Wissen: Pathologische Unzuverlässigkeit

Wissen Psychologie: Zuverlässigkeit vs. Unzuverlässigkeit, Zuverlässigkeit als psychosoziale Kompetenz, Persönlichkeit, Charakter und Psyche von pathologisch unzuverlässigen Persönlichkeiten

Zuverlässigkeit als psychosoziale Kompetenz
Zuverlässigkeit ist eine wichtige soziale / psychosoziale Kompetenz und ein entscheidender Faktor für erfolgreiche soziale Beziehungen und zwischenmenschliche Bindungen.

 

Zuverlässigkeit zeigt sich im Verhalten eines Menschen (z.B. Erledigung von Aufgaben, Einhaltung von Verabredungen, Terminen, Vereinbarungen, Absprachen) und spiegelt dessen Einstellung sich selbst und anderen gegenüber.

 

Persönlichkeits-Zusammenhänge
Zuverlässigkeit steht in einem engen Zusammenhang mit Verantwortungsbewusstsein, Gewissenhaftigkeit, Organisationsfähigkeit, Ordnungssinn und Fleiß und ist ein Indiz für Qualität. Verlässlichkeit ist zugleich ein Indiz für die Ernsthaftigkeit von Absichten und Beziehungen.

 

Unzuverlässigkeit hingegen steht in einem engen Zusammenhang mit Oberflächlichkeit, Untreue, Unberechenbarkeit, Wankelmut, Unstetigkeit, Unbeständigkeit, einer psychosozialen Störung oder einer eventuellen Persönlichkeitsstörung. Unzuverlässigkeit spricht dafür, dass Absichten, Vereinbarungen, Versprechungen und Beziehungen - und damit andere Menschen - nicht ernst genommen werden.

 

Unzuverlässigkeit steht in einem Zusammenhang mit einer laissez-fairen Geisteshaltung und der Nichternstnahme ("laufen lassen") des Lebens bzw. anderer Menschen, denen der Laissez-faire und Unzuverlässige weniger Aufmerksamkeit schenkt und Beachtung beimisst wie sich selbst.

 

Der Begriff Laissez-faire steht zugleich als Bezeichnung für eine  Nichteinmischung in der Kindererziehung. Bei diesem - von Kurt Lewin eingeführten - Erziehungsstil, bei dem man das Kind sich selbst überlässt, man sie „(ungehindert) machen lässt“, wird Erziehung als eine nicht angemessene Maßnahme gegenüber Kindern aufgefasst, weshalb bei diesem Stil zielgerichtete Erziehungsmaßnahmen unterbleiben.

 

Diese Sicht wurde auch auf Führungsstile übertragen und wird als Synonym für antiautoritäre Erziehung verwendet. In beiden Bereichen zeigten sich negative Auswirkungen. Auch in der chinesischen Philosophie kennt man das Prinzip des Nicht-Handelns. Andere bezeichnen es als stoisches Aussitzen, andere als passives Dahinvegetieren. Was im Stoizismus vielleicht noch einen Sinn macht, ist jedoch schädlich, wenn es es um Unzuverlässigkeit gegenüber anderen Menschen geht, insbesondere dann, wenn diese Unzuverlässigkeit oft oder sogar regelmäßig auftritt und ggf. zum Charakterzug wird, der in einigen Kulturen sogar ein "Normal" ist.

 

Pathologische Unzuverlässigkeit

Pathologische Unzuverlässigkeit ist ein wichtiger Hinweis darauf, dass sich die unzuverlässige Person selbst für nicht wichtig nimmt, was im beruflichen Kontext auch ein Indiz für entsprechend geringes Qualitätsbewusstsein ist. Auch oder alternativ ist pathologische Unzuverlässigkeit ein Hinweis darauf, dass die unzuverlässige Person anderen Menschen keinen adäquaten Wert in Relation zu sich selbst beimessen.

 

Während pathologische Unzuverlässigkeit auf der einen Seite masochistische Züge haben kann, da unzuverlässiges Verhalten zu Konflikten und Schäden führt, die der pathologisch Unzuverlässige selbst auszubaden hat (Selbstbestrafung), ist Unzuverlässigkeit ebenfalls ein Merkmal einer Dissozialen bzw. antisozialen Persönlichkeitsstörung (Selbstüberschätzung oder geringe Wertschätzung anderer).

 

Folgen von Unzuverlässigkeit

Unzuverlässigkeit hat stets Folgen für den, dem Unzuverlässigkeit widerfährt, von persönlich menschlicher Enttäuschung, Frust und allgemeiner Unsicherheit über finanzielle Verluste und Haftungen bis hin zum technischen Versagen und zum Tod einer Person bzw. mehrerer Personen. Wenn man davon ausgeht, dass Jemandem, dem „Unzuverlässigkeit“ widerfährt, abgesehen vom persönlichen Ärger und vom Aufwand, die Unzuverlässigkeiten Anderer "auszubaden" stets Zeit oder Mittel entgehen, ist unzuverlässiges Verhalten mit Diebstahl und Betrug gleichzusetzen. Vielen ist das nicht bewusst. Menschen mit einer dissozialen Persönlichkeitsstörung fehlt dieses Bewusstsein aufgrund fehlender Empathie sowieso.

 

Vielen ist die Schuldhaftigkeit ihrer Unzuverlässigkeit gar nicht bewusst – sie bezeichnen Menschen/Organisationen, die Verlässlichkeit anmahnen (Mahnung) sogar innerlich als Stalker, fühlen sich von dem, der Verlässlichkeit ggf. einfordert, geradewegs genötigt. Dies trifft auf Freunde (z.B. bei Verabredungen) ebenso zu wie auf Schuldner (z.B. bei Mahnungen) und unzuverlässige Arbeitgebervertreter, die mit ihren Verpflichtungen (z.B. Gehaltszahlung, Zeugnisausstellung) im Verzug sind.

