Wissen: Burn-out / Burnout-Syndrom

Wissen Psychologie: Burn-out oder Burnout - auch Burnout-Syndrom genannt

Einführung in die Thematik
Die Bezeichnung Burn-out oder Burnout - auch Burnout-Syndrom genannt - entstammt dem Englischen und steht  für innerliches "ausbrennen". Es handelt sich um einen Oberbegriff für bestimmte Arten von persönlichen Krisen, die als Reaktion auf andauernden Stress und Überlastung auftreten.

 

Fälschlicherweise wird der Begriff sehr oberflächlich Stress und Überlastung "am Arbeitsplatz" zugeordnet; doch Stress und Überlastung können natürlich auch durch andere Umstände erzeugt werden z.B. durch privaten Stress und Überlastung (z.B. Überforderung im Rahmen privater Verpflichtungen oder selbst gesteckter Ziele). Nicht selten steht ein zwanghafter Mechanismus dahinter, bestimmte "Verpflichtungen" zu erfüllen, bestimmte Ziele zu erreichen und Erfolge einzufahren, z.B. um sich selbst und anderen etwas zu beweisen und eine Selbstwertproblematik zu "bearbeiten".

 

Bei Burn-out handelt es sich um eine überwältigende Erschöpfung (overwhelming exhaustion) durch fehlende emotionale und physische Ressourcen (Energien), die mit bestimmten Gefühlen (z.B. Zynismus, Distanziertheit, Abgrenzung und  Wirkungslosigkeit aufgrund mangelnder Ressourcen) und verminderter Leistungsfähigkeit einhergehen. Hinzu kommt der Aspekt der Selbstbewertung z.B. wen das eigene Selbstbild und die Selbstwirksamkeitserwartung auf die nackte Realität treffen, die von den Betroffenen in ihrem Kampf zwischen Idealen und Wirklichkeit zumeist ausgeblendet wird. 

 

Äußere Faktoren der (Arbeits-)Umwelt können beim Burn-out Syndrom eine ebenso große Rolle spielen wie persönliche Dispositionen (hohe Zielorientierung, Strebsamkeit, Perfektionismus, fixe Ideen sowie die Unfähigkeit zur Abgrenzung). Burn-out kann auch mit Depersonalisation infolge einer Diskrepanz zwischen der eigenen Erwartung und der Realität einhergehen. Zugleich ist es der Endzustand eines Prozesses von idealistischer Begeisterung über Desillusionierung, Frustration und Apathie.

Wissen Psychologie: Burn-out oder Burnout - auch Burnout-Syndrom genannt

Symptome eines Burn-out

Burn-out geht mit 130 Symptomen einher und überlappt mit diversen anderen Störungsbilder (z. B. Depression). Ausgehend von eher unauffälligen Frühsymptomen wie Müdigkeit, Erschöpfung, Niedergeschlagenheit und verminderter Leistungsfähigkeit über Zynismus, Distanziertheit und Abgrenzung aufgrund mangelnder Ressourcen kann Burn-out bis zur völligen Arbeitsunfähigkeit, sozialen Inkompetenz und Beziehungsunfähigkeit einschließlich Trennung oder sogar zum Suizid führen.

 

Emotionale Erschöpfung (exhaustion oder fatigue), die mit dem Burn-out-Syndrom einhergehen kann, resultiert aus einer übermäßigen emotionalen oder physischen Anstrengung (Anspannung), die gefühlt oder real ist. Ob subjektiv empfunden oder real: Die Tage oder Wochen der Betroffenen sind strukturiert und relativ streng durchgeplant und anstrengend.

 

Die Betroffenen fühlen sich unter einem gewissen Druck (z.B. Zeitdruck) und fühlen eine hohe Verantwortung. Sie streben nach Leistung, Pflichterfüllung und Zielerreichung, was irgendwann ggf. wichtiger wird als Freundschaft, Partnerschaft und Liebe. Der innere Druck wirkt stärker und verdrängend; mit ihren Ressourcen müssen die Betroffenen "haushalten".

Für die Anliegen und Bedürfnisse Anderer sind sie daher wenig offen und aufnahmebereit. Wahrnehmungen und Gefühle anderer werden ignoriert oder im Vergleich zu sich selbst belächelt oder bagatellisiert. So etwas wird dann eher als lästiger Störfaktor wahrbenommen, was für Andere eine echte Herausforderung darstellen kann.  

