Wissen: Masochismus

Masochismus
Fälschlicherweise bezeichnet man als "Masochismus" nicht selten die (oftmals sexuelle) Lust oder Befriedigung eines Menschen an Demütigung und der Zufügung von Schmerzen - und bezeichnet das Gegenstück zum Masochismus als Sadismus. Zugleich ruft der Begriff "Masochismus" beim Laien stets gewisse Assoziationen hervor (z.B. Lack, Leder, Peitsche und sexuelle Lust). Doch das ist aus psychologischer / psychiatrischer Sicht so nicht ganz richtig, denn dies ist nur eine ganz spezielle  Art von Masochismus, die jedoch nichts mit Masochismus im Allgemeinen zu tun hat. 

 

Vielmehr ist Masochismus die "Lust am Kontrollverlust", die "Lust an der Last" sowie die Freude an Selbstschädigung und Selbstopferung - aber eben auch an Fremdschädigung, der Opferung anderer bzw. der Mitnahme anderer ins vermeintlich lustvolle Verderben - und das auch ohne einen zwingenden Bezug zur Sexualität. Es existiert nämlich eine Form des Masochismus, die nicht sexueller Natur ist - zum Beispiel der sogenannte moralische bzw. psychische Masochismus und andere Formen.

 

Zudem gibt es neuronale, durch Gehirnparasiten ausgelöste schizophrene Erkrankungen, die masochistisch-selbstzerstörerische Denkmuster und entsprechendes Verhalten in exakt diese Richtung auslösen: Die Betroffenen sehnen sich - ohne, dass es ihnen bewusst wird - nach Gefahren und nach allem, was ihnen nach Möglichkeit schadet, ebenso ihrem Umfeld, das sie in ihren Schaden bzw. in ihr vermeintliches "Unglück" gerne mit einbeziehen. Ihr unbewusstes Verhalten soll nicht zum Erfolg, sondern tunlichst zu einem Misserfolg bzw. Schaden führen. Die Suche nach Gefahr für sich und andere zählt ebenso dazu wie gefährliche Zuneigung zu potentiellen Feinden, Verschwendung, ein höheres Unfallrisiko sowie ungünstige Entscheidungen, die zu negativen Konsequenzen führen. Ein Beispiel aus der psychologischen Praxis: 

 

In psychologischen Testverfahren nach dem ib reality view & proof concept wurde bei ib Personalpsychologie NRW  im Rahmen der Eignungsdiagnostik für Führungskräfte zum Beispiel festgestellt, dass sich ein nicht geringer Teil der Kandidaten und etwaigen späteren Entscheidungsträger ausgerechnet für jene beispielhaft skizzierten "Verträge" entschieden hatten, die dem späteren Betrieb (bzw. eigentlich jedem Unternehmen von vorne herein) einen logisch ganz unmissverständlich nachvollziehbaren Schaden zugefügt hätten. Derartige eignungsdiagnostische Tests finden jedoch bei der überwiegenden Zahl der Unternehmen gar nicht statt, wodurch bei etwaiger Einstellung der fachlich nachweislich bestens qualifizierten Top-Kandidaten mit hoher Wahrscheinlichkeit den Unternehmen große Schäden entstanden wären, welche die Nicht-Psychologen in den Unternehmen dann aber - auch im Zuge des Wirkungsprinzips der kognitiven Dissonanz-Reduktion -   (selbstwertdienlich) völlig anderen vermeintlichen Ursächlichkeiten zugeschrieben hätten.   

 

Erstmals hat der deutsch-österreichische Psychiater und Rechtsmediziner Richard von Krafft-Ebing den Begriff Masochismus im Jahr 1886 wissenschaftlich verwendet und sich dabei auf den Schriftsteller Leopold von Sacher-Masoch (1836–1895) bezogen, der vertraglich geregelte und theatralisch inszeniertes Schmerz- und Unterwerfungsverhalten in Beziehungen zu Frauen schilderte. Sacher-Masochs erste Ehefrau Angelica Aurora Rümelin beklagte sich nach dem Scheitern ihrer Ehe bitterlich darüber, lediglich Erfüllungsgehilfin der perversen Phantasien ihres Mannes gewesen zu sein.

 

Doch dieses Bild ist mehr als einseitig, zudem wird nicht selten immer noch antiquiert vom hier wirkenden Lustprinzip (Freud 1924) ausgegangen. Daher erfolgt hier eine Richtigstellung, die sich am besten an der masochistischen (selbstzerstörerischen) Persönlichkeitsstörung (Self-Defeating Personality Disorder" /SDPD) erörtern lässt:

Masochistische (selbstzerstörerischen) Persönlichkeitsstörung
(Self-Defeating Personality Disorder" / SDPD) 

Der normale Mensch erfreut sich an den positiven Dingen des Lebens. Sich gut und glücklich zu fühlen, zählt zu den grundlegenden Lebensmotiven. Kein gesunder Mensch mag es – bis auf einige Momente des Mitleids oder Selbstmitleids – sich traurig oder deprimiert zu fühlen, sich selbst zu schädigen und sein Umfeld mit in einen gewollten bzw. angestrebten Schaden einzubeziehen. Eine Ausnahme bilden Menschen mit einer masochistischen bzw. selbstzerstörerischen Persönlichkeitsstörung, die Gefahren, Schmerzen und Leiden sowie im Kontrollverlust und entsprechenden Schäden bzw. Schädigungen etwas Erstrebenswertes und Positives sehen, das für sie eine erstrebenswerte "Bereicherung" oder "Lustempfinden" darstellt. Folglich ist ihre "Logik" verdreht.

 

Wie bereits erwähnt, gibt es zu dieser Störung viele einseitige Fehlinterpretationen. Unter anderem liegt dies an der einseitigen und teilweise verzerrten öffentlichen Deutung (z.B. Gleichsetzung mit Sado-masochismus), aber auch an den wenigen Menschen, die sich überhaupt aufgrund einer masochistischen Störung zu einer Behandlung einfinden. Hinzu kommt dass die Psychiatrie und die klinische Psychologie stets von einem "Leiden" der Betroffenen ausgehen. Doch es gilt klar zu stellen: Nicht jeder Betroffene leidet. Nicht selten leidet vielmehr allein das Umfeld der Betroffenen.

 

Zugleich ist dies ein Grund dafür, dass derartige Persönlichkeitsstörungen zumeist im Verborgenen bleiben und die konkrete Störung dem Masochisten selbst zumeist gar nicht selbst bewusst ist: So trifft jemand etwa völlig unbewusst Entscheidungen, die ihm selbst oder anderen einen schweren Schaden zufügen, schreibt den eintretenden Schaden aber äußeren Umständen zu (Selbstwertdienliche Verzerrung). Hinzu kommt das Problem der Diagnostik: Ärzte und Therapeuten bekommen einen Schaden zumeist gar nicht mit. Sie sind von der Selbstwahrnehmung und Einsicht ihres Patienten abhängig. Ein weiteres Problem kommt hinzu: Ärzte und Therapeuten kennen durch die besagten Umstände zumeist nur jene masochistischen Persönlichkeiten, die sich selbst "körperlich" schädigen, sich zum Beispiel "ritzen" - und dann irgendwann auffallen bzw. an ihre Grenzen stoßen und daher "leiden". Doch nicht alle Masochisten leiden: Viele empfinden an der Herbeiführung eines Schadens eine regelrechte Freude. Zudem gibt es unzählige weitere Formen masochistischer bzw. selbstzerstörerische Persönlichkeitsstörungen, die sich auf das Denken und Handeln in allen Lebensbereichen beziehen.

 

Doch die wenigsten masochistischen Persönlichkeiten verletzen sich körperlich (z.B. Kinder und Jugendliche, die nur eingeschränkte bzw. geringere Möglichkeiten besitzen, ihrer Persönlichkeit durch entsprechende Handlungen entsprechenden Ausdruck zu verleihen). Erwachsene - und insbesondere Menschen in Macht- und Führungspositionen - besitzen hier ganz andere Möglichkeiten, entsprechende Schäden für sich und andere (Sadismus) herbeizuführen, um sich selbst dadurch gut bzw. besser zu fühlen.

