Die Macht des sozialen Einflusses, der Einfluss von Autoritäten und Medien und das damit verbundene Phänomen der pluralistischen Ignoranz
Fragen zum Thema:
Warum folgen die meisten Menschen - bis auf Ausnahmen - stets einer Linie? Warum beobachten wir zumeist unbewusst andere - leiten daraus Handlungsoptionen ab und passen uns an den Mainstream an?
Warum denken und verhalten wir uns bei Anwesenheit anderer anders? Warum wirkt allein die reine Vorstellung der Anwesenheit anderer auf unser Denken und Verhalten?
Warum ändern Menschen so schnell ihre Meinung? Warum sagen Menschen oft etwas anderes als sie eigentlich denken? Warum passen Menschen im Angesicht anderer ihre Einstellung an? Warum übernehmen wir die Ansichten anderer, obwohl diese nachweislich falsch und sogar gefährlich sind? Warum trauen wir uns nicht zu sagen, dass "der Kaiser in Wirklichkeit nackt ist", bejubeln aber dennoch dessen angeblich "schöne Gewandung"? Was ist Pluralistische Ignoranz?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich der Bereich Social Cognition in der Sozialpsychologie, die eine deutliche Schnittstelle zur Wahrnehmungs- und Verhaltenspsychologie darstellt. Hier geht es
um den sozialen Einfluss und die mentale Abhängigkeit von anderen. Bei Fischen kennen wir das sogenannte "Schwarmverhalten". Das Denken, das dies bewirkt stellt "soziale Kognition" dar. Auch
spricht man umgangssprachlich von sogenannter Schwarm-Intelligenz. Doch es geht hier vielmehr um Schwarm-Denken.
Sozialer Einfluss - Grundlagen
Die Persönlichkeit eines Menschen beinhaltet Wahrnehmung, Denken und Verhalten einer Person. Sie
resultiert aus drei Komponenten: a) unseren Anlagen (z.B. Gehirn und Intelligenz), b) der Umwelt (Familie, Freunde, Nachbarn, Schule, Aus-Bildung, Medien etc.) und c) dem, was man letztendlich
selbst aus eigenem Antrieb daraus macht. Doch auch unser eigener Antrieb wird (ohne Hinterfragung und Vermeidung multimedialen Konsums) letztendlich wiederum fremdbestimmt.
Gehirn, Geist und Psyche spielen - ebenso wie Intelligenz und Sozialkompetenz - zwar eine ganz wesentliche Rolle, aber noch relevanter ist letztendlich der soziale Einfluss, der von außen über unser Umfeld (Eltern, Erziehung, Schule, Ausbildung, Freunde, Bekannte oder nur mutmaßlich angenommene mögliche "andere" (bewusst oder unbewusst) unmittelbar direkt oder lediglich unterschwellig auf uns einwirkt, ob wir dies nun wollen, oder nicht.
Eine ganz besondere und sehr entscheidende Rolle in Bezug auf den Einfluss von außen spielen die Medien, die unser Denken und unsere Einstellungen sowie über unser Verhalten und unsere Entscheidungen letztendlich maßgeblich mitbestimmen, ob uns das nun lieb ist, oder nicht.
Sozialer Einfluss - Hintergrund
Unser Denken, Fühlen und Verhalten sowie unsere Meinungs- und Urteilsfindung wird durch externe Faktoren (passiv wie aktiv) massiv beeinflusst (Sozialer Einfluss). Dazu zählt allein die tatsächliche, vorgestellte oder implizite Anwesenheit anderer. Die tatsächliche, vorgestellte oder implizite Anwesenheit von Autoritäten verstärkt diesen Effekt weiter (siehe Milgram-Experiment von 1963) . Oft erfolgt diese Beeinflussung von außen sehr subtil (Subtile Einflussnahme), zum Beispiel durch bestimmte Konventionen, soziale Erwartungen, den kulturellen Kontext etc., aber auch gezielt - zum Beispiel über bewusste direkte Überzeugungsversuche oder mittels - den Rezipienten zumeist völlig unbewussten - gezielten Beeinflussungsstrategien und bestimmte Argumentationstechniken.
Wie ändert sich Verhalten
durch die tatsächliche oder lediglich vorgestellte Anwesenheit anderer?
Nach den Erkenntnissen der "Psychologie der Massen" führen große Gruppen dazu, dass die individuelle Identität in der Menge oder Gruppe untergeht - und an Stelle der individuellen Persönlichkeit die Gruppenidentität dominiert. Diese Deindividuierung stellt - ausgelöst durch Uniformierung, Anonymität und Menschenmengen - Gruppennormen in den Vordergrund und reduziert das, was die individuelle Persönlichkeit ausmacht. Diesbezüglich spricht man von Deindividuierung.
Deindividuierung
Was passiert? Persönliche Standards in Bezug auf Beobachtung, Wahrnehmung, Denken, Meinungen, Urteilsbildung, Entscheidungsfindung und Verhalten werden zu Gunsten der Einhaltung bzw. Erfüllung
von Gruppennormen automatisch herunter gestuft oder gehen ganz unter.
Deindividuierung führt zugleich zu einer reduzierten Selbstaufmerksamkeit, wobei die Konsequenzen aus persönlichem Verhalten weniger oder gar nicht mehr bedacht werden. Deindividuierung hat dadurch negative Auswirkungen auf das Verhalten und ist nach Le Bon (1895), der sich als erster mit der "Psychologie der Massen" beschäftigte, verantwortlich für Aufruhr, Panik und Hysterie.
Beispiele für die negativen Auswirkungen liefert z.B. das "Stanford-Prison-Experiment" und das Verhalten von Fußball-Hooligans. Zur Deindividuierung muss jedoch gesagt werden, dass diese jedoch unter bestimmten Bedingungen auch positive Effekte haben kann:
Sofern nämlich eine Gruppe über positive Normen verfügt, werden diese positiven Gruppen-Normen verstärkt, wodurch auch das Verhalten des Einzelnen positiver wird. Parallel zu Le Bon spricht Norman Triplett (1898) z.B. der Gruppe einen positiven Einfluss auf das Individuum zu. Dieser positive Einfluss kann sich u.a. in Interaktion, Kommunikation und Leistungssteigerung zeigen.
Konformismus
Konformismus, auch als Konformität bekannt, beschreibt die Anpassung eines Individuums an eine Gruppe mit vorgegebenen Normen, wobei die besagte Anpassung dem Wunsch nach Zugehörigkeit entspringt, aber auch der Angst vor Verantwortung. Konformismus bedeutet die Übereinstimmung einer Person mit den gesellschaftlichen, inhaltlichen oder ethischen Vorgaben. In einem größeren Rahmen, der nicht nur eine Person betrifft, wird bei Konformismus dann von Kollektivismus gesprochen. Wenn nicht nur ein einzelnes Individuum, sondern große Gesellschaftsgruppen konformistisch agieren, nennt sich das Kollektivismus.
Konformismus in der Sozialpsychologie
Konformistisches Verhalten wurde erstmals Anfang des 20. Jahrhunderts von Walther Moede beschrieben. Moede beobachtete bei einer Schulklasse, dass sich die Schüler gegenseitig beeinflussten und sich so die Leistungen anglichen. Während Schüler mit sehr gutem Leistungsniveau absanken, stiegen die Schüler mit einem schlechteren Leistungsdurchschnitt auf. Dieser Effekt beruht auf zwei Einflüssen.
Der erste ist der informative Einfluss. Hierbei kommt es zu einer Anpassung, da eine Person der Gruppe als Informationsquelle dient, die Wissen und Sicherheit vermittelt, an der sich unsichere Gruppenmitglieder orientieren. Deshalb heben leistungsstarke Schüler die Leistung der anderen. Ist keine Person vorhanden, die weiß, was zu tun ist, dann kommt es zu keiner Handlung.
Dieses Verhalten wird als pluralistische Ignoranz bezeichnet. Oft ist das zu beobachten, sobald mehrere Zeugen eines Notfalles keine Hilfe leisten. Jeder Anwesende fragt sich, warum er helfen soll, wenn das auch andere können.
Der zweite Einfluss ist der normative Einfluss. Dieser ist dafür verantwortlich, dass eine Person nicht durch abweichendes, Verhalten außerhalb der Norm auffällt, was in einer Schulklasse z.B. bedeutet, dass die leistungsstarken Schüler sich dem Standard der Leistungsschwächeren anpassen.
Hinzu kommt die Social-Impact-Theory des Psychologen Latané (1981), der den normativen Einfluss um drei Variablen ergänzt, die den Gruppenzwang beeinflussen. Eine Variable ist die Gruppengröße. Bis vier Personen ist der Zwang nach Konformismus sehr stark, steigt dann bis zu sieben Personen nur noch leicht an, bevor er auf dieser Niveauhöhe stagniert.
Einen entscheidenden Einfluss hat auch die Wichtigkeit der Gruppe für das Individuum, die aussagt, wie groß der Wunsch nach Zugehörigkeit ist.
Die letzte Variable ist das Normengedächtnis. Je länger oder räumlich weiter die Gruppe entfernt ist, desto mehr sinkt das konformistische Verhalten der Person. Verliert sich der Kontakt zu einer Gruppe zum Beispiel durch einen Wegzug, dann wird die Person sich nach anderen Normen richten, während gruppenspezifische Normen in den Hintergrund treten. Kommt es zum erneuten Aufeinandertreffen mit der früheren Gruppe, dann ist oftmals eine nochmalige Anpassung zu beobachten.
Bekanntes Experiment in Sachen Konformismus sind das Stanford-Prison-Experiment und das Milgram-Experiment. Beim Stanford-Prison-Experiment wurden per Los aus der Versuchsgruppe Gefängniswächter und Gefangene ausgewählt. Während des Versuchs kam es zu einer Anpassung der Wärter im Verhalten und in der Gruppe der Gefangenen. Der informative Einfluss bestand aus der Beobachtung der Verhaltensmuster von Gruppenmitgliedern und der normative Einfluss stammte aus den (erwarteten) Konsequenzen bei Regelverstößen.