 

Krasseste Form der Missachtung - Hinweis auf die Relevanz

Unzuverlässigkeit wie auch Unpünktlichkeit ist eine der krassesten Formen der Nichtachtung bzw. Missachtung des Anderen. Unzuverlässigkeit ist ein „No go“ - und man sollte sich dafür schützen, da das eigene Selbstbild sonst darunter leidet. Niemand hat es nötig, von einem Anderen versetzt zu werden, ob faktisch, umstandshalber, ursächlich oder zeitlich. 

 

Tatsächlich kann Unzuverlässigkeit bestraft werden, sowohl privatrechtlich (BGB / z.B. Stornierung bei Nichterfüllung als auch öffentlich rechtlich (strafrechtlich, verwaltungsrechtlich und ordnungsrechtlich / z.B. Betrug § 263 Strafgesetzbuch oder Gewerbeuntersagung (§ 35 Gewerbeordnung / Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit).

 

Zuverlässigkeit ist auch ein Begriff aus dem deutschen Verwaltungsrecht. Die Zuverlässigkeit eines Antragstellers ist Voraussetzung für die Erteilung bestimmter Erlaubnisse durch eine Behörde. Wo eine unzuverlässige Ausübung einer Tätigkeit den Eintritt eines Schadens für die Gesellschaft regelmäßig befürchten lässt, sieht das Gesetz eine entsprechende Überprüfung durch die Behörde vor.

 

Die Zuverlässigkeit ist eine Voraussetzung, die im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung, z.B. einer Anfechtungsklage gegen einen Untersagungsbescheid vor dem VG voll justiziabel ist. D.h. die Verwaltung hat keinen Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum bei der Anwendung dieses Begriffes auf Lebenssachverhalte. Die Gerichte können somit die Entscheidung der Behörde, ob (Un-)Zuverlässigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt beim Betroffenen vorliegt, voll überprüfen und ggf. den die (Un-)Zuverlässigkeit voraussetzenden Verwaltungsakt aufheben.

 

Die Zuverlässigkeit wird von der Behörde von Amts wegen geprüft. Sie entwickelt dazu auf der Basis von ihr bekannten Tatsachen eine Prognose, ob der Erlaubnisinhaber in Zukunft durch Ausübung der Erlaubnis eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt.

 

Charakter & Gesellschaft

Unzuverlässigkeit ist sowohl ein charakterliches Problem als auch ein gesellschaftliches Problem (Sozialpsychologie). Verlässliches Verhalten wird erzieherisch immer weniger abverlangt und unsere Gesellschaft wird damit sozialisationsbedingt immer oberflächlicher. Dies liegt daran, dass Unzuverlässigkeit häufiger toleriert wird als in früheren Zeiten, in denen entsprechende Sanktionen folgten. Abhängigkeiten kann man sich heute schneller entziehen, als früher. Dies betrifft alle Lebensbereiche in denen Verlässlichkeit gefragt ist, sowohl die Ehe, als auch eine Geschäftsvereinbarung.

 Trotzdem gibt es Menschen, die  Vereinbarungen, Versprechungen und Termine ziemlich "locker" sehen, was zugleich ein Hinweis auf den Charakter dieser Person gibt.

 

Psychische Problematik

Unzuverlässigkeit geht zumeist mit entsprechenden Ausreden einher, die zumeist nicht der Realität, sondern der Phantasie entsprechen. Insofern kann pathologische Unzuverlässigkeit auch als Indiz für eine psychische Problematik - sogar für eine schwere Krankheit - gewertet werden. Auffällig ist, dass der Unzuverlässige sich der Unglaubwürdigkeit seiner zumeist unwahren Ausrede oft nicht bewusst ist und sich damit gleich ein zweites mal negativ outet.

 

Selbst auf Laien wirken derartige (notorische) Ausreden wie eine schwere psychische Störung. Der pathologisch Unzuverlässige kann dies selbst jedoch nicht erkennen. Er lebt in einer selbst konstruierten Scheinrealität, die er sich stets neu zusammenbastelt. Oft werden Ausreden immer abstruser und es gibt entsprechende Parallelen zu Pseudologie.

 

Das Peinliche für den Unzuverlässigen ist, dass er auf Grund seiner innerlichen Überzeugung bzw. seines unzuverlässigen Charakters gar nicht bemerkt, dass man seine wahren Intentionen sehr schnell entlarvt. Beispiel sei hier einmal das Beziehungsleben bzw. partnerschaftliches Verhalten. Man erkennt Menschen, die eine Beziehung nicht wirklich ernst nehmen oder Angst vor einer Bindung haben daran, dass sie nur ungern Pläne schmieden, etwas planen und daran, dass sie unzuverlässig, unpünktlich und unverbindlich in ihren Aussagen sind. Alternativ enthalten ihre Aussagen eine teilweise übertrieben starke Verbindlichkeit, die sich jedoch nicht erfüllt. Das Ergebnis ist eine Ausrede.

 

Als Begründung für Unverbindlichkeit (= bewusste Unzuverlässigkeit) wird gerne angeführt, sich nicht festnageln oder nicht einengen lassen zu wollen. Oft steckt dahinter eine tiefe Furcht, verletzt bzw. selbst versetzt zu werden. Wer aber ohne Zögern, Versprechungen macht oder Verabredungen und Vereinbarungen eingeht, ohne diese zu halten, outet sich als Betrüger. In beiden Fällen kommen hinsichtlich der unzuverlässigen Person oder Organisation Zweifel auf. Es manifestiert sich ein Bild, ja ein bleibendes Bild, das zu einem mehr als ungünstigen Image führt, das haften bleibt und man so schnell nicht wieder oder gar nicht mehr los wird. Es ist wichtig, die psychische Problematik dahinter zuerkennen und zu bearbeiten.