 

Welcher gesunde Mensch, der in der Regel stets das Positive (Glück, Harmonie, Gesundheit, Erfolg usw.) anstrebt, kann sich z.B. vorstellen, dass ein Geschäftsführer eines Unternehmens oder ein führender Staatspolitiker tatsächlich das genau Gegenteil (Unglück, Disharmonie, Krankheit, Schaden, Bankrott, Staatsversagen, Untergang) anstrebt oder ein Mensch bei der vermeintlichen Suche eines Partners oder eines Jobs von vorne herein Schlechtes bzw. psychische oder physische Misshandlung bzw. den Misserfolg der Suche an sich ersehnt? Wer geht schon davon aus, dass ein Mensch, der sich selbst schädigen will, gleichzeitig auch viele andere Menschen in diesen Schaden oder Untergang miteinbeziehen bzw. mitnehmen möchte?

 

Wer denkt, dass eine derart gefährliche Störung so selten ist wie Menschen, die sich "lediglich" ritzen oder sich andere körperliche Schäden zuführen (u.a. genitale Verstümmelungen) und dann tatsächlich irgendwann beim Arzt vorstellig werden und so ihre ungefähre statistische Erfassung durch die Krankenkassen finden, sollte sich mit der extrem hohen Dunkelziffer auseinandersetzen, ebenso mit dem Phänomen der gewaltigen Zunahme und Ausbreitung derart gefährlicher Persönlichkeitsstörungen, die mit dem Phänomen der Zunahme des Narzissmus einhergehen.   

 

Oberflächliche Skizzierung der masochistischen (selbstzerstörerischen) Persönlichkeitsstörung (Self-Defeating Personality Disorder) (SDPD)

Masochistische Persönlichkeiten bevorzugen das Gefühl des Unglücks bzw. des Unglücklichseins und alles, was damit in Verbindung steht, nicht etwa nur für sich selbst, sondern auch oder insbesondere für andere. Entsprechend ist auch ihr Verhalten. Masochistische Persönlichkeiten mögen es, Opfer zu bringen, sich selbst zu opfern oder von anderen Opfer bringen zu lassen und akzeptieren dabei die Unterdrückung und/oder Ausbeutung durch andere. Einige masochistische Persönlichkeiten fühlen Befriedigung wenn sie andere mit in das angestrebte "Verderben" miteinbeziehen bzw. mitnehmen.

 

Masochistische Persönlichkeiten fühlen sich der Liebe anderer unwürdig. Daher empfinden sie Gefühle, die mit Liebe, Zuneigung und Fürsorge einhergehen, ggf. als unattraktiv. Angenehme Erfahrungen werden vermieden, während unangenehme Erfahrungen geradewegs gesucht werden, dazu in allen möglichen erdenklichen Formen. Freude wird abgelehnt und dafür Abneigung und Ärger gesucht. Daher suchen sich masochistische Persönlichkeiten Beziehungen und Situationen, die zwangsläufig zu Enttäuschungen und anderen negativen Emotionen führen. Dieses Streben erfolgt nicht etwa nur unbewusst bzw. intuitiv: Insbesondere dann, wenn bessere Handlungsalternativen vorliegen, entscheiden sich masochistische Persönlichkeiten für die schlechtere Alternative bzw. das Beschwerlichere, Ungünstigere, Unangenehmste, Gefährlichste und Selbstzerstörerischste.

 

Hilfe lehnen sie ebenso ab wie sie jene Personen ablehnen, die ihnen diese Hilfe anbieten. Sie suchen Leid und Schmerz in allen möglichen Situationen. Wenn sie das, was sie suchen, nicht finden und zum Beispiel alles glücklich, harmonisch und zufriedenstellend ist, schaffen sie gegenteilige Situationen. Ebenso stecken sie sich Ziele, die sie kaum bzw. nicht erreichen können, allein schon deshalb, um das Gefühl der Enttäuschungen zu erzielen. Wenn sie dieses Ziel nicht erreichen und sich stattdessen dennoch ein Erfolg einstellt, sind sie bestrebt, ihren Erfolg bzw. Teilerfolg so gut es nur geht, zu sabotieren. Ebenso wird Hilfe von außen sabotiert. Selbst in größter Not wird dieser Verzicht aufrechterhalten und Not und Leid exzessiv zur Schau gestellt. Masochistische Persönlichkeiten sorgen dafür, dass sie Ablehnung und Wut anderer erreichen. Ihre Gedanken und Handlungen streben stetig in eine solche Richtung und erzeugen allein schon über das Konzept der Selbsterfüllenden Prophezeiung automatisch bzw. auch unbewusst eine solche Realität.

 

Für masochistische Persönlichkeiten ist es schwierig, eine normale und positive Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen und diese zu halten. Häufig führen diese Anpassungsprobleme – aber auch die sonstigen Probleme, die sich durch das Denken und Verhalten ergeben, zu weiteren psychischen Störungen.

 

Die Ursachen der masochistischen Persönlichkeitsstörung liegen häufig in der Kindheit begründet. Nicht selten musste der betroffene Mensch lernen, mit strengen Autoritäten umzugehen und bekam das echte Gefühl von Liebe nicht oder nur wenig zu spüren. Masochistische Persönlichkeiten haben zumeist früh gelernt, dass Kummer, Trauer, Leid und Schmerz zum Leben dazugehört - und dass es ein wesentlicher Teil des Lebens ist. Andere Menschen finden erst später ihre masochistischen Züge, die sehr vielfältig sind und nicht zu pauschalisieren sind. In nicht wenigen Fällen kann die masochistische Störung auch über ein traumatisches Ereignis entstehen z.B. ein Ereignis, das mit Vorwürfen und Schuldgefühlen einhergeht. Das mit der Störung eingehende Verhalten dient als eine Art Buße, wobei in vielen Fällen auch andere "büßen" müssen, was das selbstzerstörerische Verhalten der masochistischen Persönlichkeit vorwurfsvoll aufzeigt. 

 

Behandlung von Menschen mit masochistischer Persönlichkeitsstörung
Eine Behandlung masochistischer Persönlichkeiten ist sehr schwierig. Auf der einen Seite lehnen masochistische Persönlichkeiten Hilfe ab, auf der anderen Seite möchten masochistische Persönlichkeiten genau das, was andere an ihnen ändern bzw. „austherapieren“ wollen. Nur bei innerer Bereitschaft ist eine Therapie möglich. Hinzu kommt, dass derartige Denk- und Verhaltensmuster nur über aufwändige Prozesse geändert werden können.

 

Historische Ansätze/ Masochismus nach Erklärungen von Sigmund Freud und anderen

Sigmund Freud übernahm den Begriff des Masochismus von Richard Fridolin Joseph Freiherr Krafft von Festenberg auf Frohnberg, genannt Richard von Krafft-Ebing, um damit vorab einen Pol eines sexuellen Partialtriebes bzw. den Sadomasochismus zu bezeichnen. Noch heute ist dies in den Köpfen vieler Menschen so verankert wie Freud es einst beschrieben hat. Bei Freud ging es zunächst um die passiven Einstellungen zum Sexualleben bzw. zum Sexualobjekt sowie die Bindung der Befriedigung an das Erleiden von physischem oder seelischen Schmerz. Erst später kam das Schuldgefühl als entscheidendes Element des Masochismus in der Erklärung hinzu. Dadurch erhielten "sexuelle Lust" und "Strafe" ihre Kopplung. Demnach galt "die Lust am Geschlagenwerden" nicht nur als Strafe für eine verpönte genitale Beziehung, sondern auch als Ersatz dafür.