Das zweite genannte Experiment untersuchte den Einfluss von Autoritäten. Dabei wurden Anweisungen von Laien und Autoritätspersonen gegeben. Der informative Einfluss wurde dadurch aufgezeigt, dass Befehle von Laien durch die Testpersonen nicht so gehorsam ausgeführt wurden wie bei Autoritätspersonen. Hierbei kam es zu einem konformistischen Gruppenverhalten. Unter den Probanden waren auch Eingeweihte. Stellten diese die Anweisung der Autoritätsperson in Frage, sank der Gehorsam der Testpersonen, was den normativen, also psychosozialen, Einfluss belegt.
Eine weitere Theorie ist die Generelle Konformitätstheorie von Rüdiger Peuckert, der zwischen Anpassungs- und Einstellungskonformität unterscheidet. Anpassungskonformität beschreibt das Verhalten, dass die Person zeigt. Hierbei kann es sich um Gruppenrituale, Traditionen oder das Befolgen von Gesetzen sein.
Die Einstellungskonformität umfasst Denkmuster, wie sie bei Religionen, Moralvorstellungen oder lokaler Mentalität zu beobachten ist. So herrscht in Deutschland eine andere Mentalität wie beispielsweise in Spanien. Hauptannahme der Theorie ist, dass eine Person sich dann konformistisch verhält bzw. denkt, wenn der erwartete Gewinn größer ist, als es bei einem non-konformistischen Verhalten wäre.
Sozialer Einfluss - Formen
Sozialer Einfluss hat zwei grundlegende Formen. Es wird zwischen informativem (informationalem) und normativem Einfluss unterschieden:
Informativer (informationaler) Einfluss
Der Begriff besagt, dass wir in bestimmten Situationen, die unterschiedlich gedeutet werden können, andere Menschen oder Medien als Informationsquelle benutzen. Wenn wir selbst nicht genau wissen, was zu tun ist, orientieren wir uns am (tatsächlichen oder unterstellten) Verhalten anderer.
Ein klassisches Experiment zum informativen sozialen Einfluss ist das von Muzafer Serif. Hier konnte u.a. festgestellt werden, dass sich z.B. Schätzungen bzw. Einzelurteile der Einzelnen mit der Zeit der Gruppe angleichen. Das so entstehende Gruppenurteil wird nicht nur öffentlich, sondern auch privat übernommen und akzeptiert.
Überzeugung durch selbstwertdienliche oder gruppendienliche Verzerrungen
Neben den klassischen selbstwertdienlichen Verzerrungen (Siehe auch self serving bias / Egotismus / Selbstwert-Effekt, Overconfidence-effect / Überlegenheitsillusion / Dunning-Kruger-Effekt / Gott-Komplex) gibt es auch gruppendienliche Verzerrungen (A. Köhler), die auf der bereits erwähnten Deindividuierung in sozialen Gruppen und der dadurch bedingten Anpassung an die jeweilige Gruppe (vom kleinen Grüppchen bis hin zum Staat) basiert.
Die so gefundene implizite oder explizite (direkte oder indirekte) "Gruppen-Übereinkunft" führt sogar zu einer regelrechten "Überzeugung" des Einzelnen mit privater Akzeptanz. Ob es sich bei
dieser automatisch übernommenen inneren "Überzeugung" nun um die Wahrheit oder Unwahrheit handelt, spielt dabei keine Rolle.
Wie kommt so etwas? Die Erklärung: Wer in irgendeiner Art und Weise unsicher ist, orientiert sich als (quasi "Herdentier") automatisch daran, was die anderen tun. Wenn die anderen aber auch nicht
wissen, was zu tun ist, führt dies dazu, dass dann niemand etwas tut.
In Verbindung mit der sogenannten "Verantwortungs-Diffusion" nach dem Motto „Warum soll ich helfen, wenn es auch andere tun können?“ ist diese sogenannte "Pluralistische Ignoranz" zugleich der häufigste Grund für unterlassene Hilfeleistung und zugleich ein Grund für Massenpanik oder alternativ "schlafender" oder dem Dauerkonsum fröhnender Massen, die dann selbst Massenmorde (wie im Dritten Reich) trotz eigener Wahrnehmung und Vermutung völlig automatisch ausblenden, um "Kognitive Dissonanzen" zu vermeiden oder zu umschiffen.
Insofern handelt unser sehr ökonomisch arbeitendes Gehirn nach den ökonomischen Prinzip, lästige bzw. Kognitive Dissonanzen erzeugende Dinge (Wahrnehmungen und Gedanken)
a) von vorne herein gar nicht wahrzunehmen (selektive Wahrnehmung / Scheuklappen-Prinzip),
b) auszublenden,
c) zu verzerren,
d) umzuinterpretieren,
e) zu relativieren oder
f) schön zu reden" - bzw. korrekt - "schön zu denken"
Das innere Motto
zu a): "Was nicht sein kann, das sehe ich auch nicht."
zu b): "Lass uns nicht darüber nachdenken! Ein anderes Thema bitte!"
zu c) Aus einem "Vergewaltiger" wird ein "Mann"
zu d) "Die Schläge in meiner Kindheit waren von meinen Eltern in Wirklichkeit gut gemeint" oder
"Auch Straftäter sind in Wahrheit bzw. in Wirklichkeit bzw. in ihrem tiefsten Innerern liebe Menschen"
zu e): "Das war doch gar nicht so schlimm" oder "Stell Dir vor, du säßest im Rollstuhl!"
zu f) "Schläge auf den Hinterkopf erleichtern das Denkvermögen" oder "Wer früher stirbt hat weniger Probleme"
Weiter zum informativen sozialen Einfluss
Der informative Einfluss tritt z.B. auf, wenn Situationen mehrdeutig sind, wenn nicht genügend Zeit zur Verfügung steht
(z.B. Notfall), wenn "Experten" anwesend sind und wenn es wichtig ist, richtig zu handeln.
Fehler aufgrund Mehrdeutigkeit
Je wichtiger es ist, richtig zu handeln, desto eher und mehr orientiert man sich wahrnehmungs- und verhaltenstechnisch am Verhalten anderer. Dies zeigte u.a. das Augenzeugen-Experiment 1 von Baron (und anderen, 1996).
Augenzeugen-Experiment 1
In diesem Experiment bekamen Versuchspersonen sehr kurz das Bild eines "Verdächtigen" gezeigt, den sie dann aus vier Bildern wieder erkennen sollten. Im siebten Durchgang gaben vor der Urteilsbildung der Versuchspersonen drei Verbündete des Versuchsleiters absichtlich eine falsche Antwort.
Die Angaben zur Wichtigkeit der Aufgabe wurden variiert und z.B. zwischen einer einfachen Voruntersuchung und einer wichtigen Untersuchung für die Polizei zzgl. 20 Dollar für den Besten unterschieden. Das Ergebnis: Unter wichtigen Bedingungen stimmten 51 % der Versuchspersonen dem falschen Urteil zu, während unter unwichtigen Bedingungen nur 35 % der Versuchspersonen zustimmten.
Veränderung bzw. Fehler der sozialen Wahrnehmung aufgrund Konformität
Im Police-Story-Experiment von Buehler & Griffin (1994) erhielten Versuchspersonen einen Zeitungsartikel, in dem es um eine Verfolgungsjagd ging, bei der ein schwarzer Jugendlicher von der Polizei erschossen wird. Nach dem die Versuchspersonen den recht uneindeutig geschilderten Artikel gelesen hatten, wurden sie zu bestimmten Aspekten der Story befragt. Danach wurde ihnen gesagt, dass die Mehrheit die Polizisten für schuldiger hält als den Jugendlichen, woraufhin die Versuchspersonen erneut befragt wurden.
Das Ergebnis: Die Versuchspersonen, die sich der Mehrheit anschlossen, veränderten dementsprechend ihre Interpretation der Situation. Anmerkung: Tatsächlich kann auch eine Minderheit, sogar eine einzelne Person, informativen bzw. informationalen Einfluss auf die Mehrheit haben.
Normativer sozialer Einfluss
Während sich informativer bzw. informationaler Einfluss insbesondere auf sogenannte "mehrdeutige Situationen" bezieht, lassen wir uns aber selbst in "eindeutigen Situationen" vom Verhalten anderer beeinflussen. Sowohl mögliche Belohnungen, als auch die Angst vor Sanktionen, Strafen, Nichtakzeptanz oder Ausgrenzung sind ursächlich ausschlaggebend.
Allein um von einer Gruppe gemocht oder akzeptiert zu werden, übernehmen wir deren Meinung und Normen, selbst wenn diese unserer eigenen Einschätzung und Meinung widersprechen. Das Motiv für die Beeinflussung ist hier das Bedürfnis nach sozialer Integration.
Im Gegensatz zum informativen bzw. informationalem Einfluss führt normativer sozialer Einfluss zwar ebenfalls zum öffentlichen Einverständnis, nicht aber automatisch zu persönlicher Akzeptanz.
Konformitäts-Experiment (Linienexperiment) von Asch
Ein klassisches Experiment zum normativen sozialen Einfluss ist das Konformitäts-Experiment von Salomon Asch (1951), bei dem die Versuchspersonen unter dem Konformitätsdruck der Gruppe falsche Urteile abgaben. Das Konformitäts-Experiment von Asch, einem der bedeutendsten Pioniere der Sozialpsychologie, ist auf viele Bereiche des Alltags übertragbar.
Es zeigt, wie stark Menschen als soziale Wesen Konformitätsdruck unterliegen bzw. auf andere Menschen ausüben können. Das Experiment zeigte, dass Gruppen, die ihre Position konform vertreten, auch wenn diese offensichtlich falsch ist, Einfluss auf andere Gruppenmitglieder nehmen können.
Im besagten Experiment, das auch als "Linien-Experiment" bezeichnet wird, wurde Versuchsperson, die einen Raum betraten, in dem eine Reihe von Personen an einem Konferenztisch saß, gesagt, es handle sich bei den am Tisch sitzenden Personen um andere Teilnehmer des Experimentes, obwohl es sich in Wahrheit um Vertraute des Versuchsleiters handelte.
Auf einem einsehbaren Bildschirm wurde nun eine Linie dargeboten und daneben drei weitere Linien eingeblendet. Aufgabe der Versuchspersonen war es, die Linien hinsichtlich ihrer Länge zu vergleichen bzw. einzuschätzen, welche der drei Vergleichslinien gleich lang war wie die Referenzlinie.
Bei jedem Durchgang des Experimentes war eine der Linien deutlich erkennbar gleich lang wie die Referenzlinie. In der Kontrollgruppe sollten die Vertrauten des Versuchsleiters ihre wahre Einschätzung in der Gruppe äußern.
