig verfälscht, dass die Realität, so wie sie ist, verkannt wird und trotz Gegenbeweise keine Korrektur möglich ist.

 

Wahnerinnerungen

Hier geht es um die nachträgliche Umdeutung eines zurückliegenden Ereignisses: Ein an sich richtig erinnertes Ereignis aus der eigenen Vergangenheit wird im Sinn des Wahnsystems interpretiert, d.h. wahnhaft umgedeutet.

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