 

Nach der nächst neueren Konzeptualisierung der Triebe (Lebens- und Todestrieb) wurde der sogenannte "primäre Masochismus" (auch "erogener Masochismus" genannt) dann als "selbstdestruktive Tendenz mit Libido" erachtet und vom "Todestrieb" abgeleitet. Die Rückwendung der erotisierten Destruktivität auf die eigene Person wurde als sekundärer Masochismus bezeichnet, wobei der sogenannte "moralische Masochismus" als die wichtigste und zugleich häufigste Erscheinungsform galt.

 

Sigmund Freud unterschied zwischen moralischem, erotischem und femininem Masochismus. Beim "moralischen Masochismus", der auch ohne einen sexuellen Zusammenhang auftreten kann, steht ein unbewusstes Schuldgefühl und das Bedürfnis nach Strafe im Vordergrund. Beim moralischen Masochismus bekommen die moralischen Ansprüche des Über-Ichs einen unflexiblen sadistisch-zerstörerischen und zugleich lustvollen Charakter.

 

Auch Rosenfeld führt in seinem Konzept vom destruktiven Narzissmus, die Störung auf den Todestrieb zurück. Andere z.B. Bergler (1961), Stolorow (1975), Cooper (1988), Kernberg (1988), Nowick und Nowick (1991) sprechen von der Komponente des "verletzten Narzissmus". Allein aufgrund der Vorstellung, der größte aller Leidenden zu sein, spielt der Narzissmus auch für die Entstehung des Masochismus eine wichtige Rolle.

 

Für Stoller (1975, 1976) stellt die Wiederholung traumatischer Erlebnisse und ihre Umwandlung in narzisstischen Triumph die wichtigste Metapher zur Erklärung des Masochismus oder anderer Perversionen dar. Gleichzeitig warnt er und andere vor der Gleichsetzung mit erotischem und moralischen Masochismus wenn eine selbstschädigende Tendenz oder eine Tendenz zur Selbstbestrafung vorliegt. Was allgemein als „masochistisch" gilt, sei oft überwertet.

 

Coen (1988) spricht von der sadomasochistischen "Eregung" (excitement), sowohl bei einer sexuellen Perversion selbst - als auch bei den verschiedenen Formen sadomasochistischer Charakterabwehr. Damit lässt er offen, ob hier ein sexueller oder ein aggressiver Trieb wirkt -oder alternativ die Abwehr von Angst oder die Minderung von Schuldgefühlen. Nach seiner Definition ist allen sadomasochistischen Phänomenen die Suche nach Erregung und Intensität im Erleben gemein, die dazu dient, unterschiedlichste Ängste aus unterschiedlichsten Erfahrungsquellen abzuwehren.

 

Im modernen Neuroselling, einer angewandten Unterart der Neurowissenschaften wird heute davon ausgegangen, dass bei Menschen auf der Suche nach Errgegung und Intensität im Erleben das Stimulanz-System stärker wirkt als bei anderen Persönlichkeitstypen, bei denen z.B. das Balancesystem stärker anspricht. Sie sind z.B. aktiv, spontan und neugierig. Sie suchen nach Entdeckung, nach neuen Erlebnissen, nach unbekannten Reizen und vermeiden Langeweile. Bei Nichterfüllung bzw. dem Empfinden von Langeweile fällen sie z.B. negative Entscheidungen z.B. eine negative Kaufentscheidung.

 

Bewusst abseits von Triebkonzepten hat Stoller (1976) den Begriff der sexuellen Erregung (excitement) eingeführt. Darunter versteht er die rasche Abfolge von Vorstellungen von Gefahr und Angst in Beziehungserlebnissen und den vorweggenommenen Triumph im Bestehen und Überwinden dieser Gefahr.

 

Bergler (1961) unterschied in Bezug auf den klinischen Verlauf des Masochismus zwischen "neurotischem" und "malignem" Masochismus. Letzteren sah er z.B. bei Borderline-Patienten und Schizophrenen, wobei die Rituale der Selbstzerstörung in allen Entwicklungsphasen vorkommen können. Beim "Konzept des Protomasochismus" von Loewenstein (1957) (Tendenz von aggressiv traumatisierten Kindern den Aggressor zu weiteren Aggressionen zu verführen, um Verlassenheits- und Trennungsängste abzuwehren) wird eine präödipale und ödipale Komponente der Entwicklung angenommen.

 

Kernberg (1988) unterteilt in mindestens drei Typen: Den klassischen Masochismus mit neurotischer Struktur, den Borderline-Masochismus und der völlig unintegrierten Aggression. Darüber hinaus werden weitere Untereinteilungen nahegelegt.

 

Neurowissenschaftliche Ansätze bzw. Erklärungen:

Neurowissenschaftliche Erklärungen über das Belohnungssystem

Ed Miller (1999) sieht in seiner Hypothese die Gründe in der Aktivierung des Belohnungssystems. Während man vorher annahm, dass Endorphine und Dopamin lediglich bei positiven Erfahrungen ausgeschüttet werden, konnten u.a. Gear (et al. 1999) im Tierversuch z.B. den Beweis erbringen, dass es einen solchen Mechanismus unter Einbeziehung des Endorphin-Systems tatsächlich gibt - und eben nicht nur bei positiven Erfahrungen. Motor des Belohnungssystems der Formatio reticularis ist der Nucleus Accumbens - eine Kernstruktur im unteren (basalen) Vorderhirn, die im bauchseitigen (ventralen) Teil der Basalganglien die Verbindungsstelle zwischen Putamen und Nucleus caudatus (den beiden Bestandteilen des Corpus Striatum) bildet.

 

Der Nucleus accumbens spielt eine zentrale Rolle im mesolimbischen System, dem sogenannten "Belohnungssystem" des Gehirns. Ebenso spielt er eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Sucht. Das mesolimbische System ist sehr stark in emotionale Lernprozesse eingebunden. Experimente mit Affen, die für ein bestimmtes Verhalten mit süßem Saft belohnt wurden (operante Konditionierung) zeigten z.B., dass nach einiger Zeit bereits allein die Ausführung des erlernten Verhaltens die Affen glücklich machte.

 

In anderen Experimenten konnte gezeigt werden, dass die dopaminergen Neurone der Area tegmentalis ventralis auf einen bestimmten (mit einer Belohnung verbundenen konditionierten) Reiz hin so lange feuerten, bis die Belohnung erfolgte. Dass das mesolimbische System nicht nur durch positive Glücksgefühle bei positiven, sondern auch bei negativen Erfahrungen angesprochen wird und entstprechende Verhaltensmuster gestärkt werden, konnte Gear (et al. 1999) zeigen. Demnach stellen auch negative Erfahrungen einen entsprechenden Reiz bzw. Thrill dar.

 

Thrill & Kick

O.g. Erkenntnis ist nicht nur für die Erklärung des Masochismus von Belang, sondern auch für die Erforschung der Spielsucht sowie der Sucht nach Extremsportarten interessant bzw. für alle präferierten Handlungen, deren Ausgang einen gewissen Unsicherheitsfaktor aufweisen, der von einigen Menschen angestrebt wird. Zugleich ist dies interessant für die Erklärung des Strebens nach Angst und der bewussten Herbeiführung dieses Gefühls:

 

Was gesunde Menschen als unangenehm empfundenes Gefühl empfinden, wird von masochistischen Persönlichkeiten geradewegs als lustvolle Erfahrung gesucht und tatsächlich auch genau so erlebt. Grusel, Horror, Angst und Schmerz führen hier geradewegs zu einem sogenannten "Thrill", von den Betroffenen selbst auch "Kick" genannt. Insbesondere die Kontrasterfahrung zwischen einer aufregenden Gefahrensituation und deren Bewältigung führt bei Persönlichkeiten mit masochistischen Zügen zu einer speziell gewünschten Steigerung des Lebensgefühls und gibt den betreffenden Menschen genau das, was sie brauchen, den regelrechten "Kick". Unter einem solchen "Kick" versteht man den Wendepunkt zwischen Anspannung und Befreiung aus der Angstphase. Einen ähnlichen Effekt kennen wir vom Sport oder aus der Meditation z.B. wenn nach einer Phase der Kraftanspannung die Ruhephase einkehrt.