Das Ergebnis: Erwartungsgemäß machte die Versuchsperson, die mit den heimlich Vertrauten am Tisch saß, kaum (unter 1 %) Fehler. In der Experimental-Gruppe fanden je 18 Schätzungen statt. Bei sechs Durchgängen waren die heimlichen Vertrauten instruiert, zum Zwecke der Glaubwürdigkeit ein richtiges Urteil abzugeben.
Bei den anderen zwölf Durchgängen sollten die Vertrauten einstimmig ein falsches Urteil abgeben. Das Ergebnis: Im Durchschnitt waren 37 % der Versuchspersonen-Urteile Fehler. In 33 % schlossen sich die Versuchspersonen trotz offensichtlicher Fehlentscheidung dem bewusst falschen Urteil der Mehrheit an.
75 - 76 % der Versuchspersonen schlossen sich mindestens einmal dem falschen Urteil der Mehrheit an. Wichtig ist auch zu sagen, dass bei anonymer Stimmabgabe der Anteil der angepassten Fehlurteile deutlich zurückgeht.
Augenzeugen-Experiment 2
Im Augenzeugen-Experiment von Baron (und anderen), 1996, das nach dem gleichen Ablauf-Schema wie das Augenzeugen-Experiment 1 (siehe oben) erfolgte, bekamen die Versuchspersonen nun aber die Bilder des angeblich "Verdächtigen" länger zu sehen, wodurch die Aufgabe nun eindeutiger wird.
Das Ergebnis: Aufgrund des nun normativen statt informativen bzw. informationalen Einflusses ließen sich unter dem Anschein wichtiger Bedingungen nun weniger Versuchspersonen beeinflussen, als bei angeblich unwichtigen Bedingungen.
Social Impact Theory
Nach der Social Impact Theory von Latané (1981) hängt die Ausprägung des normativen sozialen Einflusses davon ab,
a) wie groß die Gruppe ist bzw. wie viele Mitglieder die Gruppe hat,
b) wie wichtig dem Betroffenen die Mitgliedschaft in der Gruppe ist und
c) wie ausgeprägt die räumliche und zeitliche Nähe der anderen bzw. die Unmittelbarkeit der Gruppe
und wie entsprechend verfügbar die Gruppennormen im Gedächtnis sind.
Dem Experiment von Asch zu Folge steigt der Einfluss bei einer Gruppengröße von insgesamt 4-5 Mitgliedern sehr stark an und ist hier am Größten. Bei einer Gruppe bis 7 Mitglieder steigt der Einfluss dann noch einmal geringfügig und bleibt darüber konstant.
Weitere Einflussfaktoren
Weitere Einfluss in Bezug auf normativen sozialen Einfluss sind Kultur, Geschlecht, Einstimmigkeit der Gruppe und Wichtigkeit der Aufgabe. Anders als beim informativen bzw. informationalen sozialen Einfluss sinkt der normative Einfluss, je nach Wichtigkeit Entscheidung bzw. Handlung. Je wichtiger es ist, richtig zu handeln, desto geringer ist der normative soziale Einfluss.
Zum kulturellen Einfluss ist zu sagen, dass in kollektivistischen Kulturen zu einer höheren Konformität führen. Zur Einstimmigkeit: Sofern eine Gruppe sich einstimmig verhält oder Einstimmigkeit anstrebt, passt dich der Einzelne dieser Einstimmigkeit an. Zum Geschlecht: Aufgrund der entsprechenden Annahme wird darüber diskutiert, ob z.B. Frauen in öffentlichen Situationen beeinflussbarer sind als Männer.
Ideosynkratische Kredite
Der Begriff besagt: Je öfter sich jemand den Normen der Gruppe unterwirft,
desto eher darf er auch einmal von ihnen abweichen.
Konformität und Persönlichkeit
(Ein kurzer Zwischen-Exkurs - von der Sozialpsychologie zur Individualpsychologie)
Gezeigt wurde, dass sich Menschen unter bestimmten Bedingungen durch sozialen Einfluss konform verhalten. Dies hängt aber auch von der jeweiligen Persönlichkeit ab, z.B. ob es sich jeweils um eine kollektivistisch orientierte oder eine individualistische Persönlichkeit handelt.
Zu den kollektivistisch orientierten Persönlichkeiten zählen insbesondere klassische Konformisten, die allein von ihrem Persönlichkeits-Naturell her von vorne herein die Anpassung und Angleichung an eine Gruppe / Gesellschaft und deren Normen anstreben. Dies kann aus eigener Überzeugung (persönliche Akzeptanz) oder durch Normenvorgabe von außen (öffentliche Folgsamkeit) entstehen, der sie sich (willenlos) beugen.
Die Meinung einer Gruppe / Gesellschaft wird von ihnen ohne Hinterfragung übernommen. Konformisten gelten daher als Spielball, Mitläufer und maßgebliche Mitträger totalitärer Systeme.
Die Haltung von Konformisten beruht auf das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, Akzeptanz und Integration. Ausgelöst wird dieser Wunsch u.a. durch eine Unterschätzung des Selbst z.B. auf Basis einer Selbstwertproblematik, aber auch durch Angst vor Verantwortung. Das Verlangen nach Angleichung steht zumeist in einem Zusammenhang mit Assimilation, Migration oder Konformitätsdruck durch die Gesellschaft beziehungsweise eine Gruppe.
Ein weiterer Auslöser ist der Konformitätsdruck (Gruppenzwang) im Rahmen des Sozialen Einflusses, um den es hier thematisch ja eigentlich geht. Aus individualpsychologischer Sicht soll hier jedoch - die sozialpsychologischen Erkenntnisse ergänzend - folgendes angemerkt werden:
Hat eine schwache Persönlichkeit Angst vor einer möglichen Ausgrenzung, wirkt sie dieser tatsächlichen oder lediglich vorgestellten Ausgrenzung entgegen, in dem sie sich entsprechend anpasst, sich konformistisch zeigt und sich an die entsprechenden Gruppennormen anpasst, egal wie abstrus, bösartig oder gefährlich diese Gruppennormen sind.
Wie man es allein aus dem NS-Regime her kennt, gehen Konformisten dabei sogar über Leichen. Denn Konformität kann auch übermäßig ausgeprägt sein, so dass von einem kritischen Konformismus gesprochen wird.
Viele Konformisten sehen sich als "aufrechte Mitstreiter" eines bestehenden Systems, dass sie nicht in Frage stellen und dessen Taten nicht reflektieren. Konformisten gab es unter allen Fahnen. Stets glaubten und glauben sie fest daran, sich für die vermeintlich "richtige" Sache einzusetzen. Davon sind sie felsenfest überzeugt und niemand kann sie davon abbringen.
Kritischer Konformismus reicht bis zur Selbstaufgabe zum Zweck der Zugehörigkeit. Konformismus beeinflusst den Lebensstil, die Verhaltensmuster und die Entscheidungsfindung von Konformisten von denen es mehrere Sub-Typen gibt.
Aus psychiatrischer Sicht werden Konformisten manchmal auch als "Normisten" bezeichnet. Denn ihre Konformität und Normentreue kann je nach dem jeweiligen Standpunkt auch geradewegs krankhafte Formen annehmen. Die Richtschnur solcher Normisten ist das, was das jeweilige Kollektiv bzw. eine Autorität vorgibt, sei es auch noch so falsch und unmoralisch. (Siehe dazu u.a. den Bericht von François Pelsaert, 1590 - 1630 zu den grausamen Ereignissen nach dem Schiffbruch der Batavia und dem damit verbundenen Schreckensregime des Jeronimus Cornelisz).
Die krankhafte (zwanghafte) Form des Normismus bezeichnet man als Normopathie. Für Normisten wie Normopathen gelten die Maßstäbe, Prinzipien, Maxime, Ideale, Werte, Regeln, Richtlinien und Vorschriften (Normen und soziale Normen) von Autoritäten und Kollektiven die sie (oft unhinterfragt) übernehmen und - insbesondere bei extremen pathologischen Formen wie der narzisstischen Normopathie - sogar demonstrativ gegen andere Menschen ausspielen und dies offen wie vermeintlich "heldenhaft" selbstdarstellerisch zur Schau stellen.
Während Normisten - insbesondere Normopathen - gern freiwillig als Spitzel und Denunzianten tätig werden, spielen sich narzisstische Normopathen gerne als heldenhafte Ankläger in den Vordergrund, um dadurch (vermeintliche) Mehr-Anerkennung zu erhaschen. Ihr Verhalten dient auch dazu, sich mit ihrer eigenen kranken Persönlichkeit und Persönlichkeitsgeschichte durch diese Form der Ablenkung tunlichst nicht auseinandersetzen zu müssen.
Wichtig für den Kontext ist die Tatsache, dass der hier eigentlich behandelte soziale Einfluss auch unabhängig von einer bestimmten Persönlichkeitsstruktur wirkt, nur mit dem Unterschied, dass kollektivistisch orientierte Persönlichkeiten wie klassische Konformisten noch viel schneller und selbstverständlicher die Meinungen, Urteile und das Verhalten der Gesellschaft und von vermeintlichen Autoritäten übernehmen.
Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass sich auch Individualisten letztendlich von der Mehrheit beeinflussen lassen, wenn auch weniger schnell und weniger selbstverständlich. Sie wollen es vermutlich selbst nicht wahrhaben; dennoch konnte es unter entsprechenden Umständen nachgewiesen werden. Kommen wir nun zu einer Sonderform des sozialen Einflusses, dem Einfluss sogenannter Autoritäten:
Sozialer Einfluss - Einfluss von Autoritäten
Das Wort Autorität kommt vom lateinischen Wort „auctoritas“, was so viel wie „Ansehen“ oder „Einfluss“ bedeutet.
Die Wahrnehmung als "Autorität" basiert auf einer beanspruchten oder anerkannten vermeintlichen Kompetenz und Überlegenheit einer Gruppe oder Organisation (z.B. eine Institution oder ein bestimmtes Medienhaus etc.) oder einer Person, die in der Regel mit einem Amt, einer Sache oder einer bestimmten Funktion betraut ist - und der man daher bestimmte Kompetenzen unterstellt.