 

Die Betroffenen verspüren Sie den Drang, sich selbst und anderen Personen etwas beweisen zu wollen, stellen hohe Erwartungen an sich und ggf. andere - und setzen sich anspruchsvolle Ziele. Sie kommen nicht wirklich zur Ruhe und vernachlässigen wichtige Bedürfnisse; logischerweise fühlen sie sich irgendwann überarbeitet und ausgelaugt.

 

 

Soziale Kontakte empfinden sie im Endstadium irgendwann als anstrengend und Familienangehörige als hemmend, störend und behindernd - selbst den eigenen Partner bzw. die eigene Partnerin, die aus ihrer Sicht irgendwann einfach nur noch "nervt" - insbesondere dann, wenn dieser / diese den Betroffenen / die Betroffene auf ihren Zustand anspricht, der letztendlich zum Problem für die Familie und den Partner / die Partnerin werden kann.

Von derartigen "Zusatz-Problemen" genervt, entwickeln die Betroffenen anderen gegenüber negative Gefühle - gar Aggressionen - und verhalten sich nicht selten ungerecht, unfair und sogar regelrecht böse, ohne dies selbst in der konkreten Ausprägung zu realisieren.

 

Während andere von den Betroffenen nicht selten vor den Kopf gestoßen und enttäuscht werden, fühlen die Betroffenen hingegen selbst Enttäuschung. Es kommt dann zum psychiatrisch relevanten Phänomen der sogenannten "Umkehr", bei der die Betroffen die Realität irgendwann 1:1 verdrehen. 

 

Um weiter in der Tretmühle zu laufen und ihre Ziele wie ein Maschinenmensch zu erreichen, verdrängen, überspielen, übergehen und verleugnen die Betroffenen innere Probleme und Konflikte, nehmen ihre Umwelt - ja sogar ihre Partner - nicht mehr richtig wahr und verlieren irgendwann den Realitätsbezug, so dass es zum Realitätsverlust einschließlich Realitätsverleugnung kommen kann.

Wissen Psychologie: Burn-out oder Burnout - auch Burnout-Syndrom genannt

 

Niemand kann sie aus ihrer geistigen Tretmühle herausholen oder sie von der etwaigen Falschheit ihrer Gedanken überzeugen. Die Betroffenen fühlen sich dann manipuliert oder behindert. Wichtig ist für sie, von anderen nicht aus ihrem Engagement bzw. der Erfüllung ihrer "Verpflichtungen" und "Verantwortungen" bzw. aus ihrer fixen Idee oder aus ihrem Zwang herausgerissen zu werden.

 

Stattdessen haben sie das Gefühl, sich „am Riemen reißen“ bzw. sich „zusammenreißen“ und „sich beherrschen“ zu müssen. Auch, um sich  von anderen tunlichst nicht von ihrer Arbeit oder ihrem Weg "abhalten" bzw. manipulieren" zu lassen.

 

Ebenso entwickeln sie das Gefühl, sich manche / bisherige / ggf. alte Gewohnheiten zeitlich und energietechnisch „nicht mehr leisten“ zu können bzw. zu wollen. Dies auch und insbesondere, weil sie meinen, sonst den Fokus zu verlieren und von ihren Verpflichtungen und Zielen (bzw. fixen Ideen oder Zwängen) abgehalten zu werden. 

 

Wissen Psychologie: Burn-out oder Burnout - auch Burnout-Syndrom genannt

"Der Preis hoher Aspirationen und extremer Erfolgsorientierung oder hoher moralischer Ansprüche"

Laut Freudenberger ist Burn-out "der Preis allzu hoher Aspirationen und extremer Erfolgsorientierung oder hoher moralischer Ansprüche". Dies umfasst bestimmte Glaubenssätze und Ideale sowie fixe Ideen und Zwänge, von denen die Betroffenen trotz widriger Umstände einfach nicht lassen wollen bzw. nicht loslassen können, um sich selbst vor Überforderung und andere von den psychisch-sozialen Folgen dieser Überforderung zu schützen.   

 

Als besonders betroffen gelten Berufe, bei denen mit Menschen (als Klienten) gearbeitet wird, die sich in emotional belastenden Situationen befinden.

 

Viele Psychiater halten das Burnout-Syndrom für eine Modediagnose, die als Grundlage zahlreicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ein gesundheitsökonomischer Faktor geworden sei und die Diagnose einer Depression behindern könne.