 

Beispiel für Thrill & Kick

Bergsteigen und alpines Klettern ist nicht nur eine Sache des natürlichen Fortbewegungsdranges und des menschlichen Triebes, Hindernisse zu überwinden. Ebenfalls ist dies nicht nur eine Sache eines außergewöhnlichen Naturschauspiels.

Tief im Kletterer bzw. Bergsteiger steckt die Angst vor der Gefahr des Absturzes. Dies bringt die Psyche in einen Extremzustand, der den archetypischen Drang des Nach-oben-Wollens noch weiter stützt. Zusammen mit der körperlichen Anspannung und der Ausschüttung entsprechender Hormone führt dies zu einem Erlebnis, dass die Bergsteiger-Persönlichkeit sucht und geradewegs davon abhängig wird. Bei anderen bewusst gesuchten Angst-Zuständen ist dies ähnlich. Sie können geradewegs zu einer Enthemmung oder einer tiefen Todessehnsucht führen oder eben - sofern sie bereits vorliegt - diese stützen. Ein derartiger Thrill & Kick kann aber auch ausgelöst werden, in dem man einen dominanten Partner wählt, der einem nicht gut tut und einem sogar schadet. Kick & Thrill kann aber auch durch Straftaten ausgelöst werden, alternativ indem man sich mit Straftätern umgibt oder eine Affinität zu ihnen aufbaut, während man parallel dazu das Recht verachtet.

 

Entwicklung

Es gibt immer mehr Menschen, die nach dem Kick oder dem Thrill geradewegs suchen. Extremsportarten und der Hang zur Suche nach sonstigen möglichst hohen Risiken ist seit längerer Zeit ein weit verbreitetes Phänomen, das stetig zunimmt und sich scheinbar wie ein Virus ausbreitet. In den USA musste mittlerweile sogar ein Park geschlossen werden, weil es immer mehr Menschen gibt, die das Risiko suchen, ein Selfie mit einem Bären zu schießen. Natürlich spielen hier auch narzisstische Persönlichkeitsstörungen eine Rolle. Mit der masochistischen Persönlichkeitsstörung besteht jedoch ein deutlicher Zusammenhang. Was bei gesunden Menschen für Fassungslosigkeit sorgt, gilt für narzisstische Persönlichkeiten mit selbstzerstörerischem Hang als erstrebenswert und es gibt immer mehr Menschen, die so denken und handeln (siehe: Virale Zunahme gefährlicher Persönlichkeitsstörungen). Mittlerweile haben derartige Störungen sogar ihren Weg in die Politik gefunden. Immer mehr politische Entscheidungen sprechen dafür, dass hier im tiefsten Inneren das genaue Gegenteil von dem angestrebt wird, was normale bzw. gesunde Menschen für gut, richtig, angenehm und sicher halten. Ist hier ein seltener Virus im Spiel? Oder handelt es sich um eine soziokulturelle Epidemie? Forscher haben letztere These mittlerweile bewiesen. Andere halten aber auch biologische Eingriffe über bestimmte Erreger für nicht mehr für ausgeschlossen.

 

Moderne biologische Erklärungsversuche

Anders als psychologische Erklärungsversuche es erklären, haben Forscher der Biologie herausgefunden, dass auch gefährliche biologische Erreger (z.B. bestimmte Viren, Bakterien, Parasiten) die Persönlichkeit von Tieren und Menschen derart manipulieren können, dass diese von normalem Verhalten zu selbstzerstörerischem Verhalten wechseln. So gibt es z.B. Gene wie das "egt", die Persönlichkeits- und Verhaltensänderungen steuern. Man kennt Parasiten, die bei den Neurotransmittern ansetzen (z.B. Kratzwürmer) und Erreger, die das Immunsystem austricksen, wodurch das zentrale Nervensystem mit falschen Informationen versorgt wird.

 

So wird z.B. der Überlebensinstinkt des Flohkrebses dadurch ausgetrickst bzw. ausgeschaltet, dass er den Angriff des Parasiten (Kratzwurm) durch eine Entzündung im Gehirn entgegenwirkt und eine immense Überproduktion des Neurotransmitters Serotonin erzeugt, wodurch das zentrale Nervensystem des Krebses mit falschen Informationen versorgt wird. Infolgedessen schwimmen die Tiere - anstatt sich untergetaucht zu schützen - genau zur Wasseroberfläche und liefern sich ihren Fressfeinden (Vögeln) zum Fressen aus. Vom Verhalten her, könnte man auf eine masochistische bzw. selbstzerstörerische Persönlichkeitsstörung des Tieres schließen. Bei Tieren sind jedoch derartige Zuordnungen nicht gebräuchlich wie wir sie bei Menschen anwenden.

 

Im Ergebnis ist das Verhalten jedoch sehr ähnlich: Fehleinschätzungen, eine sinkende bzw. gesunkene Hemmschwelle, reduzierte Angst, die Suche nach Unsicherheit, Gefahr und Ärger, Überheblichkeit, die Illusion der Überlegenheit (Überlegenheitsillusion / Lake Wobegon Effect) und darauf basierende Entscheidungen, die aus der psychologischen Perspektive der Verursacher im übrigen keine Fehlentscheidungen darstellen, sondern den tiefsten Sehnsüchten ihres Seelenlebens entspringen. Wie wir wissen, kann die Reduktion von Angst und das Gefühl von Sicherheit und Überlegenheit einer Störung entspringen, die psychologische Ursachen hat. Es gibt aber eben auch biologische Erreger, welche die Persönlichkeit und das Handeln maßgeblich beeinflussen. Die wenigsten sind bekannt. 

 

Wie man mittlerweile weiß, gibt es Parasiten (z.B. Toxoplasma gondii), die Botenstoffe derart manipulieren, dass man die Angst verliert und sich freiwillig ins Verderben stürzt. So weiß man bereits, dass z.B. Ratten und Mäuse mit Toxoplasmose ihre Angst vor Katzen verlieren und dadurch leicht zu erbeuten sind. Der Erreger produziert ein Enzym, welches die Dopamin-Produktion anregt bzw. befeuert. Diese zusätzliche Dosis des Botenstoffs Dopamin macht die Nager furchtloser und neugieriger - und dadurch empfänglicher für ihre Feinde. Die zusätzliche Produktion einer Extraportion Testosteron, die dadurch ausgelöst wird, dass der Erreger die Tiere für potentielle Geschlechtspartner attraktiver erscheinen lässt, macht (zumindest) die männlichen Tiere dann noch angstloser, als sie es durch das Dopamin ohnehin schon sind. Insofern liefern sich die Tiere geradewegs ihrem Verderben bzw. dem sicheren Tod aus.

 

Wie man mittlerweile weiß, wirkt ein solcher Zusammenhang auch bei uns Menschen, was insbesondere im Zuge der Toxoplasma gondii-Epidemie  seher auffällig sichtbar wird. Sofern der besagte Gehirnparasit  einmal Zugang zum Gehirn gefunden hat, wirkt er dort weiter und es verändert sich auch unser Denken und unsere Persönlichkeit. Allein durch nicht gut durchgegartes Fleisch, Katzenhaare oder Katzenkot, aber auch durch den Verzehr Obst, Salat und Trinkwasser tragen nach wissenschaftlicher Schätzung mittlerweile 50 % der Bevölkerung den Toxoplasmose-Erreger in sich, von unzähligen anderen Erregern ganz zu schweigen. Obwohl die Krankheit selbst unauffällig bleibt, sprechen einige Studien von einem deutlich erhöhten Risiko für psychische Erkrankungen wie Schizophrenie - wie dies z.B. Jaroslav Flegr von der Karls-Universität in Prag feststellt hat:

 

Forscher des Karolinska-Instituts und der Universität Uppsala in Schweden haben zudem aufgezeigt, wie der Erreger das Gehirn seiner Träger allein dadurch manipuliert, dass er die körpereigenen Zellen des Immunsystems nutzt, um den Neurotransmitter GABA zu produzieren, der das Gefühl der Angst unterdrückt. Besonders brisant und zugleich erschreckend war hier insbesondere die Tatsache, dass die Forscher dies auch an menschlichen Zellen aufzeigten. Allein dadurch wird deutlich, dass der Mensch für derartige Manipulatoren empfänglich ist und masochistische Persönlichkeitsstörungen eben auch auf biologischem Wege entstehen können. Aufgrund der zwei unterschiedlichen Wissenschaftsbereiche müsste man der Störung nur einen anderen Namen geben und sie offen als Krankheit titulieren.