Ob diese Kompetenzen nun real vorhanden sind oder lediglich zugeschrieben werden, spielt dabei keine Rolle. Entscheidend ist die öffentliche Wahrnehmung bzw. die Anerkennung durch die Öffentlichkeit bzw. Mehrheit. Konkret geht es letztendlich um die Anerkennung des Ansehens und des Einflusses. Die Anerkennung erfolgt über die Gesellschaft und das Individuum an sich.
Beispiel: Allein aufgrund seines Berufes hat z.B. ein Lehrer die Macht, seinem Schüler Anweisungen und Hausaufgaben zu geben und Schüler zu beurteilen, wobei die tatsächlichen Kompetenzen des Lehrers selten bzw. von wenigen hinterfragt werden. Aber schon allein durch seine berufliche und systemische Stellung ist der Lehrer dem Schüler übergeordnet. Er gilt als Autorität.
Autoritätspersonen, also Personen mit Autorität - wie z.B. Polizisten - können ihren eigenen Willen anderen Gegenüber durchsetzen. Dies funktioniert jedoch nur, sofern eine Autoritätsperson von
anderen auch entsprechend respektiert wird.
Bestimmte Medien wie die sogenannten Leitmedien gelten bei vielen - ja sogar den meisten - Menschen ebenfalls als Autoritäten, obgleich diese nur indirekt Macht ausüben. Was bestimmte Medien
berichten, gilt bei jenen Menschen, welche diese Medien anerkennen, als wahr und richtig.
Dies vorweg zur Erklärung, was bzw. wer in der Sozialpsychologie in etwa als Autorität gilt. Worauf es im Kontext zum Thema aber konkret ankommt, ist folgendes:
Neben dem allgemeinen sozialen Einfluss haben Autoritäten einen zusätzlichen starken Einfluss auf unsere Urteile und unser Verhalten. Das zeigte u.a. das berühmt berüchtigte Milgram Experiment (1963), das nachfolgend kurz umrissen wird:
Einfluss von Autoritäten - Milgram-Experiment
In diesem Experiment erhielten Versuchspersonen die Möglichkeit, andere angebliche Versuchspersonen, die jedoch in Wahrheit Verbündete des Versuchsleiters waren, für falsche Aufgabenlösungen mit Elektroschocks zu bestrafen, wobei der Versuchsleiter als Autoritätsperson befahl, das Elektroschock-Level stetig weiter (von 15 - 450 Volt) zu erhöhen.
Trotz offensichtlicher verbaler Leidens-Äußerungen der Opfer (z.B. Schmerzens-Schreie) bestand der Versuchsleiter weiter darauf, mit der Bestrafung und der Erhöhung der Voltzahl fortzufahren.
Das Ergebnis: Obwohl die gespielten Opfer - offensichtlich unter Schmerzen leidend - baten, das Experiment abzubrechen und den Versuchspersonen sowohl die Qual an sich, als auch die Gefahr von Verletzungen (bis zur Todesfolge) durchaus bewusst war, fuhren 80 % der Versuchspersonen mit der Elektro-Schockgebung stetig weiter fort. 62,5 % der Versuchspersonen schreckten nicht einmal davon ab, den höchstmöglichen Schock (450 Volt) zu verabreichen.
Variationen des Experimentes zeigten, dass sich dieses Verhalten ändert, wenn zwei andere Versuchspersonen sich weigern, mit der Schockgebung fortzufahren. In diesem Fall verabreichen nur noch 10 % der Versuchspersonen den maximalen Schock.
Wenn der Versuchsleiter den Raum verlässt und stattdessen eine andere Versuchsperson darauf drängt, mit der Schockgebung fortzufahren, geben nur noch 20 % der Versuchsteilnehmer den maximalen
Schock. Hier fällt die Experten-Wirkung ins Gewicht: Wer wie ein Experte wirkt, beeinflusst das Verhalten der anderen.
Interessant ist auch: Wenn die Versuchspersonen das Schock-Level frei wählen dürfen, geben nur 2,5 % den maximalen Schock. Dies zeigt, dass ein natürlicher Aggressionstrieb nicht ursächlich war.
Die Beeinflussung durch Autoritäten ist am stärksten, wenn alle anderen auch gehorchen, die Autoritätsperson einen Experten-Status hat und wenig bis keine Zeit zum Nachdenken besteht.
Weil man in kleinen Schritten immer mehr gehorcht, zeigt auch die Beeinflussung durch Autoritäten in kleinen Schritten eine große Wirkung, weil es nach der Theorie der Kognitiven Dissonanz nach jeder einzelnen Entscheidung zur Selbstrechtfertigung kommt.
Aufgrund dieser Einzelentscheidung entsteht ein Kreislauf, der nicht mehr selbst kontrollierbar ist. Den wohl stärksten "Einfluss von Autoritäten" stellen wohl die Massenmedien dar. Hier unterscheidet man unterschiedliche Einflüsse: a) Den Einfluss durch die (reine) Abrufbarkeit von Massenmedien, b) die gezielte Beeinflussung durch die Massenmedien und c) der Einfluss auf die Wahrnehmung, der allein aufgrund Medienpräsenz erfolgt.
Sozialer Einfluss - Einfluss der Massenmedien
Beeinflussende soziale Normen (normativer sozialer Einfluss) werden nicht zuletzt und mit besonders starker Wirkung - neben dem vorbenannten Informativen (informationalen) Einfluss ebenfalls durch die Medien vermittelt. Letztendlich bestimmen sogenannte "Leitmedien", was (legal bzw. anerkannt bzw. geduldet) gesagt oder nicht (öffentlich) geäußert werden darf. Medien beeinflussen ebenso unsere Idealvorstellungen im Hinblick auf Social Standing, Berufliches Image und Berufsentscheidung, Geldverdienen, Rechtsempfinden und Schönheits-Ideale im Hinblick auf die Geschlechter.
Insofern üben Medien einen ganz erheblichen Einfluss, sowohl im Hinblick auf normativen, als auch informationalen sozialen Einfluss aus, was eine ungeheure Macht bedeutet, die den meisten
Menschen gar nicht bewusst ist. Die meinen nämlich sehr naiv, selbst über bevorzugte Medien entscheiden - und sich anderen Medien angeblich entziehen zu können.
In Wirklichkeit sind Medien allgegenwärtig. Allein die Existenz reicht aus. Ebenso meinen die meisten Rezipienten sehr naiv, sich auf der Grundlage von Medieninformation nach entsprechender
Abwägung selbst ein Urteil bilden zu können, was ebenfalls widerlegt ist.
Wie bereits erwähnt üben die Massenmedien einen enormen sozialen Einfluss aus, insbesondere jene Medien, die als etabliert und anerkannt gelten - sogenannte Leitmedien. Der Begriff "Leitmedien" erklärt bereits selbst, dass diese Art der Medien, das Bewusstsein, das Denken und das Verhalten der Rezipienten leiten bzw. derart stark beeinflussen, dass Urteile, Entscheidungen und das Verhalten der Rezipienten gelenkt wird.
Eine herausragend große Rolle spielen die Medien, die eine gesellschaftlich etablierte Stellung innehaben und der "Herde" allein über den (gebilligten oder individuell verweigerten) "Einfluss von Autoritäten" das Leitbild einer Gesellschaft einschließlich der entsprechenden Denk- und Handlungsrichtung vorgibt.
Die Gefahr besteht darin, dass diese Macht stark missbraucht werden kann und auch tatsächlich stark missbraucht wird. So bekunden insbesondere linke deutsche Medienschaffende, die sich selbst als Politik-Aktivisten sehen, seit einigen Jahren sogar öffentlich, angeblich einen politischen "Erziehungsauftrag" zu haben und nicht das berichten zu wollen, was für die Rezipienten interessant ist, sondern vielmehr das, was aus ihrer (eigenen) politischen Sicht angeblich "richtig und wichtig" ist - und was nicht.
Sie bekennen sich sogar sehr selbstbewusst und ohne jeglichen Skrupel oder Angst vor möglichen Sanktionen offen dazu, nicht informieren, sondern zur "Meinungsbildung" und damit zur Urteilsbildung beitragen zu wollen. Dies sei angeblich ihre Pflicht und ihr (höherer) Auftrag. Um diesen eigenen oder angeblich "höheren" Auftrag zu erfüllen, bedienen sie sich Mitteln und Werkzeugen, die weit über die Aufgabe des Informierens hinausgehen.
Doch die tatsächliche beobachtbare und messbare Nutzung bzw. Anwendung gezielter, das menschliche Denken und Verhalten steuernder anerkannter Persuasions-, Nudging- und Manipulations-Instrumente
wie NLP & PLP, Framing- und Priming, bestimmte unlautere Argumentationstechniken (z.B. Scheinargumente), die Erzeugung einer systematische Erzeugung einer gelenkten selektiven
Wahrnehmung mit Steuerung von Information und Desinformation wäre zu diesem Zwecke eigentlich noch nicht einmal nötig. Sie fungieren lediglich als Verstärker, Beschleuniger, Hemmer oder
Denkblockaden-Setzer. (Siehe PLP / Psycholinguistische Programmierung / Gehirnprogrammierung).
Der Einfluss erfolgt nämlich bereits schon über die reine Information bzw. Desinformation sowie über das Erzeugen von "Involvement" (Siehe auch Ego-Involvement) bzw. die Stimulanz des limbischen
Systems bzw. unserer sogenannten "Gefühlsebene", die ganz besonders entscheidend ist. Schließlich basieren - wie man aus den modernen Neurowissenschaften mittlerweile längst weiß - die meisten
unserer Entscheidungen - ob wir das wollen oder nicht - auf unbewussten Gefühls-Prozessen.
a) Wahrnehmungsfehler aufgrund der (reinen) Abrufbarkeit
von vermeintlichem "Wissen" aus Massenmedien
Allein durch die reine Abrufbarkeit von Medien - konkret von vermeintlichem "Wissen" aus Massenmedien entstehen entsprechende seitens der Rezipienten Wahrnehmungsfehler:
Der sogenannte "Wahrnehmungsfehler aufgrund Abrufbarkeit von vermeintlichem Wissen aus Massenmedien" basiert auf dem "Sozialen Einfluss" und dem damit verbundenen Einfluss von Autoritäten, auf der Erwartung, dass das über die Medien erworbene vermeintliche "Wissen" richtig ist bzw. der vollen Wahrheit und auf den so erhaltenen Vorinformationen, auf denen weitere Wahrnehmungen, Urteile und Entscheidungen basieren.