 

Tatsächlich besteht ein Trend, aus pragmatischen Gründen vorschnell ein Burn-out Syndrom zu diagnostizieren. Doch es gilt zu bedenken, dass dort, wo es aufgrund Stress- und Überlastungs-Einsicht der Betroffenen diagnostiziert wird, nur selten um echte bzw. wirklich schwere Fälle von Burn-out geht. Vielmehr handelt es sich hier um Menschen, die einsichtig sind - und ihren Zustand sich selbst zuschreiben.

 

Bei echten bzw. schweren und gefährlichen Fälle von Burn-out wird der eigene Zustand eher heruntergespielt oder negiert oder externalen Umständen oder Personen zugeschrieben, um von den eigenen Ideen, Zielen, Projekten, Zwängen und Belastungen tunlichst nicht abweichen zu müssen.

 

Besonders stark tritt dies zutage, wenn die Verantwortlichkeit bzw. "Schuld" für den IST-Zustand, die eigene Belastung bzw. Überlastung oder das eigene Versagen, (gedacht oder offen kommuniziert) der eigenen Familie bzw. dem eigenen Partner bzw. der eigenen Partnerin zugeschrieben wird - und die eigenen Probleme und deren Ursächlichkeit auf andere projiziert wird.   

 

Burn-out bezieht sich nicht nur auf psychische Erschöpfung und sinkende Leistungsfähigkeit, sondern auch auf emotionale Erschöpfung - und kann - neben dem Gefühl von Überforderung und entsprechenden Symptomen eines Burn-outs auch mit bestimmten Mechanismen und Störungsbildern einhergehen, von denen einige bewusst wahrgenommen werden und andere hingegen (bis zum Zusammenbruch oder zur partnerschaftlichen Trennung) ggf. völlig unbewusst bleiben oder - je nach Persönlichkeitstyp und entsprechenden Zielen und Glaubenssätzen negiert oder ignoriert werden.

 

Schließlich fühlt sich nicht jeder vom Burn-out Syndrom Betroffene schwach, kraftlos, müde und matt und leidet klischeemäßig unter Antriebsschwäche. Bei einigen der Betroffenen zeigt sich Burn-out eher durch leichte Reizbarkeit, mangelnde Ambiguitätstoleranz, fehlende Empathie und soziale Inkompetenz, die zusätzlich zu inneren wie äußeren Konflikten führt, die selbstwertdienlich zumeist externalen Ursachen und Zusammenhängen zugeschrieben werden.  

 

Dies reicht bis hin zu Depersonalisierung und Spaltung bzw. Abspaltung bzw. Spaltungsabwehr. Darunter versteht man einen psychischen Abwehrmechanismus, der dazu dient, sich in Bezug auf einen unzumutbaren Gefühlszustand selbst zu ertragen und den eigenen (ggf. verletzten bzw. geschädigten) Selbstwert tunlichst aufrechtzuerhalten.

Die Funktion ist recht einfach: Um schmerzhaften Ballast abzuwerfen, schieben wir schmerzliche Erfahrungen ins seelische "Off". Es kommt zu deren Ausblendung und Abschiebung ins Unbewusstsein. Der Mechanismus dient der Abwehr einer unerträglichen Vorstellungen vom eigenen Selbst (oder von Objekten) auf der Basis der Vorstellung, dass es in Bezug auf das Selbst nur "gut" und "böse" gibt.

Wissen Psychologie: Burn-out oder Burnout - auch Burnout-Syndrom genannt

Es kommt zur Spaltung des Selbst in positive Selbstaspekte und negative Vorstellungen vom Selbst.

 

Beim Burn-out Syndrom werden die negative Vorstellungen vom Selbst auf andere (z.B. Familienangehörige oder den Partner) projiziert und vom Selbst ausgelagert, um eine Ziele, Projekte, fixe Ideen und Zwänge weiter (ohne Rücksicht auf Verluste einschließlich Trennung vom eigenen Umfeld) bis zum vermeintlichen "Endsieg" bzw. Zusammenbruch weiter verfolgen. Folgendes kann eintreten: Verleugnung, Projektion, Entwertung, Idealisierung, Projektive Identifikation.

 

Manchmal führen die - dem Selbstschutz dienenden - Umdeutungen des Selbst oder Anderer dazu, dass Phantasien zu einer neuen Realität werden (siehe Realitätsverlust und Realitätsleugnung / Verleugnung) und quasi eine Lebenslüge gelebt und aufrechterhalten wird, die bis hin zur Pseudologie / Mythomanie reichen kann.