 

Erschreckend ist ebenfalls die Tatsache, dass derartige Störungen auch über den Einsatz biologischer Kampfmittel bzw. biologischer Waffen entstehen könnten. Allein aufgrund der hohen Geheimhaltung weiß man jedoch noch viel zu wenig darüber. Das einzige, was man weiß ist, dass bestimmte biologische Erreger Veränderungen der Gehirnstruktur und damit der Persönlichkeit bewirken und / oder sich auf unsere Wahrnehmung, unser Denken und Verhalten auswirken und unsere Urteile und Entscheidungen maßgeblich beeinflussen können.

 

Die Nutzung des Masochismus durch die Märkte

Aufgrund der Vielzahl an Menschen mit masochistischen Persönlichkeitsstörungen mit steigender Tendenz nutzen unterschiedliche Märkte (z.B. der Sport- und Freizeitmarkt, Film usw.) Angst geradewegs als Konsumgut, das mit großem Erfolg gewinnbringend vermarktet wird. Extremsportarten wie Bungee Jumping oder bestimmte Fahrgeschäfte auf Jahrmärkte seien hier ebenso kurz genannt wie Horrorfilme oder Sado-maso Studios.

 

Masochismus in der Geschichte

Was heute Bungee Jumping, Fahrgeschäfte und mittlerweile sogar masochistisches Engagement in der Politik darstellt, waren im alten Rom Tier- und Gladiatorenkämpfe und Massen-Massaker. In anderen Epochen waren es Ritterturniere, öffentliche Hinrichtungen, Verstümmelungen, Hexen- und Ketzerverbrennungen, Folter, Teufelsabbildungen oder Totentanz-Szenarien. Immer schon existierten Menschen, die an dem, was andere fürchten und anderen Angst macht, geradewegs eine helle Freude empfinden. Nicht nur die Gebrüder Grimm wussten, dass man von Angst bzw. Angst machenden Erzählungen sehr gut profitieren kann. Insbesondere die Obrigkeit war stets bemüht, Angst zu schüren und zu nutzen, um das Volk bzw. a) gefährliche angstfreie Persönlichkeits-Typen zu befriedigen und auch b) alle anderen zu befrieden (ruhig zu stellen bzw. klein zu halten).

 

Kirche und Klerus bedienten sich der Angst ebenso als Instrumentarium wie die weltlichen Herrscher, die oftmals nur über den Machtfaktor Angst und Schrecken (sogenannte Schreckensherrschaft) regieren konnten. Bei der Umsetzung von Revolutionen war dies nicht anders und es gab immer schon viele Menschen mit entsprechenden Persönlichkeitsstörungen, die sich an Angst, Schmerz, Folter, Verstümmelung und Hinrichtungen geradewegs erquickten oder sogar eine regelgerechte Wissenschaft daraus machten wie die Geschichte der Guillotine ebenso zeigt wie die vielzähligen Folter-Handbücher und detaillierten Prozess-Akten der Inquisition und sonstigen Hexenprozesse.

 

Als einer der vielen in die Geschichte eingegangenen und von Bram Stoker als Romanfigur Dracula stilisierten Gesellen des Angst-Machens bzw. des frühen Psycho-Terrors sei hier der Woiwode Vlad III mit dem Beinamen Draculea (1431-1476/77), auch Vlad Tepes / Tepez (der Pfähler genannt) erwähnt. Zugleich muss betont werden, dass Gräueltaten (hier das massenhafte Pfählen und öffentliche Blut trinken) sowie Spaß an Angst und Grauen früher allgemein übliche Tagesordnung war und ein Vlad Tepez nicht etwa ein blutrünstiger Sonderfall war. Auch muss hinzugefügt werden, dass sich Angst in der Geschichte immer schon eine Art Lebensgefühl war, dass eng mit dem Leben und der Sinnhaftigkeit des Lebens verbunden war.

 

Rückkehr des Phänomens in die heutige Zeit

Diese Art der besonderen - wenn auch gestörten - Sinnhaftigkeit des Lebens kehrt in der heutigen Zeit immer stärker zurück, nicht nur im Sport und Freizeitbereich, sondern auch in die Wirtschaft und Politik. Waghalsige politische und wirtschaftliche Entscheidungen bis hin zu politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen, die der Schädigung und Zerstörung gleichkommen (Gefährliche Spekulationsgeschäfte, Aufnahme und Gewährung horrender Kredite, Staatsverschuldung, Herbeirufen und Aufnahme von Millionen Flüchtlingen, Umstrukturierung freiheitlich-demokratischer Staatssysteme in Systeme mit totalitaristischen Zügen, Drohbebährden an andere Staaten, Nötigung anderer Staaten, Nötigung der eigenen Bürger, Abverlangen von tiefen Einschnitten in das Privat- und Gesellschaftsleben usw.)  

 

Weitere (moderne) Erklärungen im Hinblick auf

masochistische (selbstzerstörerische) Persönlichkeitsstörungen 

Neben den vorgenannten psychiatrischen und neurowissenschaftlichen sowie wirtschaftlichen und geschichtlichen Erklärungen des Masochismus gibt es auch sozialwissenschaftliche, sozialpsychologische Ansätze sowie kombinierte Ansätze: Ein Ansatz geht z.B. von einem demonstrativen Verhalten – ähnlich eines Hungerstreiks aus. In Situationen von Recht- und Hilflosigkeit bzw. des Ausgeliefertseins kann die demonstrative vorsätzliche Selbstschädigung ggf. als das das einzige Mittel gesehen werden, auf sich aufmerksam zu machen und sich irgendwie durchzusetzen. Insofern liegt ein soziales Phänomen vor, das ggf. weniger als angenommen von der Persönlichkeit an sich, als vielmehr von sozialen Spannungen ausgeht. Insofern könnte Masochismus auch als Ausdruck repressiver Verhältnisse gesehen werden, der dem Druckabbau sowie der Durchsetzung z.B. in einer Situation der gefühlten oder angenommenen Ohnmacht dient.

 

Der Wunsch nach Durchsetzung könnte an Erfolgserlebnisse gekoppelt sein. Im Moment der Zerstörung und Selbstschädigung, die hier im Prinzip als "Waffe" eingesetzt wird, kommt es unter Einbeziehung des Belohnungssystems zu Erfolgserlebnissen, die nach Wiederholung streben, wobei die Erfolgserlebnisse leider lediglich an negative Erfahrungen gekoppelt sind. Dadurch kommt es zu einer Störung bzw. zu einem Wechsel (Perversion) von normalen hin zu abnormen Mustern.

 

In Kombination mit narzisstischen Zügen, die der Persönlichkeit entspringen, kommt dann noch das Erhaschen von Aufmerksamkeit zum Zwecke des Findens von Beachtung hinzu. Was die Persönlichkeit anbetrifft, so spielt jedoch auch ein tiefes Schuldgefühl eine Rolle. Dieses Schuldgefühl kann aus der Kindheit stammen, es kann aber auch im heutigen Leben entstehen und an frühere Komplexe erinnern.