Insofern könnte der besagte Wahrnehmungsfehler gleich mehreren Rubriken zugeordnet werden z.B. der Rubrik "Wahrnehmungsfehler aufgrund des sozialen Einflusses". Dort steht im Vordergrund, wie und warum warum wir aus dem Einfluss unserer Umwelt Handlungsoptionen ableiten - und uns - zumeist völlig unbewusst anderen Menschen oder Autoritäten - wozu auch anerkannte Medien zählen - anpassen.
Zugleich ist der Wahrnehmungsfehler aufgrund Abrufbarkeit von vermeintlichem Wissen aus Massenmedien ein kognitiver Fehler: Informationen, Personen und Dinge, die in den Medien stärker bzw. öfter präsentiert werden, werden automatisch auch stärker wahrgenommen.
Die höhere Wahrnehmung beeinflusst unsere Beurteilungen und unsere Entscheidungen in erheblichem Maße. Sie entscheidet über den Ausgang von Wahlen, die Beliebtheit und öffentliche Anerkennung von Künstlern sowie den bevorzugten Kauf bestimmter Produkte und deren Wertschätzung bzw. Wertigkeitsempfinden inklusive der Bereitschaft, einen höheren Preis für das jeweilige Produkt zu bezahlen.
Derartige Medien haben maßgebliche Einfluss auf unser Denken und Verhalten, weshalb sie in politischer sowie in werbe- und marketingtechnischer Hinsicht genutzt werden, um Menschen gezielt zu beeinflussen, Meinungen und Urteile zu lenken oder Grenzen zu ziehen.
Medien - insbesondere die sogenannten "Leitmedien", die sich dazu berufen fühlen, das Denken, die Meinungsbildung, die Urteile und das Verhalten der Rezipienten und auch der Politik maßgeblich zu "leiten" bzw. in die von ihnen gewünschte Richtung zu lenken, sorgen für das sogenannte "Schwarmverhalten" bei Menschen, deren Individualität durch die Orientierung sich stets an der vermeintlichen Masse (Massenmedien) ausrichtet.
Menschen leben nicht nur von Luft und Nahrung, sondern auch von Informationen. Ohne Informationen von außen fühlt sich der Mensch völlig orientierungslos, schließlich ist der Mensch ein soziales Wesen - quasi eine Art "Herdentier", jemand, der gern in der Herde mitläuft bzw. im Schwarm mitschwimmt - selbst dann, wenn man als naives Individuum und aus dem Blickwinkel des Ichs heraus selbst anderer Auffassung ist.
Weil dies aber nachweislich so ist wie beschrieben, sucht der Mensch ständig nach Informationen, die er z.B. aus seinem unmittelbaren persönlichen bzw. sozialen Umfeld (Familie, Freunde, Kollegen) erlangt. Die wichtigsten Informationsquellen der Menschen sind die Massenmedien. Sie haben nicht nur Auswirkungen auf den einzelnen Menschen, sondern auch auf sein gesamtes Umfeld, von dem der Einzelne ebenfalls Informationen erlangt bzw. die Informationen der Massenmedien bestätigt bekommt.
Diese direkte oder zumeist sehr subtile Beeinflussung erfolgt auch ohne Anwendung gezielter, das menschliche Denken und Verhalten steuernder anerkannter Persuasions-, Nudging- und Manipulations-Instrumente wie NLP & PLP, Rhetorik sowie bestimmte Argumentationstechniken (z.B. Scheinargumente). Eine zentrale Steuerung von Information und Desinformation ist gar nicht nötig. Diese fungieren - wie bereits erwähnt - lediglich als Verstärker, Beschleuniger, Hemmer oder Denkblockaden-Setzer (Siehe PLP / Psycholinguistische Programmierung / Gehirnprogrammierung).
Die Ansichten und das daraus abgeleitete Verhalten der individuellen Medienmacher alleine reichen bereits - und wirken ähnlich wie beim vorgenannten Rosenthal-Effekt. Nachfolgens soll beschrieben werden, wie der Wahrnehmungsfehler aufgrund Abrufbarkeit von vermeintlichem Wissen aus Massenmedien wirkt:
Wahrnehmung stellt einen komplexen Prozess der Informationsgewinnung durch die Verarbeitung von Reizen dar. Die Verarbeitung dieser Reize erfolgt im Gehirn über das Abrufen, Vergleichen und Bewerten bereits vorhandener Information im Gedächtnis. Diese Informationen basieren auf Erfahrungen und bereits gelerntem Wissen. Die Informationen bzw. das vermeintliche "Wissen", das wir bereits aufgenommen, im Gehirn gespeichert, fest verankert und mental intuitiv verinnerlicht haben, bildet nun die Grundlage für neue Wahrnehmungen, Beurteilungen und Entscheidungen.
Folglich basiert die Verarbeitung sämtlicher neu eingehender Informationen stets auf dem, was wir bereits gelernt bzw. erfahren haben. Grundsätzlich stellt dies für das Lernen - und damit für die persönliche Entwicklung - einen praktischen Nutzen und Mehrwert dar, der von der Natur so gewollt ist. Das Problem ist aber, dass die Informationen, die wir aufnehmen, speichern, verankern und verinnerlichen nicht immer richtig sind.
So ist dies auch bei Medieninformationen: Manchmal ist dieses Wissen einfach nicht mehr aktuell, manchmal aber auch schlichtweg falsch oder wird vorsätzlich verzerrt oder verfälscht Auf diesem ggf. "falschem" oder "einseitigen" Wissen basieren dann alle weiteren Wahrnehmungen sowie unsere Urteile und Entscheidungen.
Eine besondere Rolle beim Erwerb von vermeintlichem "Wissen" spielen die Medien, insbesondere die Massenmedien wie Rundfunk, Fernsehen und die sozialen Medien. Über ihre hohe Zugänglichkeit und Abrufbarkeit stellen sie eine wichtige Plattform für den vermeintlichen Wissens-Erwerb dar - in mancher Hinsicht und in manchen Bereichen bilden sie – insbesondere im Zeitalter des Internets - sogar die Basis dieses vermeintlichen "Wissens"-Erwerbs. Tatsächlich wird dieses "Wissen" oft nur wenig hinterfragt, insbesondere von jenen, die Medien genau so konsumieren wie andere Dinge.
Menschen, die etwas wissen wollen, suchen bzw. "googeln" im Internet und werden dann fündig. Unabhängig davon, ob es sich bei der jeweiligen Plattform, die das entsprechend gewünschte "Wissen" zur Verfügung stellt, um einen Anbieter mit wirtschaftlichen oder moralischen Absichten handelt, ob es sich um eine private oder eine institutionelle Plattform handelt oder um ein Medium mit ideologisch agierenden Journalisten, die eine ganz bestimmte Weltanschauung vertreten.
Ob dieses vermeintliche "Wissen" nun richtig und allgemeingültig oder gar einseitig und falsch ist, hinterfragen Menschen zumeist ebenso wenig wie die Gefahr der indirekten oder sogar gezielt gesteuerten Beeinflussung. Sicher spielt eine gewisse Naivität und Gutgläubigkeit eine Rolle (wie diese z.B. beim "Heile-Welt-Naivitäts-Fehler" oder bei anderen Formen des naiven Glaubens eventuell vorliegt). Dabei handelt es sich aber nicht nur um die eventuelle Naivität und Gutgläubigkeit, die in der jeweils individuellen Persönlichkeitsstruktur begründet liegt, sondern vielmehr um eine Form der unbewussten intuitiven "Naivität" und "Gutgläubigkeit", die unser Gehirn generell betrifft:
Schließlich hat alles, was irgendwo "geschrieben" steht - oder was "der Mann oder die Frau im Fernsehen" sagt, eine "hoch offizielle" Wirkung (siehe "Einfluss von Autoritäten") - und damit zugleich eine hohe subjektiv empfundene Wertigkeit, die unser Gehirn dann sowohl gewohnheitsmäßig (nach rituellen Denk-Schemata) als auch rein intuitiv und unbewusst als "richtig" eingestuft - selbst dann, wenn wir selbst bestimmte Informationen oder Quellen doch einmal bewusst hinterfragen.
Selbst wenn wir von der "Fehlerhaftigkeit" oder "Falschheit" der empfangenen Informationen überzeugt sind, wirken sie in unserem Gehirn weiter. Entscheidend ist, dass die entsprechenden Informationen grundsätzlich im Gehirn gespeichert vorliegen.
Da unsere Urteile und Entscheidungen überwiegend intuitiv und unbewusst erfolgen (was viele Laien leider immer noch nicht wahrhaben wollen, obwohl sogar im professionellen Marketing und Verkauf bzw. Neuroselling längst damit gearbeitet wird), bilden die bereits vorhandenen Informationen nun die Basis für alle weiteren Wahrnehmungen, Beurteilungen und Entscheidungen.
Unser Gehirn, das sehr ökonomisch arbeitet, kommt gar nicht auf die Idee, dass es sich bei den neu gewonnenen Informationen um mögliche Fehlinformationen oder gar Manipulationen handeln könnte. Es gibt zwar Menschen, die aufgrund ihrer Intelligenz und Vorsicht immer noch in der Lage sind, Informationen und Quellen bewusst anzuzweifeln – unser Unterbewusstsein tut dies jedoch nicht.
Wie die moderne Gehirnforschung mittlerweile weiß, basiert der überwiegende Anteil unserer Urteile und Entscheidungen genau auf diesen unbewussten intuitiven Prozessen – und eben nicht auf bewussten analytischen Prozessen. Obwohl wir es selbst gar nicht mitbekommen, "glaubt" unser Unterbewusstsein (im übertragenen Sinne erklärt) auch das, was wir bewusst eigentlich anzweifeln würden.
Hinzu kommt: Nicht nur bewusst, sondern völlig intuitiv nehmen wir aus der Masse an Sinneseindrücken und Medieninformationen, entsprechende Informationen auf und speichern sie völlig automatisch (ohne einen bewussten Lernprozess und Lernaufwand zu verspüren) im Gehirn ab – damit zugleich auch alles Falsche und Schädliche: Z.B. Falschinformationen und Manipulationen.