 

Einigen Betroffenen wird dies zwischendurch bewusst, dann aber schnell wieder verdrängt; Andere hingegen leben in ihrer Phantasie- Lügen oder -Selbstbetrugs-Welt, ohne, dass ihnen dies bewusst ist bzw. bewusst wird. Hinweise von außen werden als störend oder sogar bedrohlich empfunden, so dass es zu starken Reaktionen kommen kann.

 

Die Betroffenen bauen eine Distanz zwischen sich selbst und ihren (belastenden) Klienten dar oder zu Familienangehörigen, die sie aus ihrer Wahrnehmung heraus von der Erreichung ihrer Ziele "abhalten". Zunehmende Gleichgültigkeit und teilweise zynische Einstellung gegenüber vermeintlich belastenden Klienten oder Familienmitgliedern kommt hinzu.

 

Die Betroffenen haben häufig das Gefühl, dass sie trotz Überlastung nicht viel erreichen oder bewirken - oder zumindest nicht exakt so wie sie sich das selbst konkret vorstellen. Weil die Anforderungen quantitativ und qualitativ steigen und sich ständig verändern, erscheint die eigene Leistung im Vergleich zu den wachsenden Anforderungen gering.

 

Dies wird bewusst oder unbewusst angenommen. Die Diskrepanz zwischen Anforderungen und Leistungen nehmen die Betroffenen als persönliche Ineffektivität bzw. Ineffizienz wahr, wobei sie nicht zwingend sich selbst, sondern anderen die Schuld geben, was ggf. mit Verweigerungshaltung, einem regelrechten Wahn und sogar mit Paranoia als Begleiterscheinung einhergehen kann.

 

Burn out auf Basis fixer Ideen oder Zwänge

Zu stark ist z.B. die fixe Idee, bestimmte Ziele zu erreichen, bestimmte Leistungen bringen bzw. "beweisen" zu müssen oder bestimmte Pflichten zwingend erfüllen zu müssen als dass man davon abweichen würde. Die Zwangsgedanken sind hier außerordentlich hoch. Lieber werden Absturz oder Trennung in Kauf genommen als Eingestehen in die Realität, die eigenen Möglichkeiten und die eigene Überforderung.

 

Hier darf nicht vergessen werden, dass bereits eine solche überbewertete Idee - auch "Fixe Idee" (lateinisch idea fixa „unveränderliche Idee“) genannt, für sich eine kognitive Störung (Denkstörung) darstellt, bei der die Realitätswahrnehmung verzerrt ist. Sie ähnelt einem Wahn­gedanken, ist davon jedoch abzugrenzen: Im Gegensatz zum sogenannten Wahn, bei dem Wahngedanken trotz Aufklärung über die nicht vorhandene Realität unveränderbar fortbestehen, ist eine überbewertete fixe Idee leichter bzw. nicht so stark unveränderbar.

 

Konkret handelt es sich bei einer überbewerteten fixen Idee um eine falsche Vorstellung, die das Denken und die Wahrnehmung umfasst und einer Berichtigung und Veränderung nur schwer zugänglich ist. Eine überbewerteten fixe Idee ist nicht zwingend daran gebunden, dass die Vorstellung sachlich falsch ist (wie bei einer Wahnidee). Entscheidender ist der Zwangsgedanke in Form einer Idee, die den Betroffenen anhaltend beherrscht und sich ihm immer wieder aufdrängt. Ob diese Idee nun sachlich wahr ist oder nicht, spielt weniger eine Rolle. 

 

Der Betroffene wird seine Wahrnehmung immer wieder so ausrichten (z.B. Fundamentaler Beobachtungsfehler, Selektive Wahrnehmung) und subjektiv interpretieren, dass diese seiner fixen Idee entspricht. Da die Realitätswahrnehmung verzerrt ist, stehen überbewertete Ideen auch in Verbindung mit einer bestimmten Art der (Selbst- und Fremd-)Beobachtung, einer bestimmten Art der Wahrnehmung und in Verbindung mit bestimmten Wahrnehmungsfehlern (z.B.   Heile Welt Naivitäts-Fehler, Überlegenheitsillusion / Überlegenheitsfehler, Selbstwertdienliche Verzerrungen, Kontrollillusion etc.).