 

Falsche Versprechungen und das Unvermögen, einfach mal "Nein" zu sagen

Manchmal basiert Unzuverlässigkeit auf der Hemmung bzw. Angst bzw. dem Unvermögen, einfach mal "Nein" zu sagen, wenn man z.B. um etwas gebeten wird, das man nur schwer oder unsicher oder zeitlich unpräzise bis nicht punktuell vorhersehbar erfüllen kann. Dies hat wiederum viel mit dem eigenen Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl zu tun, ebenso mit der Verdrängung möglicher Realitäten.

 

Wer sehr hilfsbereit ist, wenn er um etwas gebeten wird, nicht "Nein" sagen kann oder wer aus Übermut unüberlegt / unreflektiert falsche Versprechungen macht, die er oder sie nicht hundertprozentig und auch terminlich punktgenau einhalten kann, enttäuscht nicht nur die Erwartungen seines Gegenübers, sondern schadet sich in seiner Wirkung auf andere auch selbst. 

Wissen: Prokrastination / Aufschieberitis

Wissen: Prokrastination / Aufschieberitis

Unzuverlässigkeit steht oftmals in eine Zusammenhang mit Prokrastination, auf Deutsch auch "Aufschieberitis" genannt. Der Begriff stammt vom lateinischen „procrastinare“, was „aufschieben“, „auf Morgen verlegen“ bedeutet. 

 

Prokrastination bezeichnet das Aufschieben von Aufgaben, die eigentlich erledigt werden sollten, auf einen späteren Zeitpunkt, obwohl dieser Zeitpunkt möglicherweise nicht mehr effektiv ist oder sogar zu negativen Folgen führt. 

 

Prokrastination kann in verschiedenen Bereichen des Lebens auftreten, sowohl in der Schule, im Studium, in der Arbeit als auch im privaten Bereich. Prokrastination kann negative Auswirkungen auf verschiedene Bereiche des Lebens haben, darunter das Studium, die Arbeit, soziale Beziehungen und die allgemeine Lebensqualität. 

 

Das Problem ist das ständige und oft gewohnheitsmäßige Aufschieben von Aufgaben. Aufgaben und Pflichten werden von den Betroffenen manchmal regelrecht boykottiert bzw. sabotiert, obwohl die Aufschieber selbst durchaus wissen, dass dies negative Konsequenzen für sie und andere haben kann. Um das Prinzip der Selbstsabotage zu entkräften oder für sich selbst zu entschuldigen, werden anstehende berufliche oder private Pflichten oft durch vorgeschobene - von den eigentlichen Pflichten ablenkende - Ersatztätigkeiten ersetzt und die Aufgaben- und Pflichterfüllung damit "raffiniert" hinausgezögert.

 

Dieses Hinauszögern dauert oft so lange, bis es zu Problemen kommt, sich jemand über das Unterlassen oder die Pflichtverletzung  beschwert und / oder es zu einschneidenden negativen Konsequenzen (Vertrauensverlust, Verlust von Freundschaften, Rücktritt von Verträgen, Kündigung etc.) und Sanktionen kommt. Um sich in derartigen Fällen aus der Problematik und Verantwortung herauszureden, greifen die von Aufschieberitis betroffenen Unzuverlässigen dann oft zu faulen Ausreden und Lügen, wobei es bei pathologischer Unzuverlässigkeit durch Wiederholung und Gewohnheit dann irgendwann auch zum pathologischen Lügen und einem Leben in regelrechten Lügengebilden kommen kann.

 

Das Lügen bezieht sich sowohl auf das Belügen anderer als auch auf das Belügen von sich selbst (Selbstbetrug). Das Lügen erfolgt nicht nur als Ausrede gegenüber Anderen (z.B. Gläubigern), sondern ggf. auch zur Vermeidung kognitiver Dissonanzen bei Konfrontation mit der als unangenehm empfundenen Realität und beim Erkennen der eigenen Schwäche. Beim Lügen kann es zum Zwecke des Selbstschutzes dann auch zur Verdrehung von Tatsachen zur phantastischen Aufrechterhaltung des Wunschbildes kommen, das die negative Seite der eigenen Persönlichkeit zu negieren versucht.

 

Pathologisch unzuverlässige Betroffene sind beim Verdrehen von Tatsachen sowie beim Erfinden von Lügen anderen oder sich selbst gegenüber derart kreativ und geschickt, dass dies oft über viele Jahre hinweg nicht auffällt und zu ihrer eigenen Persönlichkeit wird. Die Betroffenen legen (lügen) sich ihre Welt dann so zurecht, dass ihr Selbstbild und Selbstwert möglichst erhalten bleibt. 

  

Kommen wir von faulen Ausreden und vom Selbst- und Fremdbetrug zurück auf die Selbstsabotage: Selbstsabotage  bedeutet, seine eigenen Ziele bewusst oder unbewusst – zu behindern oder gar zu bekämpfen. Bei Prokrastination erfolgt die Selbstsabotage zumeist unbewusst. Wie auch immer: Wer sich selbst sabotiert, steht damit seinem Erfolg im Weg. Häufig ist das ein Zeichen dafür, dass wir mit unserem Leben unzufrieden sind. Manchmal liegt auch unbewusste Selbstbestrafung vor - und man sollte tiefenpsychologisch herausfinden, warum man sich selbst sabotiert und ggf. bestraft, ggf. mit tiefenpsychologischer Unterstützung. Auch gilt es zu bedenken, dass ein psychisches Störungsbild dahinter stehen kann. 

 

Vom Grunde her ist Prokrastination aber eigentlich keine psychische Störung, zudem keine, die als solche in den gängigen Diagnosesystemen auftaucht. Prokrastination kann aber sowohl die Ursache als auch die Folge einer psychischen Störung sein und ernsthafte behandlungsbedürftige Symptome hervorrufen.