Alle neu eingehenden Informationen gleicht unser Gehirn nun mit eben diesen Falschinformationen und Manipulationen ab, wodurch die neu eingetroffenen Informationen ebenso verzerrt und verfälscht werden, selbst dann, wenn diese richtig sind.
Dabei gilt die Regel, dass zuerst eingehende Informationen (weil sie das Fundament bilden, auf dem sich alle weiteren Informationen ablagern) eine stärkere Wirkung haben als nachfolgende Informationen (Primacy effect). Den Effekt kennen die meisten bereits von der Personenwahrnehmung, wobei der erste Eindruck alle weiteren Eindrücke überlagert (Perpetuierende Wahrnehmung).
Allein die Abrufbarkeit von Wissen stellt eine derartige Selbstverständlichkeit dar, dass es aus Sicht unseres Gehirns keiner Vergewisserung bedarf. Hinzu kommt folgende Tatsache: Weil die meisten Menschen insbesondere jenen Informationen einen hohen Stellenwert beimessen, die etabliert, überall zugänglich und für jedermann abrufbar sind (z.B. Wikipedia, Tagesschau etc.) kommen die meisten Menschen auch nicht im Entferntesten auf die Idee, dass die vielen aus den unzähligen "hochoffiziell" wirkenden Medien in Wirklichkeit "falsch" oder einfach nur sehr "einseitig" sein könnten.
Ebenso merken die Menschen nicht, dass sie manipuliert werden oder bereits schon längst so manipuliert worden sind, dass sie alle nachfolgenden Informationen in eine bestimmte Richtung bewerten und genau auf diesen Urteilen ihre täglichen Entscheidungen treffen.
Hier kommt c) ins Spiel: Die gezielte Beeinflussung durch die Massenmedien - insbesondere die als Autoritäten anerkannten Leitmedien.
b) Die gezielte Beeinflussung durch die Leitmedien
Wenn entsprechende Informationen sich einmal "verankert" haben, können nicht mehr gelöscht werden. Selbst dann wenn wir uns an bestimmte Informationen gar nicht mehr erinnern können, wirken sie im Hintergrund weiter.
Verschiedene Formen der Psychotherapie nutzen diesen Effekt, der auch in der Neurolinguistischen Programmierung (NLP) bewusst eingesetzt wird - und hier in der Regel durchaus Positives bewirkt, sofern die Anker entsprechend positiv gesetzt werden. Auch die Werbung (siehe Werbepsychologie) und das moderne Marketing (siehe Neuromarketing, Consumer Neuro Science, Neuroselling, Viralmarketing etc.) nutzen diese Erkenntnis massiv - teilweise sogar schamlos – aus, ebenso die Politik und auch die Medien selbst.
Dass dort mit manipulativen und persuasiven Methoden gearbeitet wird und sogar regelrechte Polit-Framing-Manuals in Auftrag gegeben wurden, ist längst bekannt - und in Bezug auf Polit-Framing-Manuals unlängst am Beispiel der ARD bekannt geworden, wo man zum Beispiel zugibt, die Entscheidung der Konsumenten und Wähler beeinflussen zu wollen und in Bild und Ton vorgibt, was angeblich "richtig" und was angeblich "falsch" ist.
Doch auch beim ZDF und WDR erachten sich die Medienschaffenden der aktuellen Generation der Medienmacher längst nicht mehr als Journalisten, sondern als Polit-Aktivisten, die sich für ihre politische Sache einsetzen und sich zugleich als Richter und Vollstrecker im Sinne der Regierenden fühlen, wodurch deren eigentlich Aufsichtsrolle als Kontrollinstanz missbraucht und geradewegs ad absurdum geführt wird.
Angesichts der unlängst bekannten sehr konkreten (links-grünen) politischen Ausrichtung der meisten Medienvertreter wird die entsprechende Marschrichtung durch Propaganda und Gehirnwäsche - aber auch mittels regulärer Informationen vorgegeben. Das Wirkungsprinzip des sozialen Einflusses regelt den Rest.
Dass ein zivilisierter moderner demokratischer Staat in Bezug auf ideologische Propaganda (direkt oder indirekt) ggf. ähnlich verfahren könnte wie dies bereits in der nationalsozialistischen Diktatur des Dritten Reichs (z.B. unter Reichspropagandaminister Joseph Goebbels) erfolgt ist, können sich die wenigsten Menschen kaum bzw. nur schwerlich vorstellen – allein schon deshalb, weil im Gehirn bereits Informationen verankert sind, die besagen, dass eine "Demokratie" genau dagegen ist und sogar dagegen opponiert.
Gegen die Propaganda des Nationalsozialismus zu sein, bedeutet aber nicht gleichsam, keine Beeinflussungen in eine andere Richtung vorzunehmen. Zudem könnte diese Richtung ebenso gefährlich und schädlich sein. Fakt ist: Ihre Neutralitätsflicht im Sinne des seriösen eigentlichen Konzepts des Journalismus haben die heutigen Medienmacher, deren Einseitigkeit und politisch-mediale Propaganda offenkundig ist, offenbar völlig verloren.
Tatsächlich weiß man, dass jedes Staatsgebilde auch eine bestimmte Ideologie hat, die der Staat nach innen und außen vertritt. Ebenso ist bekannt, dass sich der Staat zum Zwecke der Meinungsbildung insbesondere der Medien bedient und diese Medien (allein über staatliche bzw. öffentlich-rechtliche Sender bzw. den öffentlich-rechtlichen Rundfunk) selbst politisch beeinflusst bzw. ideologisch involviert sind.
In totalitären System werden die Medien sogar von der Regierung finanziert oder zumindest finanziell mitgetragen. Sofern dies nicht über Steuermittel erfolgt, wird in totalitären Systemen eine Zwangsgebühr erhoben, um die Bürger folglich mit ihrem eigenen Geld beeinflussen und indoktrinieren zu können, wobei die Medien - neben allgemeiner Information und Unterhaltung - politische Indoktrination und Propaganda im Sinne der jeweils Regierenden betreiben.
Ob eine solche Ideologie nun (wie im Dritten Reich) darauf basiert, vermeintlich "minderwertige" Völker zu "unterwerfen" oder sie (in der modernen Demokratie) darauf basiert, Völker die für arm und bedauernswert bzw. für "minderbemittelt" gehalten werden, zu "entwickeln" und ihnen (regelrecht zwanghaft, fast sogar manisch) zu helfen (ob mit Geld, Entwicklungshilfe, über Asylgewährung und Sozialhilfe oder mit Waffen) ist in der Realität kein Unterschied:
Alle Ideologien, seien sie auch noch so unterschiedlich aufgestellt, haben ihre ganz eigene Moral und eigene Werte, die jeweils so vermittelt, transportiert und etabliert werden, dass jeweils andere Denkmuster nach Möglichkeit vermieden, bekämpft oder geächtet werden.
Bezüglich der politischen Durchsetzung einer bestimmten Ideologie - ähnlich wie im Dritten Reich - sind in den letzten Jahrzehnten, spätestens seit 2015 die deutschen öffentlich-rechtlichen Medien aufgefallen. Beobachtungsgemäß bedient man sich dort unzähliger unlauterer Methoden der Propaganda und Gehirnwäsche und auch solcher Techniken, die sehr gefährlich und geradewegs böse sind. Anders kann man das nicht ausdrücken.
Denn das, was dort beobachtet werden kann, kann durchaus mit der Propaganda des NS-Regimes herhalten und überholt diese in mancher Hinsicht sogar bei weitem. Selbst vor der Entmenschlichung von Opfern schrecken die dortigen Medienmacher, denen teilweise sogar der Hass regelrecht aus den Augen blickt mit ihrer politischen Hetze nicht zurück, was unter anderem an Roland Freisler, den Präsidenten des ehemaligen Volksgerichtshofes im NS-Regime erinnert:
"Morde? Sie sind ja ein schäbiger Lump", entgegnete der besagte "Richter" einem seiner unzähligen Angeklagten, der von den Morden des Regimes entsetzt war und diese als Erklärung für sein Handeln anführte. Auch heute drehen Medienvertreter, die sich als Polit-Aktivisten sehen und quasi zu "Richtern" berufen fühlen, unliebsamen Interview-Partnern öffentlich das Wort im Munde herum und arbeiten gezielt mit Framing, Priming und anderen Methoden der Diskreditierung, Verächtlichmachung und Ausgrenzung.
Selbst wenn seitens der öffentlich-rechtlichen Medien offiziell eine vermeintliche "Diskussion" angekündigt wird, so steht natürlich bereits im Vorfeld fest, mit welchem Ergebnis (und welchen transportierten Stimmungs- und Meinungsbildern) diese ausgeht:
Nicht etwa, weil die eingeladenen Diskussionsteilnehmer zu bestimmten Aussagen gezwungen werden, sondern allein durch die selektive Auswahl der Teilnehmer und den sozialen Druck (Sozialer Einfluss / Social Cognition) aber natürlich auch durch gezielte Auswahl des Studio-Publikums inklusive sogenannter "Claqueure" (Klatscher), die den Zuschauern quasi vorgeben, was als "gut" und "richtig" oder eben als "schlecht" und "falsch" wahrzunehmen und entsprechend zu bewerten ist.
Aus dem Lern-Prozess der eigenen Sozialisierung heraus, bekommen wir in Wirklichkeit gar nicht mehr mit, was richtig und falsch ist. Die Beeinflussung unseres Gehirns aufgrund überall abrufbarer Informationen mit Allgemeingültigkeits-Charakter (alternativ mit bewusstem Ächtungscharakter (sogenannte "Schwarz-weiß-Informationen") haben sich längst in unseren Köpfen etabliert. Wo diese Verankerung noch nicht stattgefunden hat, da wird sie nachgeholt. Die Medien kümmern sich darum.
Bereits Joseph Goebbels (1897 - 1945) wusste, wie Menschen und Massen in ihrer Meinungsbildung über entsprechende Medien-Kanäle beeinflusst werden können: Sein Wirken hatte wesentlichen Anteil am Aufstieg der NSDAP. Von 1933 bis 1945 war er Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda und Leiter der Reichskulturkammer. In dieser Funktion trug er wesentlich dazu bei, Presse, Rundfunk und Film im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie auszurichten.