 

Schuldgefühle und andere Komplexe als Auslöser für Masochismus und Selbstzerstörung

Beobachtung am Beispiel einer deutschen Politikerin:
Im Juli 2015 hat eine führende deutsche Staatspolitikerin ihre Schuldgefühle z.B. durch die Konfrontation mit einem kleinen Mädchen, dem die Politikerin vor laufender Kamera eine Abfuhr verpasste, wiederentdeckt oder gar neu entwickelt. Nicht zuletzt wurde die Politikerin in den Medien als eiskalte "Eiskönigin" dargestellt. Nachfolgend wurden masochistische Züge zur Abwehr deutlich, die sich nachfolgend festigen und ausufern sollten.

 

Was war passiert? In Rostock traf die Politikerin auf Schüler, die von der deutschen Flüchtlingspolitik betroffen sind. Als ein Mädchen aus dem Libanon von ihren Nöten erzählte, brach sie in Tränen aus. Die Politikerin streichelte sie, konnte ihr aber nicht helfen. Ein Gefühl der Hilflosigkeit und Ohnmacht entstand - und das vor den Augen der Öffentlichkeit. Die Spannung in der Turnhalle der Rostocker Paul-Friedrich-Scheel-Schule war an diesem Tage deutlich spürbar. Dennoch tat die Politikerin ihre Pflicht. Sie machte deutlich, dass sie für das weinende Mädchen nichts mehr tun kann. Sie sprach über die Anstrengungen der Regierung, das Flüchtlingsproblem in den Griff zu bekommen und sagte: "Das ist manchmal auch hart - Politik". Ebenso sagte sie: "Du bist ein unheimlich sympathischer Mensch".

 

Auch hier spürt die Politikerin einen Widerspruch. Wahrscheinlich kamen Schuldgefühle auf, vielleicht sogar die Erinnerung an Schuldgefühle oder andere Komplexe aus der eigenen Kindheit. Zu diesem Zeitpunkt verhielt sich die Politikerin noch so, dass man ihr Verhalten als durchaus gesund, zumindest aber noch nicht für krank bzw. gestört halten könnte. Sie sagte dem Kind, dass Deutschland es nicht schaffen könne, allen Flüchtlingen zuzurufen: "Ihr könnt alle kommen." Das Kind wirkte verzweifelt. Es sagte: "Ich habe Ziele, wie alle anderen. Es ist wirklich sehr unangenehm zuzusehen, wie andere das Leben genießen können und man selber halt nicht." Eine sehr persönliche Aussage, die zu Emotionen führt.

 

Die Politikerin sagte ihr, dass manche Menschen nun einmal zurückgehen müssen. Die innere Spannung wurde von außen noch geschürt. Eine Lehrerin sagte: "So kann man doch nicht mit einem kleinen Mädchen umgehen". Sie und andere meinten, dass der führenden Politikerin jegliche Empathie fehle. Vorwürfe und nochmals Vorwürfe - und das von allen Seiten. Allein durch so etwas entstehen Schuldgefühle und im vehementen Gesamtkontext vielleicht eine Art Psychotrauma.

 

Das Schicksal des kleinen Mädchen hat viele Menschen und auch die Politikerin tief ins Herz getroffen. Dass die Politikerin jedoch Verantwortung für den Staat und auch für die Menschen in diesem Staat hat, wurde verdrängt. Zu hoch schlugen bzw. "kochten" die Gefühle, die sich über die Medien verbreiteten und vermutlich ein regelrechtes Trauma bei der Politikerin hinterließen, ggf. ein neues Trauma, das nachfolgend sowohl die eigene Persönlichkeit als auch die eigene Wahrnehmung gefährlich veränderte. Wen wundert es: Sogar der Moderator gab der Politikerin noch eine Mahnung mit auf den Weg: "Wäre schön, wenn Sie das Gesicht des Kindes mitnehmen. Und immer wenn Sie über das beschleunigte Verfahren reden, rufen Sie sich das nette Gesicht des Kindes ins Gedächtnis."

 

Nachfolgend sind dann starke masochistische bzw. selbstzerstörerische Züge extrem offen zu Tage getreten. Es könnte sich um die Konfrontation mit der Erinnerung eines verdrängten Traumas aus der Kindheit handeln oder alternativ um ein völlig neu erworbenes Trauma mit schweren Schuldgefühlen. Ggf. hat die Konfrontation und Selbstspiegelung, die sich über die Mediendarstellung und öffentliche Kritik ganz besonders hart auswirkte, zur Bewusstmachung eigener harscher und emotional verhaltener Züge geführt, welche die Politikerin ggf. ein Leben lang hemmten und einengten. Kurze Zeit später konnten starke narzisstische Züge (insbesondere im Rahmen naiv-aggressiver Persönlichkeitszüge mit Tendenz zum Masochismus) beobachtet werden. Aber das ist es nicht allein. Hinzu kommt die Beobachtung der Tendenz, die Selbstzerstörung zu Ungunsten der eigenen Schutzbefohlenen und Partner bzw. auf Kosten anderer (Bürger, andere Nationen) auszuleben.

 

Handelt es sich um eine unbewusste oder gar bewusste Art von Bestrafung derer, der ihr so zugesetzt haben? Selbst bei gesunden Menschen wäre eine derartige Reaktion nach dem Motto "Wenn ihr das wirklich so wollt, dann sollt ihr genau das bekommen und dann selbst sehen, wohin es führt." absolut nachvollziehbar. Das Problem ist jedoch, dass durch ein derartiges Denken kein Staat souverän regiert werden kann.

 

Anhand des Beispiels sehen wir zugleich wie schnell ein masochistisches Denken und Verhalten entstehen kann, allein ohne dass dafür Ansätze in der frühen Kindheit zwingend vorliegen müssen. Gibt es aber derartige Ansätze bereits in der Kindheit, kann es durchaus sein, dass eine solche Störung dann noch massiver, vehementer und unkontrollierter zutage tritt. Ein Beispiel dafür gilt Jeanne d’Arc, bekannt geworden als die "Jungfrau von Orleans". Sie gilt sogar als französische Nationalheldin und wird in der römisch-katholischen Kirche als Jungfrau, Märtyrin und Heilige verehrt.

 

Beispiel Jeanne d’Arc

In der zweiten Hälfte des Hundertjährigen Krieges geboren, wuchs Jeanne in einer wohlhabenden Bauernfamilie auf. Im Alter von 13 Jahren hatte Jeanne ihre ersten Eingebungen, dass sie sich dafür aufopfern müsse, Frankreich von den Engländern zu befreien - und den "Dauphin" zum Thron zu führen. Obgleich es angesichts ihrer sozialen und gesellschaftlichen Position und ihres Alters eigentlich unmöglich erscheint, ein solches Handeln umzusetzen, konnte sie im Alter von ca. 17 Jahren schaffen, beim Dauphin Gehör zu erhalten und ihn sogar von ihrem Vorhaben überzeugen - ein Vorhaben, das - allein aufgrund der angeblichen Erscheinungen - oft als wahnhafte Störung (Wahn) bezeichnet wird, wobei zugleich eine Schizophrenie vermutet wird. Ebenso liegen aber auch masochistische Züge vor.

 

Der Kronrat ließ Jeanne eine Rüstung anfertigen und stellte ihr eine militärische Einheit zur Seite, um einen Proviantzug nach Orléans zu führen, wo die Truppen motiviert wurden, einen Ausfall zu wagen, bei dem Jeanne d’Arc vorneweg ritt und sich geradewegs aufopferte. Von einem Pfeil getroffen, blieb sie trotzdem auf dem Feld, was ihre Mitkämpfer beeindruckte, die Kampfbereitschaft des Heeres steigerte und die Engländer schließlich zum Abzug brachte. Die selbsterfüllende Prophezeiung ging auf:

 

Wie von Jeanne selbst prophezeit, wurde der Dauphin am 17. Juli 1429 in der Kathedrale von Reims als Karl VII. gekrönt. Dieser wollte nachfolgend Frieden mit den Engländern schließen. Einer masochistischen Persönlichkeit gefällt ein solches Vorhaben gar nicht. Jeanne d’Arc stellte sich den Friedens-Bestreben entgegen und erreicht über ihre Persönlichkeit und das bis dato erworbene Image tatsächlich, dass weiter gekämpft wird und weitere Risiken eingegangen werden. Nach diversen missglückten weiteren Kämpfen Jeannes gegen die Engländer, wurde sie am 23. Mai 1430 bei Compiègne von Johann von Luxemburg festgenommen und ausgeliefert. Nach vielen Monaten Haft in einem Turm wurde sie schließlich "wegen ihres Aberglaubens, ihrer Irrlehren und anderer Verbrechen" (Siehe Gutachten der Universität von Paris) verurteilt und nach mehreren Prozessen zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt.