 

Beispiel: Ursächlich für Prokrastination kann z.B. eine bekannte oder unerkannte (tiefgründige) Depression sein, die dafür verantwortlich ist, dass die Sinnhaftigkeit und Motivation fehlt, sich selbst aufzuraffen. Umgekehrt können durch das eigene Verhalten (Aufschieben) wiederum starke Selbstzweifel aufkommen, die durch Misserfolge und/oder Sanktionen, die auf das Unterlassen der Pflichterfüllung zurückzuführen sind, dann noch verstärkt werden - und dann eben zu einer Depression führen können. 

 

Kommen wir auch an dieser Stelle bzw. in diesem Kontext noch einmal auf das Konzept der Selbstsabotage zurück, das später noch in einem separaten Kapitel näher erörtert wird: Wird Selbstsabotage zur Gewohnheit, können daraus Versagensängste entstehen. Betroffene haben dann (ggf. sogar panische) Angst vor Misserfolgen und vermeiden jedes Risiko. Es kommt zum Vermeidungsverhalten und zu inneren Blockaden: Bestenfalls tritt man nur noch auf der Stelle. Nicht selten aber handeln Selbstsaboteure zerstörerisch: Sie bürden sich Aufgaben auf, von denen sie wissen, dass sie damit scheitern – was sie in ihrer gefühlten Minderwertigkeit und Chancenlosigkeit nur bestätigt.

 

Aus solchen neurotischen Verhaltensmustern finden Betroffene ohne fremde und professionelle Hilfe meist kaum heraus. Teils münden sie in einer Depression, die dann von Psychologen oder Therapeuten behandelt werden muss. Doch kommen wir von möglichen Psychosen ganz einfach mal zum Thema Persönlichkeit und Persönlichkeitsmerkmale: Nicht jeder Mensch ist fleißig; nicht jeder Mensch hat Fleiß gelernt und nicht jeder strebt Fleiß an. Folglich ist reine Faulheit natürlich auch ein Aspekt.

 

Doch Aufschieberitis ist mehr als nur Faulheit, sondern vielmehr eine mentale Geisteshaltung und eine komplexe Verhaltensweise, die mit verschiedenen Faktoren wie Angst vor Versagen, fehlender Selbstkontrolle und negativen Gefühlen zusammenhängt. Entscheidungsschwäche kann für Aufschieberitis ebenso verantwortlich sein. Wenn ich nicht weiß, womit ich beginnen soll, mich nicht entscheiden kann, Prioritäten zu setzen - z.B. weil ich den denke, dass eigentlich alles gleichzeitig wichtig ist, fühle ich mich von der Vielfalt der Aufgaben und Pflichten regelrecht erschlagen und bin dann völlig überfordert.

 

Womit soll man beginnen? Was ist relevanter und wichtiger? Wie schwierig fällt mir diese Entscheidung? 

Vielleicht fühle ich mich regelrecht blockiert, vielleicht habe ich Angst, eine entsprechende Entscheidung zu treffen, weil diese falsch sein könnte. Entscheidungsfindung bezieht sich aber nicht nur auf wichtige Dinge. Bereits nach dem morgendlichen Aufstehen treffen wir Entscheidungen: Gleich duschen oder doch lieber zunächst einen Kaffee trinken? Müsli oder Brot zum Frühstück? Entscheidungsfindung beginnt bereits mit Entscheidungen in Bezug auf kleine Vorhaben wie die genannten. Wie steht es dann erst um existentielle Entscheidungen? Kündige ich den Job oder nicht? Trenne ich mich von meinem Partner oder meiner Partnerin oder nicht?

 

Die rund 20.000 Entscheidungen, die wir täglich treffen müssen, können einen manchmal regelrecht überfordern – insbesondere dann, wenn unser Kopf voller Gedanken über ungelöste Probleme ist. Entscheidungen zu treffen, ist manchmal gar nicht so einfach angesichts der Vielzahl von Möglichkeiten, die überwältigend erscheinen kann. Neben einer Informationsüberflutung können weitere Faktoren Ursachen für Entscheidungsschwierigkeiten sein:

 

- Unübersichtliche Optionen

- Entscheidungsmüdigkeit

- Fehlender Mut infolge von mangelndem Selbstbewusstsein

- Negative Erfahrungen aus der Vergangenheit und die Angst, den gleichen Fehler zu wiederholen

- Unklarheit über das Risiko und die Konsequenzen einer Entscheidung 

- Die Angst vor negativen Reaktionen im sozialen Umfeld

- Inneren Konflikte

 

Hinzu kommt, dass wir oft glauben, dass irgendwo noch etwas Besseres auf uns wartet. Ähnlich wie ein Kind stehen wir dann vor einem Regal mit Spielwaren und sollen uns für nur eine Sache entscheiden – und damit auf alles andere verzichten. Dazu schrieb der US-Psychologe Barry Schwartz 2005 in seiner „Anleitung zur Unzufriedenheit“ (im Original: „The Paradox of Choice“): „Das Geheimnis des Glücks ist, sich mit etwas zufriedenzugeben, das gut genug ist und sich nicht um die Möglichkeit zu sorgen, dass es etwas Besseres geben könnte“.

 

Noch fataler als eine falsche Entscheidung kann es allerdings sein, gar keine Entscheidung zu treffen. Dazu sei Benjamin Franklin zitiert: „Die schlimmste Entscheidung ist die Unentschlossenheit.“ Denn können wir uns nicht festlegen, führt das nicht nur zu Grübeleien und mentaler Belastung, sondern kann weitere negative Konsequenzen haben. Unentschlossenheit führt letztendlich zu Stillstand. 

 

 

Einer der generellen Hauptgründe für Aufschieben, Hinauszögern oder Unterlassen ist Antriebslosigkeit und /oder eine mangelnde Motivation - ggf. in Verbindung mit dem Setzen anderer (falscher / vorgeschobener) Prioritäten. Prokrastination kann aber auch tiefere Ursachen haben, die man individuell ebenso erforschen sollte wie generelle individuelle Ansichten, Einstellungen, Gewohnheiten und Glaubenssätze, die im Leben - ggf. bereits schon im Elternhaus - gelernt bzw. sozialisiert wurden. Denn Prokrastination kann im negativen Sinne regelrecht erlernt bzw. sozialisiert werden bzw. worden sein.