 

Obwohl die Betroffenen ansonsten logisch denken, so dass sie erst einmal für vernünftig gehalten werden, konzentrieren sich bei einer überbewerteten fixen Idee alle Gedanken auf ein Kernthema. So lange dieses Kernthema von anderen thematisch nicht berührt bzw. angesprochen wird, wirken die Betroffenen ganz normal. Haben die Betroffenen aber den Eindruck, dass man sie bei ihren Ideen, ihren Vorgaben oder ihren letztendlichen Zwängen bremsen bzw. ausbremsen will, mutieren sie zur Furie und schaffen sich in Bezug auf die sowieso schon starke Stressbelastung bei ihren Vorhaben damit neue Konflikte bzw. "Baustellen", die in Bezug auf den Burn-out dann eine Zusatzbelastung darstellen.

 

 Aus fixen Ideen kann sich sogar eine schwerwiegende Persönlichkeitsstörung entwickeln. Während hinter den Ideen, Glaubenssätzen oder Zwängen, die durch Überlastung zu einem Burn-out führen können, nicht selten auch narzisstische Züge bzw.  Prinzipien stehen, kann aus einem übertriebenem Drang nach Anerkennung und Geltung auch erst Narzissmus werden.  Überbewertete Ideen können aufgrund der Irritationen anderer Menschen und der Belastung für die Umwelt - wie der Wahn auch - schwere Störungen der sozialen Beziehungen zur Folge haben.

 

Abwehr der Realität

Besonders extreme Wirkung haben fixe Ideen, wenn es um die Einschätzung und Abwehr der Realität geht, die Menschen mit einer fixen Idee gerne verdrängen, verleugnen, uminterpretieren (selbstwertdienlich verzerren) und defensiv attribuieren. Sie wollen andere Realitäten bzw. Wahrnehmungen nicht hören bzw. wahrhaben und die Realität nicht sehen bzw. einsehen.

 

Insofern fehlt es Menschen mit einer fixen Idee, die der Realität widerspricht, oft an Einsicht und Einsichtsfähigkeit in die - von der fixen Idee abweichenden - realen Gegebenheiten. Bei den Betroffenen entstehen kognitive Dissonanzen, die über das Wirkungsprinzip der kognitiven Dissonanz-Reduktion dazu führen, dass Widersprüche einfach uminterpretiert, defensiv attribuiert, selbstwertdienlich verzerrt oder geleugnet werden.  

 

Wenn hoch gesteckte persönliche oder berufliche Ziele oder fixe Ideen mit den realen Lebens- bzw. Alltagsmöglichkeiten nicht vereinbar sind oder beruflicher Stress auf privaten Stress trifft - und ein geeigneter kontrollierter Ausgleich durch Entlastung und ausreichende Psychohygiene besteht, dann ist die - möglicherweise zu einem Burn-out führende - Überforderung perfekt, wird oft aber nicht rechtzeitig erkannt und will von den Betroffenen zumeist auch gar nicht erkannt werden.

 

Insofern sind insbesondere Menschen vom Burn-out Syndrom betroffen, denen in Bezug auf ihre realen Möglichkeiten aufgrund deren Idealismus und / oder Glaubenssätzen die Einsicht fehlt. "Einsicht" bedeutet, dass Eigenschaften, Zusammenhänge und Beziehungen auf der Basis von Wahrnehmungen und analytischen Überlegungen hinreichend erkannt, geistig erfasst und sachlich richtig begriffen werden. In sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhängen besteht ein Unterschied zwischen der eigenen subjektiven Einsicht und der Einsicht in sozialen Zusammenhängen, die die Objektivität bilden. Subjektive Einsichten unterscheiden sich folglich von objektiv von außen messbaren Einsichten. 

 

Einsicht ist jedoch eine Grundvoraussetzung für das Erkennen und die Behebung von Defiziten und das Lösen daraus resultierender Probleme. Ohne Einsicht (z.B. in schadhafte Denk- und Verhaltensmuster) ist keine Veränderung zum Positiven möglich. Ohne Einsicht läuft alles, was einen im Leben stört und/oder schadet, immer so weiter. Dies bezieht sich sowohl auf das Denken als auch das Verhalten inklusive der Gewohnheiten. Ohne Einsicht gibt es keine Verhaltensänderung. Ohne Einsicht wird nicht neu- und umgelernt.