 

Wie bei anderen narzisstischen Persönlichkeiten (mit naiv-aggressiver und/oder masochistischer (selbstzerstörerischer) Tendenz auch, findet Jeanne d’Arc heute Anerkennung und Verehrung. Am 18. April 1909 wurde Jeanne d’Arc von Pius X. seliggesprochen und am 16. Mai 1920 von Benedikt XV. heiliggesprochen. Sie ist Schutzpatronin von Frankreich, Rouen und Orléans. Ihre Person wurde sogar zum nationalen Mythos der Franzosen verklärt, Vorbild für Bildnisse (z.B. Historiengemälde und Statuen) und zum Stoff von Romanen, Theaterstücken, Filmen und Gesängen. Auch wurde sie wurde zur Symbolfigur des Widerstandes gegen die deutsche Besatzung, wobei sich der Nationalsozialismus sowie das Vichy-Regime ebenso auf sie berief.

 

Opfer bringen: Ein masochistisches Ideal und die Faszination, die davon ausgeht

Immer schon hat das selbstlos erscheinende "Sich aufopfern" für ein Ideal - und sei es auch noch so irrsinnig - die Menschen fasziniert und begeistert. So stark, dass dabei sogar Mord und Totschlag sowie der Tod Tausender - ja sogar von Millionen Menschen - mehr oder weniger billigend in Kauf genommen wird. Das Fatale ist insbesondere die Faszination, die von narzisstischen Persönlichkeiten ausgeht, insbesondere von jenen mit masochistischer (selbstzerstörerischer) Tendenz. Sie werden auch heute als Helden oder Märtyrer (bzw. Martyrer) gefeiert und geehrt - und das nicht nur von terroristischen Organisationen wie IS. Auch in vielen zivilisierten Köpfen spukt im Stillen die tiefe Anhimmelung von Menschen, die "um des Bekenntnisses ihres Glaubens willen leiden" bzw. "ihren gewaltsamen Tod erdulden."

 

Dass viele diesen Tod bzw. ihr Leiden teilweise aus Gründen egozentrischer Persönlichkeits-Perversionen heraus (also auch ohne gesellschaftspolitischen Kontext heraus) geradewegs anstrebten, ersehnten und als persönlichen "Triumph" ansahen, wird häufig verdrängt. Dennoch sind die naiven Vorstellungen der Bewunderer angesichts der meisten passiven Menschen und sogar Mitläufer irrwitziger oder bösartiger Regime durchaus verständlich.

 

Dennoch: Es muss nicht immer der "Blutzeuge" sein. Viel mehr Menschen setzen sich unblutig und ohne Mord und Totschlag für etwas ein und erleiden dafür Missgunst, Haft oder Verbannung. Da aber seit Menschengedenken bei vielen Menschen ein gewisser (versteckter) Hang zum Masochismus besteht, liegt nun einmal insbesondere dann eine hohe Bewunderung vor, wenn Blut fließt oder so viel Schaden wie nur möglich angerichtet wird.

 

Martyrium: Ein masochistisches christliches Ideal

Selbst im christlichen Glauben ist das sogenannte "Martyrium" fest verankert und gilt am Beispiel von Jesus Christus sogar als erstrebenswert. Der Tod des Märtyrers entspricht dem Leiden und dem Tod Christi. Durch den Tod wird der Märtyrer zum Jünger Jesu. Er erwirbt im Tod mit Jesus Christus die Vollendung und Auferstehung. Im Christentum wird der möglichst masochistische Märtyrertod auch als "Bluttaufe" bezeichnet. Diese Bluttaufe sollte - bestimmten theologischen Auffassungen nach - sogar die eigentliche Taufe (z.B. wenn diese noch nicht stattgefunden hatte) ersetzen und über diesen Weg zur sofortigen Seligkeit führen.

 

Zugleich ist dies der Grund, warum sich unter römischer Herrschaft so viele verfolgte Christen diesem Martyrium stellten und sogar aufrecht und voller Stolz den Gang in die Arena antraten, wo die Raubtiere bereits auf sie warteten. Auch im Mittelalter war keine Prozession bzw. das "Buße tun" ohne Selbstgeißelung denkbar. Bei einer solchen Selbstgeißelung erfolgte die zumeist selbst durchgeführte Auffleischung der Haut durch  spezielle "Peitschen" zumeist mit Metallenden und/oder Messern daran. Je mehr Blut floss bzw. je höher der Schmerz bzw. die Marter, desto größer die Buße. Je mehr Buße man tat, desto höher die Chance auf Vergebung. Neben Geißelungen gab es das Ritzen. Das heutige Ritzen bei einigen masochistischen Störungen stellt nichts anderes dar. Es fehlt nur der bewusste christliche Hintergrundgedanke.

 

Die Verankerung des Martyrien-Gedankens in der Neuzeit

Da der christliche Kult des Martyriums und der Buße auch heute noch über den individuellen Glauben oder die Einflüsse der Sozialisation (Sozialer Einfluss / Social Cognition Effect) in den Köpfen vieler Menschen verankert ist, wundert es nicht, dass es auch heute noch so viele Menschen gibt, die danach trachten, Opfer oder Martyrien zu erbringen - nicht etwa, weil es keine Alternativen gäbe, sondern allein aus dem inneren (unbewussten) Streben heraus. Zugleich ist dies mit ein Grund, warum es Menschen gibt, die selbst vor den größten Gefahren (wie z.B. die sogenannte "Flüchtlingskrise") ihre Augen verschließen und gemäß den alten masochistischen Zügen der christlichen Tradition lieber das damit verbundene Leiden erdulden wollen.

 

Sie streben danach, möglichst alles "hinzunehmen", weil sie dann ähnlich eines Martyrers vermeintlich "in den Himmel" kommen. Das klingt naiv. Genau so haben viele es jedoch gelernt. So soll es daher sein. Viele, die sich als wahre Christen begreifen oder lediglich als Christ sozialisiert wurden, lieben es, sich "ausgeliefert" zu sehen oder den Sachverhalt zumindest genau so darzustellen: Um so größer ist das vermeintliche Opfer, das sie bringen. Desto höher die Chance, im Himmel Anerkennung zu finden. Derartige Denkprozesse verlaufen natürlich nicht immer bewusst, sondern vielmehr intuitiv.

 

Bei IS-Terroristen ist dies nicht anders. Dort warten jedoch Jungfrauen. Hier spielen jedoch auch bewusste Denkprozesse, die unmittelbarer an einen indoktrinierten Glauben gekoppelt sind - eine Rolle. Bei Menschen westlicher Zivilisationen spielen (bis auf tief religiöse Christen) zumeist eher unbewusste Prozesse eine Rolle. Dennoch geht es stets darum, eine Art "Gutes" zu tun, indem man sich für etwas einsetzt, was man selbst für "gut" hält. Bei gestörten Persönlichkeiten erfolgt eine derartige Einschätzung nicht selten komplett verdreht (rollenverkehrt): 

 

Ob Menschen sich nun - wie beim Gladbecker Geiseldrama - auf die Seite der Mörder stellen oder - wie beim Polizeizugriff von Bad Kleinen - bemüht sind, Polizisten abzustrafen und getötete Terroristen in Schutz zu nehmen, spielt dabei keine Rolle. Beim Narzissmus geht es um Schuldgefühle und Anerkennung - und eben nicht um das, was zur Begründung seiner Ansichten und Taten vorgeschoben erklärt wird z.B. soziale Gerechtigkeit oder Bekämpfung von Armut. Wer dies nämlich wirklich ernst meinen würde, der würde im gesunden Zustand natürlich sofort bei seinem Umfeld anfangen und entsprechend handeln. Sobald jedoch aufgrund einer Störung ein externer Fokus gesetzt wird, gar eine massiv externale Fokussierung vorliegt, kann man eben nicht mehr von "normal" oder "gesund" sprechen. Dann geht es nur noch um egozentrische Befriedigung unbewusster Komplexe, die nun eine Verarbeitung bzw Aufarbeitung der entstandenen Störung fordern. Anders als bei einsichtigen Menschen erfolgt hier eine solche Aufarbeitung nicht etwa über eine Therapie, sondern über Handlungen, die einen Schaden anrichten. Sie stellen eine Art Rache dar: Rache an sich selbst und/oder Rache an den anderen, die einem früher tatsächlich oder vermeintlich so sehr zugesetzt hatten.