 

Dies beginnt in solchen Fällen zumeist im Elternhaus: Z.B. wenn Eltern ihren Kindern ständig Aufgaben und Verantwortungen abnehmen, ihnen Disziplin und Zuverlässigkeit nicht beibringen, negative Folgen und Sanktionen bei Unterlassen von Pflichten ausbleiben und Eltern ihre Kinder gegen Sanktionen von außen ständig in Schutz nehmen. Dadurch lernen Kinder früh, nicht selbst Verantwortung für sich und ihr Tun übernehmen zu müssen. Hier kommt das Thema Verantwortungsbewusstsein und Lernen von Eigenverantwortung und Verantwortung gegenüber anderen hinzu.   

 

Verantwortung und Zuverlässigkeit lernt ein Kind nur, wenn es die Notwendigkeit von Verantwortung bzw. Verantwortlichkeit sowie von entsprechender Pflichterfüllung und Zuverlässigkeit lernt. Dies nicht nur im Sinne von Lernen durch Erklärung oder Sanktionen, sondern auch durch Abschauen von den Eltern. In eher wohlbetuchten Elternhäusern werden ernsthafte Konsequenzen bei Unterlassen von Aufgaben und Pflichten weniger deutlich, weil die Eltern dies eher überspielen und oder entsprechende Konsequenzen hinnehmen können, was das Kind sich abschaut - und lernt, dass die Konsequenzen, sofern sie überhaupt sichtbar werden oder thematisiert werden, keine Gefahr darstellen und daher - eventuell zwar unschön aber - nicht wirklich ernst zu nehmen sind.

 

Gleiches gilt auch für Kinder, die bei externen Übertretungen von den Eltern immer wieder aufgefangen und gegenüber der Außenwelt (Gläubiger, Geschädigte, Lehrer, Polizei etc.) entschuldigt werden. Dieses Lernen von Gefahrenlosigkeit durch Auffangen (Rettung) erfolgt gleichfalls bezüglich des Umgangs mit Geld. Wer zuhause immer wieder finanziell aufgefangen wird, kann nicht lernen, zu sparen, da er letztendlich ja gar nicht sparen muss. Schließlich springt in der Not immer wieder jemand zur Seite. Dieses Prinzip überträgt sich dann auf andere Bereiche, in denen zuverlässiges eigenverantwortliches Handeln gefragt ist. Letztendlich fehlt in solchen Fällen vom Grunde her eine echte intrinsische Motivation zur Pflichterfüllung und Zuverlässigkeit.

 

Mangelnde Selbstmotivation kann davon unabhängig aber auch einen Bezug zu der jeweils konkreten individuellen Pflicht bzw. Aufgabe haben, die einem einfach nicht liegt oder die einem schlichtweg nicht gefällt und eher als notwendiges Übel erachtet wird. In solchen Fällen hilft es, sich künstlich zu motivieren. Auch dies kann - und sollte möglichst früh - gelernt werden. Schließlich ist das Leben kein reines Zuckerschlecken - und es gibt immer und überall bestimmte Dinge und Tätigkeiten, die einem erst mal nicht liegen oder keinen Spaß machen.

 

In den vorgenannten sozialisierten Fällen wird dies natürlich eher schwierig. Oft führt dann erst die eintretende Not dazu, hier einsichtig zu werden und letztendlich umlernen zu müssen. Denn zum Umlernen und Neulernen bedarf es Einsicht und Einsichtsfähigkeit.

 

Wie auch immer: Handeln bedarf Motivation und entsprechender Motive. Zudem beginnt ein produktives Leben, basierend auf aktivem und zuverlässigen Handeln mit der richtigen mentalen Einstellung und entsprechenden Vorbildern. Wer Aufschieberitis besiegen will, muss auf jeden Fall an seiner Motivation bzw. an seiner Motivationslosigkeit arbeiten.

 

Die Ursachen von Prokrastination sind jedoch noch viel vielfältiger. Sie können sogar komplett gegensätzlich sein, was z.B. dann ungünstig gelernt wird, wenn es früher im Elternhaus oder in der Schule zu viel Druck oder zu wenig Anerkennung gab: Z.B. Angst vor Versagen, Perfektionismus. Dies kann hemmend wirken. Warum soll ich eine Aufgabe anfangen, wenn ich davon ausgehe, dass ich sie nicht so schaffe, dass sie mir selbst und anderen genügen wird. Hier geht es folglich auch um persönliches Anspruchsdenken, vielleicht aber auch um ein falsches Fremdbild und um Projektionen z.B. um unterstellte Erwartungen, die andere so aber gar nicht haben.

 

Hier muss gelernt werden, dass die Erfüllung der Aufgabe / Pflicht letztendlich wichtiger ist als die Qualität der Erledigung. Folglich müssen realistische wie überschaubare Ziele gesteckt werden - und keine, bei denen ich entweder den Überblick verliere oder von vorne herein davon ausgehe, dass sie mir und anderen nicht genügen.   

 

Auch falsche Prioritätensetzung und eine schlechte Zeiteinteilung können ursächlich zu Aufschieberitis beitragen. Wer Aufschieberitis besiegen will, muss also auch an seinem Fokus, seiner Selbstdisziplin und seinem Zeit- und Terminmanagement sowie an der Strukturierung der eigenen Planung arbeiten.

 

Auch geht es hier um Lernen. Dies bezieht sich nicht nur auf Lernen als Aufgabe (z.B. bei Schülern und Studenten), sondern auch auf das Lernen neuer optimierter Verhaltensweisen in Bezug auf die Behebung der Problematik. Viele Betroffene haben nie gelernt zu lernen. Sie wissen nicht, wie das geht, sich hinzusetzen, ihre Aufgaben und Arbeit sinnvoll und logisch zu strukturieren und Schritt für Schritt  abzuarbeiten.