 

Einsicht erfordert die "Einsichtsfähigkeit" und "Einsichtsbereitschaft", folglich die Bereitschaft (Motivation) und Fähigkeit in Bezug auf Wahrnehmung, Denken und Fühlen (Intelligenz, psychische Konstitution, psychische Gesundheit, Gewissen & Moral), um überhaupt zu einer Einsicht zu gelangen. Einsicht bedarf Offenheit, Intelligenz, geistige Flexibilität und Ambiguitätstoleranz (Fähigkeit, Widersprüche - z.B. Kritik - möglichst locker - zu ertragen) - eine der wichtigsten sozialen wie emotionalen Kompetenzen und Voraussetzungen für den Erfolg im persönlichen und sozialen (z.B. partnerschaftlichen und beruflichen) Umfeld.

 

Auch bei Menschen mit einem Burn-out Syndrom erfolgt an Stelle der Einsicht nicht selten sogar die „Umkehr“ eines eines Problems, einer Diagnose oder einer Verhaltens-Zuschreibung. „Umkehrung“ bedeutet, dass die objektiven Tatsachen 1:1 verdreht und auf andere (z.B. das familiäre Umfeld, den Partner und andere Menschen aus dem sozialen Umfeld) projiziert bzw. übertragen werden.

 

"Umkehr" bedeutet auch, dass ein Fehler, ein Problem, eine Diagnose oder eine Verhaltenszuschreibung (auf genau die Person oder Personengruppe projiziert wird, welche die Beobachtung, Vermutung oder Tatsache anspricht oder eine eventuell vorhandene Störung/Erkrankung diagnostiziert. Wer einen von Burn-out Betroffenen auf dessen Zustand oder dessen Ursächlichkeit anspricht z.B. um zu helfen, wird von den Betroffenen eher als hemmender Störer oder Behinderer erachtet.

 

Wer entsprechende Beobachtungen anspricht und damit das (falsche) Selbstbild der Betroffenen in Frage stellt, allein indem der Beobachter eine vielleicht unangenehme Realität beschreibt oder die nackte Wahrheit anspricht, die der Betroffene nicht hören und sehen will, mutiert dann in den Augen der von dieser unangenehmen Wahrheit Gestörten dann pauschal abwehrend zum Feind.

 

Im Gegensatz zu leichten oder nicht echten Burn-Out-Fällen die lediglich über Erschöpfung aufgrund von Stress klagen und eher einsichtig sind, sind derartige Konter-Reaktionen bei echten bzw. schweren Burn-out-Fällen im Umkehrschluss zugleich wieder ein Indiz für eine etwaige psychotische Störung, zumindest dann, wenn sie wiederholt beobachtet werden können und auffällig ist, dass die Person über keine Einsicht verfügt, was die Bereitschaft zur Kooperation in dieser Hinsicht mit einschließt.

Wissen Psychologie: Burn-out oder Burnout - auch Burnout-Syndrom genannt

 

Leiden des Umfelds

Insofern leiden echte bzw. schwere Fälle von Burn-out nicht alleine für sich; das Leiden von Burn-out Betroffenen schließt das Leiden des sozialen Umfelds (z.B. Familie und Partnerschaft) mit ein - allein schon aufgrund der Fokussierung auf Ideen, Projekte und Arbeit und der Ausblendung anderer wichtiger Lebensaspekte und Verpflichtungen sowie aufgrund der verstärkten Reizbarkeit und Aggressivität, der Verurteilung von Hinweisen und Kritik, die als störend und als im persönlichen Fortkommen hemmend angesehen werden. 

 

Dies liegt auch daran, dass sich das “Ich“ von Burn-out Betroffenen vor Bewusstseinsinhalten (z.B. unangenehmen Wahrheiten) zurückzieht, die es selbst nicht verkraften kann oder wahrhaben will, obgleich andere hier klarer sehen. Die belastenden Inhalte, wozu auch eigene Fehler oder die Fehler von Gleichgesinnten oder geliebten Personen zählen, bleiben zwar im Bewusstsein, werden aber von der eigenen Person abgespalten (Abspaltung der Realität vom Wunschdenken). Dadurch erscheinen Gedanken und Gefühle nicht von einem selbst hervorgebracht. Es kommt zur Entfremdung (z.B. von Familie und Partner). 

 

Diagnostik 

Neben allgemeinen diagnostischen Methoden (z. B. Anamneseerhebung) kommen zur Diagnostik auch spezifische Fragebögen zum Einsatz. Die Diagnosestellung ist nicht alleine auf das Individuum bezogen, sondern bezieht Umweltbedingungen (Beanspruchung und andere objektive Merkmale der Tätigkeit sowie die sozialen Beziehungen) mit ein.