Obwohl es damals nach kein Internet gab und die Zugänglichkeit sowie Abrufbarkeit von Medieninformationen im Verhältnis zu heute noch sehr stark eingeschränkt war, schaffte er es, über das Zusammenspiel von demagogischer Rhetorik, choreographierter Massenveranstaltungen und Nutzung von Radio und Film (z.B. Wochenschau, Ohm Krüger, Heimkehr, Der große König, Kolberg, Die Entlassung, Kolberg, S.A. Mann Brand, Hitlerjunge Quex, Kampfgeschwader Lützow, Der Herrscher, Patrioten, Urlaub auf Ehrenwort, Pour le Mérite, Mutterliebe, Jud Süß etc.) den überwiegenden Anteil des deutschen Volkes für den Nationalsozialismus zu begeistern, die nationalsozialistische Idee zu indoktrinieren und ebenso Feindbilder (z.B. Juden und Kommunisten) aufzubauen.
Die Polarisierung in Freund-Feind Bilder sowie die Diffamierung dieser Feindbilder stellt zum Zwecke der "Verblendung" der Massen sowie zur Ruhigstellung, Bekämpfung und Zerschlagung Andersdenkender ein ganz wesentliches Instrumdentarium dar. Heute ist dies - selbst in einer "modernen" und vermeintlich "toleranten" "Demokratie" nicht anders. Allgemein wird zwar gesagt, dass die Medien eine wichtige (und auch positive) Funktion in der Meinungsbildung einer Demokratie darstellen – aber genau diese "Meinungsbildung" bzw. der Begriff selbst ist es, der zugleich eine Gefahr darstellt.
Allein die Tatsache des rein offiziellen Vorhandenseins einer Demokratie bedeutet nicht automatisch, dass alle vermittelten Informationen, Meinungen und Wertvorstellungen zugleich auch "richtig" und auch "demokratisch" sind. Sollte sich in einer Demokratie, in der die Macht vom Volke ausgeht, nicht lieber jeder selbst eine Meinung bilden?
Allein die Tatsache, dass es um "Meinungen" geht - und eben nicht um Sachinformationen stellt eine erhebliche Beeinflussung dar, die teilweise sogar ganz bewusst erfolgt. Weitaus gravierender ist die Tatsache, dass in den letzten Jahren an Stelle von Informationen zur Meinungsbildung (Bild: „Heute lesen was morgen Meinung ist“ ) immer mehr und vehementer sogar regelrecht lenkende Emotionen über die Medien (insbesondere das Fernsehen) transportiert werden, die dazu dienen, ein regelrechtes Involvement bei den Rezipienten zu erreichen.
Die Vorführung von Muster-Menschen und Muster-Beispielen mit Vorbild-Charakter und extrem positiver Wirkung (siehe Lernen am Modell und Vorbild im Rahmen der sozialkognitiven Lerntheorie) zuzüglich entsprechender Feedback-Nennung (siehe: "Sozialer Einfluss / Soziale Einflussnahme") seien hier ebenso als Beispiel genannt wie grässlich abstoßende Beispiele bösartiger oder primitiver Subjekte und Handlungen, die mit dunklen Bildern und dumpfer, Angst einflößender musikalischer Untermalung unterstrichen und emotional gelenkt werden - und das sogar im öffentlich-rechtlichen Fernsehen und mit steigender Tendenz.
Neben den gezeigten Bilder ist der Schnitt ganz entscheidend. Auch wenn es in der Werbung nicht anders ist: Hier wird so lange geschnitten bis genau das als Essenz bleibt, was die konkret gewünschte Information zur Meinungsbildung exakt spiegelt und ein eindeutiges persönliches Involvement beim Rezipienten erzeugt. Dadurch entsteht das völlig verzerrte, aber eben gewünschte Bild und niemand kann behaupten, es wurde gelogen (siehe Vorwurf der "Lügenpresse"). Das aber Unterlassen und Auslassen entscheidender Informationen einer Lüge gleichkommt, kann der Rezipient nicht erkennen.
Insbesondere das erzeugte Involvement beeinflusst Menschen sehr stark in ihrer Urteilsbildung und Entscheidungsfindung und wirkt besonders heimtückisch. Dies stellt eine unglaubliche Gefahr dar, die sogar weitaus höher und brisanter ist, als die damalige gelenkte Propaganda des Dritten Reiches - nicht zuletzt deshalb, weil heute eine wesentlich höhere Zugänglichkeit und Abrufbarkeit der Medien vorliegt – nicht nur Hinsichtlich der Nutzung an sich, sondern auch im Hinblick auf die hohe Qualität und damit die exzellent hohe Qualität und Wirksamkeit der entsprechenden Manipulation.
Was früher vielleicht noch als sogenannte "Schleichwerbung" auffiel und regelrecht verpönt war, ist in den heutigen Medien alltäglicher Usus, der anscheinend nirgendwo mehr hinterfragt wird.
Jeder Staat nutzt die Medien und baut Feindbilder auf, so wie es gerade passt, logisch erscheint und zur entsprechenden Ideologie passt. Viele vergessen, dass es in Deutschland ein öffentlich-rechtliches Staatsfernsehen und unzählige staatliche Radiosender gibt, die natürlich genau das in die Köpfe transportieren, was der betreffenden Ideologie und ihren Werten eben gerade zuträglich ist. Das, was als Moral gilt, wird in einer modernen Demokratie ebenso transportiert wie Feindbilder, die dem Zwecke der Polarisierung gelten.
Wer naiv meint, dass in offiziell präsentierten vermeintlich "offiziellen" Nachrichten objektive wertfreie Sachinformationen vermittelt werden, braucht sich nur einmal einen Notizblock zur Hand nehmen und darauf immer dann einen Strich machen, wenn er (überhaupt bewusst) wahrnimmt, dass an Stelle von Sachinformationen gerade Gefühle erzeugt werden, Beziehungen dargestellt werden, Appelle an die Menschen gerichtet werden oder Selbstoffenbarungen der Journalisten und ihrer Interviewpartner erfolgen. In Kürze ist der erste Zettel des besagten Notizblockes voll.
Hier geht es aber nur um Unsachlichkeiten bzw. Gefühle die zum Zwecke des manipulativen Involvements erzeugt werden. Was ist aber, wenn die Informationen oder die Informationsgrundlagen selbst falsch sind?
Allein die Abrufbarkeit von Wissen stellt eine derartige Selbstverständlichkeit dar, dass es aus Sicht unseres Gehirns keiner Vergewisserung bedarf. Dadurch entstehen starke Verzerrungen der Wahrnehmung (Wahrnehmungsfehler) und des Denkens. Unsere Meinungen unser Glaube und unsere Überzeugungen werden dadurch ebenso stark beeinflusst wie unsere Urteile und Entscheidungen - ebenso unser persönliches Empfinden und Erleben, unsere Erwartungen und unser Verhalten.
Es kommt zur Bildung sogenannter Legenden, was durch sogenanntes "Storytelling" noch forciert wird. Diese Verzerrung der Realität führt ebenso zu einer ganz bestimmten Kommunikation, wobei die Medien wiederum sich selbst beeinflussen. Dadurch entsteht eine sogenannte "kollektive Kommunikation", ein sozialisiertes Kollektiv-Produkt, dass im Volksmund auch (vom Tierreich abgeleitet) als "Schwarmintelligenz" bezeichnet wird:
Über die Medien sind Menschen in der Masse eben nicht nur schlauer, sondern (bei Fehlinformationen) auch dümmer. Dies ist zugleich mit ein Grund, warum Menschen der modernen Wohlstands-Zivilisations- und Konsum-Gesellschaft tatsächlich (statistisch messbar) immerr dümmer, statt intelligenter werden. Der Wahrnehmungsfehler aufgrund Abrufbarkeit von Medieninformationen und "Wissen" trägt einen nicht unwesentlichen Teil dazu bei. Besonders deutlich machen dies die sogenannten „Common MythConceptions“
Der Begriff Common Myth-Conceptions (auch "Common MythConceptions" geschrieben) bezeichnet populäre Irrtümer, die im Volksmund auch als „Ammenmärchen“ bezeichnet werden und auf Gerüchten basieren (sogenannte „Gerüchteküche“). Sie sind jedermann präsent und jedem im Kopf. Man hört sie auf dem Schulhof, bei Stammtisch-Gesprächen oder im Büro. Dabei handelt es sich um Fehlinformationen, die überall weitergetragen werden, die sich mittlerweile in den Köpfen von uns Menschen derart stark verankert haben, dass sie das bilden, was wir als "Wissen" und "Bildung" bezeichnen.
In Wahrheit handelt es sich um einen Irrglauben bzw. um sogenannte Mythen. Dennoch: Trotz neueren und besseren Wissens wirken derartige Fehlinformationen immer noch in unseren Köpfen weiter. Darunter sind regelrechte (vermeintliche) "Weisheiten", die von Generation zu Generation weitergetragen werden, wodurch sie aber eben nicht weniger falsch sind. Manchmal sind es aber auch gerade die vermeintlich "neuen Erkenntnisse", die Common Myth-Conceptions zu widerlegen versuchen, selbst aber wiederum in Wahrheit Mythen sind.
Zwischen Meinung, Wahrheit und Erkenntnis scheiden sich die Gemüter: Oft ist insbesondere das, was als "Erkenntnis" gilt, in Wirklichkeit nicht mehr als eine "Meinung", die später zu einer persönlichen und kollektiven Überzeugung wird, in Wahrheit jedoch ein reiner Mythos ist. Ursächlich für derartige Mythen sind Gerüchte bzw. die sogenannte Gerüchteküche, manipulatives Storytelling als Marketinginstrument - nicht zuletzt die Beeinflussung durch die Massenmedien sowie die hohe Zugänglichkeit und Abrufbarkeit von Informationen.
c) Wahrnehmungsfehler aufgrund Medienpräsenz
Der Wahrnehmungsfehler aufgrund Medienpräsenz basiert auf dem Einfluss von Autoritäten, die auch von den Medien verkörpert werden bzw. von den Rezipienten zumeist als solche angesehen werden. Der starke Einfluss von Autoritäten auf unsere Urteile und unser Verhalten wurde zuvor bereits beschrieben und auch beim Milgram Experiment (1963) aufgezeigt.