 

Auch ist es in Bezug auf die eigene Persönlichkeit und das Lernen von Aufgabenerledigung wichtig, seinen eigenen Lern-Typ zu kennen und zu wissen, welche Reize konkret vorliegen - im Positiven (motivierende Reize) wie im Negativen (demotivierende Reize / aversive Trigger).  

 

Konzentrationsschwierigkeiten, mentale, psychische und physische Überforderung kann auch eine Ursache für Aufschieben sein. Bei ständigem Aufschieben sollte man auch dieser Problematik auf den Grund gehen. Allein ist dies sehr schwierig. Während  gezielte psychologische Unterstützung zu einer Denk- und Verhaltensänderung führt, hilft ein begleitendes Coaching bei der Umsetzung und Einhaltung des gelernten.

 

Zur psychologischen Unterstützung: Handeln bzw. Verhalten basiert auf Denken - und Denken auf Einstellungen und Denkmustern. Beides ist wichtig. Zum Coaching: Ein Coaching hilft ergänzend zur Überwachung und Einhaltung der Disziplin.

 

Die psychologischen Methoden zur Bearbeitung von Aufschieberitis und entsprechender Unzuverlässigkeit sollten auf den jeweiligen Persönlichkeitstyp und Lerntyp eingestellt sein. Bei der Bearbeitung der Problematik sollten Tiefenpsychologie (möglichst auch Hypnotherapie) mit Verhaltenspsychologie Hand in Hand einhergehen. Denn Verhalten bzw. Unterlassen basiert auf Denken und Motivation - und Verhalten bedarf Selbstmanagement-Strategien, Struktur, Zeitmanagement, Prioritätensetzung und Verhaltensänderung. Manchmal sollten Stressmanagement und Konzentrationsübungen hinzukommen.

 

Auch geht es um Routine-Building, um neue positive Gewohnheiten zu entwickeln. Wichtig ist die Erkennung  individueller Prokrastinations-Muster und eine regelmäßige und möglichst tägliche Reflektion und Fortschrittskontrolle.

 

Stets ist es wichtig, große Ziele und Aufgaben in überschaubare Schritte zu unterteilen, realistische Prioritäten zu setzen und eine unangenehme Überforderung zu vermeiden. Positive Verstärkung und gezielte Affirmationen sind ebenso unabdinglich.

Komplexere Fälle brauchen eine Tiefenanalyse. Ein unterstützendes Selbstdisziplin-Training gepaart mit einem provokativem Feedback-Coaching kann auch helfen. 

 

Das Erlernen und Nutzen geeigneter Strategien und Techniken ist sehr wichtig. Es gibt verschiedene Strategien und Techniken, um Prokrastination zu überwinden. Dazu gehört unter anderem das Zerlegen von Aufgaben in kleinere Einzelaufgaben und Schritte: Dies macht die Aufgabe weniger einschüchternd und leichter umsetzbar.  

Vorgehen, Strategien, Techniken und Tipps gegen Prokrastination / Aufschieberitis

Um sich aufzuraffen und Dinge zu erledigen, ist es hilfreich, Aufgaben zu strukturieren, Ablenkungen zu minimieren und Belohnungen einzuplanen. Wichtig ist das Stecken von Zielen.

 

Diese Ziele sollten nicht zu groß und weit entfernt - und dadurch unüberschaubar - sein. Unüberschaubare wie auch unrealistische Ziele, die einen geradewegs zum Aufschieben verleiten könnten, sollten vermieden werden. Besser ist das Festlegen von realitätsnahen Zielen,

 

Zu den Strategien gehört auch die Verbesserung der Zeitmanagement-Fähigkeiten und des Zeitmanagements man sich. Überschaubare To Do-Listen sind hier ebenso sinnvoll wie die Pomodoro-Technik

 

Zu den Strategien gehört auch das Erkennen von Angst vor Versagen, Perfektionismus und andere negativen Emotionen, um diese zu stoppen und zu bewältigen.  Das Holen von externer Unterstützung ist besonders wichtig.

Vorgehen

 

01    Ursachen erkennen und bearbeiten 
02    Reize erkennen und steuern

03    Lern-Typ erkennen

04    Selbststeuerung / Mentale Selbstkontrolle lernen
         (Autogenes Training, Atemübungen etc.)
05    Positive Affirmationen entwickeln / nutzen / mental anwenden

06    Stressmanagement lernen (PMR / Atemübungen etc.)

07a  Motivation finden / erhöhen

07b  Motivation steuern, kontrollieren, aufrechterhalten

08    Techniken lernen, verinnerlichen und umsetzen (Psychologie)

09    Techniken überwachen  (Coaching mit Kontrolle und Motivierung)

10    Erfolgsbeobachtung

Techniken / Tipps (zu 7/8):

 

01   Ziele setzen und in Teilziele zerlegen

02   Aufgaben setzen und in überschaubare Teilaufgaben unterteilen

03   Konkreten Sinn und Nutzen der Aufgabe erkennen

04   Teilaufgaben in kleinere Arbeitsschritte unterteilen

05   Führen einer geeigneten To Do-Liste

06   Aufgaben (To Do) priorisieren / Aufgaben nach Dringlichkeit
        und Wichtigkeit sortieren (z.B. Eisenhower-Matrix)

07   Arbeitsintervalle mit Pausen festlegen

08   Klare zeitliche Deadlines setzen

09   Selbstsanktionen planen und umsetzen  bei Überschreitung der Deadline

10   Selbst-Belohnen nach dem Erledigen von Aufgaben

11   Sonstige Selbstmotivationstechniken anwenden

12   Fokus erhöhen / Konzentration fördern / Konzentrationsübungen

13   (Willkommene) Ablenkungen erkennen, bewusst machen und einschränken

14   Das Arbeitsumfeld wählen / ändern / anpassen

15   Den Arbeitsplatz an sich optimieren

16   Feste Gewohnheiten schaffen /  Feste Zeiten für bestimmte Aufgaben

17   Pausen / Aus-Zeiten bewusst gestalten 

18   Körperliche Aktivität einbauen

18   Die Drei-Minuten-Regel: Mit einer Aufgabe in nur drei Minuten beginnen. Denn oftmals ist der Anfang das Schwierigste

Bearbeitung von Selbstsabotage

Im Kontext zur Prokrastination und zur Unzuverlässigkeit haben wir zuvor die Möglichkeit der Selbstsabotage erörtert. Sofern diese vorliegt, bedarf es der Bearbeitung weiterer Aspekte. Das Wichtigste ist hier erst mal entsprechendes Wissen.