 

Dabei kann die Diagnostik auch auf Fremdbeurteilung angewiesen sein. Die Fachperson entscheidet dabei, welches Diagnoseinstrument sie einsetzt. Anonym bereitgestellte Tests können in der Regel keine verlässliche Diagnose für Burn-out liefern. Das gilt auch für die inzwischen unübersehbare Vielfalt an Ratgebern, die nicht durch Fachpersonen erstellt worden sind.

 

Geeignete und häufig eingesetzte Fragebogen sind: Das Maslach Burnout Inventory – MBI, bei dem Aussagen aus den Kategorien emotionale Erschöpfung, Depersonalisierung und Leistungszufriedenheit nach Intensität und Häufigkeit beantwortet werden müssen. Die Fragen der ersten Version des MBI bezogen sich ausschließlich auf helfende Berufe. In späteren Überarbeitungen wurden eine Version für Lehrer (MBI-Educators Survey) und eine berufsübergreifende Version (MBI-General Survey) eingeführt.

 

Das Trierer Inventar zum chronischen Stress – TICS erfasst auf der einen Seite die Anforderungen (Arbeitsüberlastung, soziale Überlastung und Erfolgsdruck) und zum anderen die mangelnde Bedürfnisbefriedigung (Unzufriedenheit mit der Arbeit, Überforderung, Mangel an sozialer Anerkennung) sowie soziale Spannungen und Isolation.

 

Das Copenhagen Burnout Inventory – CBI soll einige Nachteile des MBI überwinden und misst Burn-out mittels 19 Items in den drei Skalen: (1) Ausmaß des persönlichen Erlebens von Erschöpfung (physisch und psychisch), (2) Belastung und Erschöpfung, die der Arbeit zugeschrieben werden sowie (3) Frustration und Erschöpfung, die aus der Zusammenarbeit mit Klienten resultieren.

 

Differentialdiagnostik und Abgrenzung

Die Burn-out zugeschriebenen Symptome können auch auf andere psychische Störungen oder Erkrankungen hinweisen.

 

Differentialdiagnostisch kann von Burn-out laut ICD dann gesprochen werden, wenn keine Berufsunfähigkeit besteht oder keine andere psychiatrisch definierte Krankheit wie Neurasthenie (F48.0), Panikattacke (F41.0) und keine allgemeine Ermüdung (R53), die nach schwerer Arbeit oder zu kurzem Schlaf auftritt, vorliegt.

 

Ein Burn-out ist eine häufige Verdachts- oder Erstdiagnose bei Erwachsenen, bei denen eine vorliegende Autismus-Spektrum-Störung bislang nicht erkannt wurde. In diesen Fällen entsteht der Stress aus Konflikten im beruflichen Umfeld, die auf für autistische Menschen typische Verhaltensweisen und Eigenheiten zurückzuführen sind. Oft ist es diesen Personen im bisherigen Verlauf ihres Lebens erfolgreich gelungen, durch eine hohe Intelligenz und geschickte Strategien ihre sozialen und kommunikativen Schwierigkeiten im Umgang mit nicht-autistischen Menschen zu kompensieren.

 

Das Burnout-Syndrom kann ähnliche Symptome wie das Boreout-Syndrom aufweisen: Der Begriff stammt vom englischen to bore = (sich) langweilen und bezeichnet den Zustand beruflicher Unterforderung und Unzufriedenheit. Dieser Zustand kann von gleichzeitig hoher Geschäftigkeit und reduzierter Leistungsfähigkeit sowie emotionaler Erschöpfung begleitet sein.