 

Masochismus und Streben nach Mitnahme bzw. Mitschädigung anderer

Während bei naiv-aggressiven Persönlichkeiten der zusätzliche Hang besteht, die Tatsachen zu verkehren bzw. verdrehen, reicht bei masochistischen Zügen bereits die "Chance" auf das, was der normale gesunde Mensch für sich eben nicht als positiv und erstrebenswert erachtet. Es wird Leiden und Martyrium angestrebt - und das nicht nur immer für sich selbst. Auch die anderen sollen leiden (siehe dazu auch "Sadismus" unten).

 

Selbst dann, wenn der Psychopath sich von der Brücke in den tiefen Abgrund stürzt, ist es sein Bestreben, ja sogar die "Krönung" des Triumphes, dass andere leiden. Dieses Leiden der anderen strebt der Psychopath allein dadurch an, dass sein Schmerz bzw. sein Tod möglichst so grausam wie möglich erfolgt. Je schlimmer es aussieht, desto höher das Leiden der anderen (Familie, Umfeld, Augenzeugen), desto höher die Lust bzw. der sogenannte "Triumph".

 

Das Streben, narzisstisch-masochistische Züge bis zum bitteren Ende auszuleben und dabei andere Menschen mit in die eigene Schuld - und damit ins "Verderben" zu nehmen, kennen wir noch von einem anderen bekannten Staatsmann, der sich ähnlich verhielt: Auch Hitler hat spätestens in den letzten Kriegstagen dafür gesorgt, dass so viel Schaden wie nur möglich über ihn seine Untergebenen kommt. Bereits im November 1941 erklärte Hitler "Wenn das deutsche Volk einmal nicht mehr stark und opferbereit genug ist, sein eigenes Blut für seine Existenz einzusetzen, so soll es vergehen und von einer anderen, stärkeren Macht vernichtet werden […] Ich werde dann dem deutschen Volk keine Träne nachweinen."

 

Am 19. März 1945 erklärte er: "Wenn der Krieg verloren geht, wird auch das Volk verloren sein. Es ist nicht notwendig, auf die Grundlagen, die das deutsche Volk zu seinem primitivsten Weiterleben braucht, Rücksicht zu nehmen. Im Gegenteil, ist es besser, selbst diese Dinge zu zerstören. Denn das Volk hat sich als das schwächere erwiesen, und dem stärkeren Ostvolk gehört ausschließlich die Zukunft. Was nach diesem Kampf übrig bleibt, sind ohnehin nur die Minderwertigen, denn die Guten sind gefallen."

 

Seinen Suizid erklärte er zum Selbstopfer, das von den Wehrmachtssoldaten ebenso Kampf bis zum Tod fordere. Hitler betonte, dass er seine Zeit, seine Kraft und Gesundheit verbraucht hätte und dass die "treueste Pflichterfüllung bis in den Tod" künftig "zum Ehrbegriff des deutschen Offiziers gehören" solle. Sein Tod sollte die Niederlage als Erlösungstat glorifizieren, in einen Sieg verwandeln und letztlich dem Mythos zum unbegrenzten Weiterleben verhelfen.

 

Auch andere verzweifelte Menschen erklärten diese Zerstörung. Die Widerstandsbewegung der Weißen Rose gegen Hitler erklärte in ihrem ersten Flugblatt u.a: "(…) wenn die Deutschen, so jeder Individualität bar, schon so sehr zur geistlosen und feigen Masse geworden sind, dann, ja dann verdienen sie den Untergang…"

 

Auch hier erleben wir die Selbstschädigung und Mitnahme in Kombination mit der Verzweiflung im sozialen Kontext. Derartiges Denken erfolgt scheinbar insbesondere dann, wenn sich keine Identifikationsobjekte (mehr) bieten, an die man vertrauensvoll anknüpfen könnte.

 

Irgendwann beginnen die Menschen aus der Verzweiflung heraus, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Sie sehen z.B. die Schuld im Versagen des Kollektives auch bei sich. Die masochistische Mitnahme der anderen im Geiste oder real ist eine Art letzten Triumphes über sich selbst und die Ausweglosigkeit der Lage. Ein solcher Triumph geht bis zur Selbstaufgabe. Traumatische Erlebnisse in Kombination mit Ohnmachtsgefühl, dem Gefühl des Ausgeliefertseins und Kontrollverlust sowie einer Art des Selbstbedauerns führen eben auch zu selbstzerstörerischen Denk- und Handlungsmustern.

Abgrenzung Masochismus - Sadismus

Psychoanalytisch interpretiert, äußert sich der Selbstzerstörungstrieb nach innen gerichtet als Masochismus, nach außen gerichtet als Sadismus: Dazu zählt im weiteren Sinne das lustbetonte Quälen bzw. Foltern von Menschen und Tieren. Sadismus ist nach dem - für seine Schilderungen sexueller Grausamkeiten berüchtigten - Schriftsteller Marquis de Sade (1740–1814) benannt. Die meisten Sadisten stellen eine Beziehung zu Masochisten her, die Befriedigung ihrer Neigungen zulassen oder schlichtweg zu schwach, angepasst oder unterwürfig sind. Dies bezieht sich nicht nur auf das Alltagsleben - zum Beispiel auf Mobbing, sondern auch auf die Sexualität, bei der es um Schmerz, Erniedrigung und Dominanz geht und zusätzliche Stimulanz durch eine Art "Drehbuch" in Bezug auf die sexuellen Aktivitäten erfolgt und bei dem es um Unterordnung und Dominanz geht, ebenfalls um das bewusste gezielte Zufügen von körperlichem Schmerz. 

Aktualisierung / Nachtrag 2020: "Gesellschaftlicher Masochismus"

Seit einigen Jahren fällt auf, dass die Anzahl von Menschen mit den Symptomen einer masochistischen bzw. selbstzerstörerischen Persönlichkeitsstörung stark gestiegen ist. Der besagte Anstieg masochistischer Tendenzen fällt derart stark ins Auge, dass man in Deutschland mittlerweile von einem regelrechten Gesellschafts-Phänomen sprechen kann. Während Einige - nach wie vor von einer klassischen Persönlichkeitsstörung ausgehen, sehen andere einen deutlichen Zusammenhang mit der Toxoplasma gondii-Epidemie. Nachfolgend ein Beispiel für "gesellschaftlichen Masochismus":
 

"Ein Industrieland schaltet sich selbst freiwillig das Licht aus und ein großer Teil der Nation klatscht laut Beifall"

Wie "Tichys Einblick" berichtet, warnen die Netzbetreiber davor, dass ohne Strom-Import in Deutschland bald die Lichter ausgehen könnten, da Kraftwerke fehlen und Wind und Sonne nicht zuverlässig seien. Laut Holger Douglas gab es noch nie in der Geschichte einen solchen Irrsinn, dass sich ein Industrieland selbst freiwillig das Licht ausschaltet - und ein großer Teil der Nation dazu noch laut Beifall klatscht. Zum Artikel von Holger Douglas bei...

Tichys Einblick / tichyseinblick.de