 

Die Gründe, warum sich manche Menschen selbst sabotieren, boykottieren und blockieren, können unterschiedlich sein. Die häufigsten Selbstsabotage Ursachen, die durchgespielt und hinterfragt werden sollten, sind:

 

-  Starke Selbstzweifel

-  Geringes Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl

-  Unsicherheit und Ängste

-  Bindungsangst

-  Verlustangst

-  Versagensangst

-  Angst vor Ablehnung

-  Negatives Selbstbild

-  Überhöhte Ansprüche bis zum Perfektionismus

-  Unrealistische Erwartungen

-  Negative Glaubenssätze (z.B. „Ich schaffe das
                                                                                                                                      sowieso nicht“, „Ich bin nicht gut genug“)

 

Aus den genannten Faktoren entsteht oft ein sich selbst verstärkender Teufelskreis: Aus dem mangelnden Selbstwertgefühl wird ein negatives Selbstbild. Um das zu bestätigen, manipulieren sich Betroffene und provozieren so das eigene Versagen. Die Selbstbehinderung (auch: Selbstmanipulation) führt in das eigene Scheitern.

 

Bei der Selbstsabotage handelt es sich um ein erlerntes Verhalten. Dieses kann man aber wieder verlernen bzw. entsprechend umlernen - und durch neue und zielführende Gewohnheiten ersetzen.

 

Selbstsabotage kann manchmal auch auf ungelöste Kindheitserfahrungen und -probleme zurückgeführt werden. Manchmal sind aber auch nur übersteigerte Erwartungen an sich selbst ursächlich. Wir wären gerne gerne Helden, werden dann aber mit den eigenen Schwächen und gelegentlichem Versagen konfrontiert. Statt Held zu sein, trifft man auf den "Normalo" in sich, was Selbstzweifel nähren kann. Je länger Selbstweifel andauern, desto negativer wird das Selbstbild. Es entsteht eine Abwärtsspirale aus Selbstkritik und selbsterfüllenden Prophezeiungen.

 

Wie erkennt man Selbstsabotage?

Wer unter Selbstsabotage leidet und seinem Gelingen ständig entgegen arbeitet, kann dies leicht an „selbstschädigendem Verhalten“ erkennen. Dahinter kann stecken:

 

-  Fehlender Glaube an sich selbst

-  Zweifel an den eigenen Fähigkeiten

-  Übermäßige und unbegründete Selbstkritik

-  Die Überzeugung, es nicht verdient zu haben

-  Perfektionismus als Ausrede

-  Häufiges Aufschieben von Entscheidungen oder Aufgaben

-  Nicht Nein sagen können

-  Eigene Bedürfnisse ignorieren

-  Eigene Schwächen betonen

-  Auf vergangene Misserfolge fokussieren

-  Wohlwollenden Mentoren oder Ratgebern misstrauen

-  Sabotage hilfreicher Beziehungen

 

Selbstsabotage beginnt oft damit, dass wir in einer Situation verharren, in der wir längst unglücklich sind. Die Unzufriedenheit spüren wir immer deutlicher – tun aber nichts dagegen. Beispiele:

 

-  Der Job macht uns spürbar krank. Einen Jobwechsel planen wir aber nicht.

-  Die Beziehung hat keine Basis mehr. Trotzdem führen wir sie weiter.

-  Das Studium entspricht überhaupt nicht unseren Neigungen und Talenten. Aber wir ziehen es durch.

-  Der Ort, an dem wir leben, beengt uns. Die Weite und Ferne suchen wir aber nicht.

-  Wir hätten gerne eine Bikini-Figur. Mehr Sport und Diäten scheuen wir aber

 

Selbstsaboteure durchkreuzen oder vereiteln jede mögliche Lösung solange, bis sie wirklich scheitern, was dann wiederum als Bestätigung empfunden wird und dann fast wie ein Erfolgserlebnis nach dem Moto „War doch klar, oder?! Mir gelingt nie was!“ wirkt. Viele Selbstsaboteure malen sich aus, was theoretisch alles Furchtbares passieren könnte -  und gehen vorauseilend in eine Art Schutz- und Schonhaltung. Selbst gut ausgebildete Menschen trauen sich dann nicht, eine neue berufliche Herausforderung anzugehen, weil sie Angst haben, es könnte schief gehen.

 

Hier gilt es, sich mit unseren Gedanken zu befassen und mit dem, was wir manchmal intuitiv sagen: Schließlich sind 

unsere Worte und Gedanken die stärksten Waffen der Selbstsabotage. Hier geht es darum, was wir denken und was wir sagen - auch wie wir etwas sagen - und es ist wichtig, unsere Gedanken und Aussagen entsprechend umzuprogrammieren. 

 

Je nachdem, wie wir Glaubenssätze und Affirmationen nutzen, können uns diese den Weg ebnen oder unsere Ziele vereiteln. Insbesondere negative Glaubenssätze, wie: "Ich kann das nicht" oder "So etwas liegt mir nicht" können zu Stolperfallen werden.