 

Phasen des Burn-out

Herbert Freudenberger und seine Kollegin Gail North haben zwölf Phasen im Verlauf des Burnout-Syndroms identifiziert. Die Reihenfolge muss jedoch nicht wie in der folgenden Auflistung verlaufen:

 

- Drang, sich selbst und anderen Personen etwas beweisen zu wollen

- Extremes Leistungsstreben, um besonders hohe Erwartungen erfüllen zu können

- Überarbeitung mit Vernachlässigung persönlicher Bedürfnisse und sozialer Kontakte

- Überspielen oder Übergehen innerer Probleme und Konflikte

- Zweifel am eigenen Wertesystem sowie an ehemals wichtigen Dingen wie Hobbys und Freunden

- Verleugnung entstehender Probleme, Absinken der Toleranzgrenze

- Rückzug und dabei Meidung sozialer Kontakte bis auf ein Minimum

- Offensichtliche Verhaltensänderungen, fortschreitendes Gefühl der Wertlosigkeit, zunehmende Ängstlichkeit

- Depersonalisierung durch Kontaktverlust zu sich selbst und zu anderen Personen,
  ein zunehmend funktional und mechanistisch lauifendes Leben

- Innere Leere und verzweifelte Versuche, diese Gefühle durch Überreaktionen zu überspielen 

- Depression mit Symptomen wie Gleichgültigkeit, Hoffnungslosigkeit, Erschöpfung und Perspektivlosigkeit

- Erste Gedanken an einen Suizid als Ausweg aus dieser Situation; akute Gefahr eines mentalen und physischen
  Zusammenbruchs

 

Ursachen und begünstigende Bedingungen

Seit Beginn der Forschung zum Burnout-Syndrom wird dieses als Reaktion auf chronische Stressoren im Beruf beschrieben. Nach Jaggi handelt es sich beim Burn-out um eine körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung aufgrund beruflicher Überlastung. Nach Richard Lazarus wird Burn-out durch Stress ausgelöst, der aus Sicht der betroffenen Person nicht bewältigt werden kann. Es handelt sich um ein subjektiv wahrgenommenes Auseinanderklaffen von externen (beruflichen) Anforderungen bzw. Belastungen einerseits und individuellen Fähigkeiten zur Bewältigung der Beanspruchungen andererseits. Diese Diskrepanz ist oft mit dem Gefühl der Ohnmacht verbunden. Zentral ist dabei die (vermeintliche oder zutreffende) Annahme der Überforderung oder mangelnden Kontrolle (Kontrollüberzeugung). 

 

Ungleichgewicht zwischen Leistung und Anerkennung

Zur Erklärung von Ursachen des Burnout-Syndroms wird häufig das Konzept des Ungleichgewichts von Leistung und Anerkennung, kurz ERI (Effort-reward-imbalance Model) von Johannes Siegrist verwendet. Es basiert theoretisch auf Reziprozität, der legitimen Erwartung, dass man für Leistungen eine Anerkennung erfährt. Zur Untersuchung dieses Ungleichgewichts hat Siegrist das international angewandte und validiertere Messinstrument, den Fragebogen zur Erfassung beruflicher Gratifikationskrisen (engl. ERI questionnaire) entwickelt.

 

Beispiele für Skalen und Items nach der englischen Version des ERI sind:

 „Effort“

„Ich habe permanenten Zeitdruck.“

„Ich trage viel Verantwortung.“

„Ich werde bei der Arbeit häufig gestört.“

„In den letzten Jahren wurde meine Aufgabe immer anspruchsvoller.“

„Reward“

„Ich werde von meinen Vorgesetzten nicht mit dem nötigen Respekt behandelt.“

„Bei Schwierigkeiten bekomme ich keine adäquate Unterstützung.“

„Ich werde oft unfair behandelt.“

„Meine berufliche Zukunft ist unsicher.“

 

Neben dem Ungleichgewicht von Effort und Reward berücksichtigt das ERI-Modell auch den Aspekt des Overcommitment (übersteigerte Verausgabungsneigung bzw. Überengagement) als unabhängigen Einflussfaktor. Nach Siegrist ist dies die intrinsische Komponente der Verausgabung. Die übersteigerte Verausgabungsneigung lässt sich als ein Bündel von Verhaltensweisen, Emotionen und Kognitionen verstehen.

 

Das Modell wurde 1988 von Johnson und Hall zum Job-Demand-Control-Support-(JDCS-)Modell durch einen weiteren Faktor erweitert: Support als soziale Unterstützung: Sozio-emotionale Unterstützung (socioemotional support) in Form von Mitgefühl, Aufmerksamkeit etc. zur Abmilderung negativer psychologischer Auswirkungen von Belastung (job strain) sowie Instrumentelle soziale Unterstützung (instrumental social support) als direkte, tätigkeitsbezogene Unterstützung, durch die dem Individuum zusätzliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Fehlende Unterstützung kann das Ausmaß der psychischen Gefährdung weiter erhöhen bzw. soziale Unterstützung kann die Belastung (den mental strain) abmildern.