 

Selbstsabotage steht auch in einem Kontext mit Methatesiophobie, der Angst vor dem Erfolg. Dahinter steckt folgender Mechanismus: Wer Erfolg hat, wird beklatscht und beachtet und steigt auf. Zugleich setzt Erfolg uns aber unter Druck: Mit jedem Triumph steigen die Ansprüche an sich und von außen. Je höher einer aufsteigt, desto tiefer kann er fallen. 

 
Zu den häufigsten selbstsabotierenden Verhaltensmustern gehören zum Beispiel häufiges Grübeln und Aufschieben von Entscheidungen, Perfektionismus und Ausreden erfinden, die Unfähigkeit Prioritäten zu setzen, Zweifel oder Negativaussagen über sich selbst. Machen Sie den Test! Was davon trifft auf Sie zu?

 

(   )  Ich setze mir oft sehr hohe Ziele

(   )  Wenn ich etwas mache – dann gebe ich 120 Prozent

(   )  Ich bin noch nicht bereit und muss erst mehr lernen

(   )  Ich schiebe lästige Aufgaben gerne vor mir her

(   )  Meine eigenen Bedürfnisse sind nicht so wichtig

(   )  Ich kann schlecht Nein sagen

(   )  Ich verurteile mich hart, wenn ich mal wieder versage

(   )  Es fällt mir schwer, durch- und Disziplin zu halten

(   )  Geht etwas schief, suche ich die Schuld gerne bei anderen

(   )  Ich glaube nicht, dass aus mir noch was Großes wird

(   )  Wichtige Entscheidungen treffe ich nur schwer

(   )  Veränderungen gegenüber bin ich meist skeptisch

(   )  Ich habe Angst davor, Risiken einzugehen

(   )  Ich gehe gerne hohe Risiken ein

(   )  In Beziehungen erlebe ich immer wieder dieselben Konflikte.

(   )  Meinen Alltag kann ich nur schwer strukturieren

 

Wie kann ich meine Selbstsabotage überwinden?

Selbstsabotage betrifft häufig Menschen, die es besser wissen müssten: die Selbstreflektierten, die stetig an sich arbeiten, die sensiblen Kreativen, die Empathischen und emotional Intelligenten. Weil sie sich und ihre Umwelt so bewusst wahrnehmen, gehen sie mit sich und ihren Defiziten besonders hart und ins Gericht – strenger als jeder andere. Das kleine Malheur wird zum Super-GAU, zum peinlichen Desaster, das ihnen selbst noch zwei schlaflose Nächte beschert, obwohl es längst keinen mehr schert. Wie Sie diese Selbstsabotage beenden? In drei einfachen Schritten…

 

1. Selbsterkenntnis gewinnen

Der erste Schritt ist Selbsterkenntnis. Wer seinen inneren Schweinehund und negativen Einflüsterer kennt, geht diesem seltener auf den Leim. Das Motto: Gefahr erkannt – Gefahr gebannt! 

 

2. Selbstvertrauen stärken

Sich bewusst machen: Ängste und Ungewissheiten gehören zum Leben dazu. Sie sind sogar ein gutes Zeichen – dafür, dass man sich weiterentwickelt, Neues wagt oder ausprobiert. Und das ist Stärke. Wer wagt, kann verlieren; wer nichts wagt, hat schon verloren. Wichtig ist, an sich und seine Ziele zu glauben und sein Selbstvertrauen zu stärken. Dies auch, indem man sich auf Stärken und bisherige Erfolge und nicht auf Schwächen und Niederlagen fokussiert.

 

3. Erfolge aufschreiben

Es gilt, sich mehr auf eigene Erfolge – und weniger auf die Defizite zu fokussieren und täglich ein Erfolgstagebuch zu schreiben, in dem man alle Errungenschaften und Erfolgsgeschichten festhält - auch die ganz kleinen.

 

4. Vergleiche stoppen

Aufhören, sich mit anderen zu vergleichen. Vergleiche sind ein sicherer Weg zu Frustration und Demotivation. Es gibt immer Menschen, die besser sind oder mehr Erfolg haben. Das macht einen aber nicht weniger wertvoll.

 

5. Selbstvergebung üben

Um das Selbstvertrauen zu stärken, muss man sich eigene Fehler und Schwächen vergeben und sich bewusst machen, dass niemand perfekt ist. Mit der Alles-Oder-Nichts-Attitüde hemmt man sich selbst. Wichtig ist auch, sich viel mehr an Erreichtem zu erfreuen.

 

6. Erwartungen senken

Wer permanent zu hohe Erwartungen an sich stellt, sabotiert sein Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl. Man sollte sich erlauben, auch mit 80 Prozent zufrieden zu sein, nicht nur mit dem Maximum oder Optimum. Je realistischer und sachlicher man die Dinge anpackt, desto mehr werden sie auch gelingen und spürbar.

 

7. Teilschritte machen

Kleine Schritte sind besser als keine Schritte. Es gilt, Meilensteine oder Teilschritte zu definieren und sich über jeden kleinen Fortschritt zu freuen. Wichtig ist, dass kleine Erfolgserlebnisse bewusst werden und spürbar sind.

Hilfe bei Entscheidungsschwierigkeiten

-  Die Auswahl durch Fragen begrenzen
    („Möchte ich gesund oder ungesund essen?“)

 

-  Gründliche Recherche und
   anschließende Pro- und Contra-Liste

 

-  Die eigene Stimmung und den Charaktertyp bedenken:        Wer z.B. risikoscheu ist, sollte sich gut überlegen,
    wie viel seines Vermögens er oder sie in Aktien anlegt.

 

-  Sich von Perfektion verabschieden: Keine Wahl hat
    ausschließlich Vorteile und keine ist risikofrei.

 

-   Sich Faktoren konzentrieren, die einem besonders
     wichtig sind.

-  Auf das eigene Bauchgefühl hören

 

-  Eine Frist setzen / Entscheidungstermin festlegen