Während sich der bereits präsentierte - "Wahrnehmungsfehler aufgrund Abrufbarkeit von vermeintlichem Wissen aus Medien" auf das Vorkommen von Informationen in den Medien sowie die Zugänglichkeit und Abrufbarkeit von Medieninformationen bezieht, bezieht sich der "Wahrnehmungsfehler aufgrund Medienpräsenz" vielmehr auf die Anwesenheit der Medien selbst. Folglich handelt es sich hierbei auch um einen "Anwesenheitsfehler".
Dieser Fehler besagt, dass die reine Anwesenheit anderer Personen die Beobachtung und Beurteilung einer beobachteten Person oder eines Gegenstandes stark beeinflusst. Allein die Vorstellung, dass vermeintlich andere Menschen - der reinen Vorstellung entsprechend - etwas mitbekommen könnten, reicht aus, um zu einem anderen Urteil zu gelangen und sich völlig anders zu verhalten. Besonders stark wirkt diese Beeinflussung, wenn es sich bei der anwesenden oder vermeintlich anwesenden Personen um Bezugspersonen oder um Autoritäten handelt.
Beim Wahrnehmungsfehler aufgrund Medienpräsenz geht es nicht um die Anwesenheit irgendwelcher Personen, sondern um die Anwesenheit vermeintlicher "Autoritäten" in Form von Medienvertretern (Journalisten, Medienberichterstatter, Talk Show-Moderator etc.) bzw. der Presse.
Da Medien zu solchen Autoritäten zählen bzw. dafür gehalten werden, wirkt sich allein die Präsenz der Medien derart stark auf die Urteilsfindung, Kommunikation und auf Entscheidungen aus, dass sich Interview-Partner oder geladene Talk Show Gäste - aber auch die Medienvertreter selbst vor laufender Kamera oder im "ON" des Rundfunks völlig anders verhalten und äußern, als sie es für gewöhnlich tun würden. In Bezug auf sozialen Einfluss wird zwischen informativem und normativem sozialen Einfluss unterschieden.
Sozialer Einfluss - Der Einfluss von Medien auf die öffentliche Meinung
Statistisch betrachtet, nutzt jeder Deutsche im Durchschnitt täglich zehn Stunden irgendwelche Medien, davon allein achteinhalb Stunden lang die tagesaktuellen Medien (Radio, Fernsehen, Zeitung, Internet). 30 Jahre vor dieser Statistik von 2010 - das war im Jahr 1980 - lag der zeitliche Rahmen der Medien-Nutzung noch unterhalb von sechs Stunden täglich.
In den 90er Jahren hat insbesondere das Fernsehen an Bedeutung gewonnen, danach das Internet, insbesondere in den vergangenen Jahren. Dabei geht es nicht nur um Kommunikation und Unterhaltung: Auch vermeintliche Sachinformationen und Wissen wird immer häufiger aus dem www. gewonnen.
Im Gegensatz zu früher ist das Internet eine hohe Zugänglichkeit und Abrufbarkeit von Informationen. Darüber hinaus gibt es einen hohen Verbreitungsgrad. Informationen können von nahezu jedermann verbreitet - und von jedermann abgerufen werden. Dadurch etabliert sich nicht nur viel neues Wissen, sondern auch eine Menge an Fehlwissen, das nun aber zur vermeintlichen Bildung und sogar – neben dem Fernsehen - zur etablierten gesellschaftlichen Bildungs-Grundlage wird.
Neben Radio und Fernsehen stellt das Internet sogar eine ganz wesentliche Plattform der Meinungsbildung dar, die insbesondere von jüngeren Menschen immer stärker genutzt wird als andere Medien. Insofern hat das Internet die gesamte Medien-Szene geradewegs umgewälzt.
Wer Informationen und vermeintliches Wissen sucht, der googelt im Internet. Allein dadurch hat sich "Google" zu einer derart anerkannten Suchmaschine - und darüber hinaus zu einem derart mächtigen internationalen Konzern - etabliert, dass nicht nur die Informationsgewinnung und Informationsverbreitung, sondern sogar die gesamte Gesellschaft regelrecht von Google abhängig ist.
Auch im Unterhaltungsbereich wurde die Medien-Szene umgekrempelt: Allein über die Plattform YouTube kann heute jedermann lebendige Informationen in Bild und Ton veröffentlichen, Viral-Marketing technisch agieren, persönliches Involvement erreichen und mit der richtigen Präsenz - ohne besonderen Aufwand - sogar zum "Star" mutieren. Früher war dies ein eher langer, kostspieliger und mühevoller Weg (Beispiel: „Fame“).
Während vor 1998 nicht einmal jeder zehnte Deutsche das Internet nutzte bzw. einen Internet-Zugang hatte, wird das Internet heute generell von fast allen Menschen genutzt. Den Schwerpunkt bilden die jüngeren Generationen. Bei jungen Menschen im Alter von 14 bis 19 Jahren liegt die Quote der Internet-Nutzung bei 98 %. Menschen in der Altersgruppe von 20 bis 29 Jahren nutzen zu 95 % das Internet.
Auch in den darüber liegenden mittleren Altersgruppen nutzt eine deutliche Mehrheit das Internet. Bei älteren Menschen (über 60) ist es dagegen nur eine Minderheit von 27 %, die das Internet nutzt. Aber auch das ändert sich zu Gunsten des Internets – allein dadurch, dass junge Menschen älter werden und diese ihre Gewohnheiten beibehalten, aber auch dadurch, dass immer mehr ältere Menschen Internet-affiner oder in Bezug auf das Internet zumindest neugieriger werden.
Schließlich ist das, was im Internet passiert und dort berichtet wird, mittlerweile ebenso in aller Munde wie dies früher nur das Fernsehen erreichte. Trotz der eigentlich geringeren Relevanz hat das Fernsehen auch heute noch immer eine stärkere Wirkung. Dies liegt am bereits erwähnten "Einfluss von Autoritäten".- ein Einfluss, der sich in den frühere Jahrzehnten derart gefestigt, etabliert und in den Köpfen der Menschen verankert hat, dass das Fernsehen immer noch eine ganz entscheidende Rolle spielt.
Selbst Social Media-Schaffende, die das Fernsehen verachten oder mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk sogar auf Kriegsfuß stehen, orientieren sich beobachtungsgemäß an dieser Autorität - auch weil sie wissen, dass das Fernsehen immer noch sehr viele Menschen erreicht, denen der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit aller Macht einzureden versucht, dass Soziale Medien angeblich nicht gut, sondern angeblich böse seien und teilweise verboten gehören z.B. weil sie angeblich "Fake News" verbreiten würden, die Regierung kritisieren oder gar Skandale und Ungerechtigkeiten ebenso offenlegen - wie dies der öffentlich-rechtliche Rundfunk vor seinem Wechsel zum Polit-Propaganda- bzw. zum Regierungs-Medium früher selbst auftragsgemäß getan hat, heute aber nicht mehr - und wenn, dann nur zur Wahrung des Scheins.
Egal, um welches Medium es geht: Alle haben die Fähigkeit und Mittel, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Darüber hinaus haben sie die Fähigkeit, Urteile und Entscheidungen zu lenken. Vorne weg stet immer noch der öffentlich-rechtliche Rundfunk - nicht nur das Fernsehen, sondern auch und insbesondere das Radio, das bei vielen Menschen unauffällig im Alltags-Hintergrund mitläuft.
Die Medien spielen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der öffentlichen Meinung. Sie dienen als Vermittler von Informationen und spielen eine Schlüsselrolle bei der Auswahl, Aufbereitung und Verbreitung von Nachrichten. Sie können durch ihre Berichterstattung Themenauswahl betreiben, entsprechen Prioritäten setzen und bestimmte Standpunkte hervorheben. Sie haben die Macht, Informationen zu filtern, auszuwählen und zu interpretieren, was wiederum die Wahrnehmung und Meinung der Menschen beeinflusst. Kommen wir nun zur öffentliche Meinung:
Öffentliche Meinung bezieht sich auf die kollektive Meinung, Einstellung und Wahrnehmung einer Gruppe von Menschen zu einem bestimmten Thema. Zumeist wird die öffentliche Meinung als repräsentativ für die breite Öffentlichkeit angesehen, obwohl sie möglicherweise nicht alle individuellen Ansichten und Überzeugungen widerspiegelt.
Wie die Medien und Medienschaffenden selbst, so hat auch die öffentliche Meinung einen erheblichen Einfluss auf die Urteile und Entscheidungen der Bürger und Wähler, ebenso auf die Politik und auf die politischen Entscheidungen politischer Entscheidungsträger, die bestrebt sind, Wähler zu gewinnen.
Die Medien (Fernsehen, Zeitungen, Zeitschriften, Radio) bilden die Hauptinformationsquelle für die Bevölkerung und prägen somit maßgeblich die öffentliche Meinung. Hinzu kommen digitale soziale Medien. Die jeweiligen Medienkanäle haben unterschiedliche Reichweiten und Zielgruppen, haben aber alle haben das Potenzial, die öffentliche Meinung zu beeinflussen.
Auch wenn viele meinen, es seien die sozialen Medien, so ist es tatsächlich doch noch immer das Fernsehen, das seit langem eine der wichtigsten Informationsquellen darstellt - und einen erheblichen Einfluss auf die öffentliche Meinung hat. Radio, Zeitungen und Zeitschriften sind ebenfalls wichtige Medienkanäle, welche die öffentliche Meinung beeinflussen können.
Wie das Fernsehen selbst, sind diese - was viele Menschen nicht wissen - entweder a) in politischer Hand, werden b) zumindest indirekt politisch gelenkt und sind zum größten Teil c) staatlich finanziert oder staatlich oder politisch bezuschusst.
Die meisten Anteile an Medienhäusern hat in Deutschland bekanntlich die SPD, während sich gemäß Umfragen 80 Prozent der Medienschaffenden selbst als Wähler der Grünen bezeichnen. Dass das öffentlich rechtliche Fernsehen bzw. der Rundfunk über die jeweiligen Gremien und Räte sowie die Führungskräfte und Mitarbeitenden selbst politisch gelenkt ist, ist hinlänglich bekannt.
Die politische Lenkung und Steuerung durch entsprechende Beeinflussung geschieht allein schon dadurch, dass de entsprechenden Medien bestimmte Themen hervorheben, besondere Schlagzeilen verwenden und bestimmte statt unterschiedliche Meinungen in ihrer "Berichterstattung" darstellen.
Die Art und Weise, wie sie eine Nachricht oder Story präsentieren oder eine bestimmte politische Überzeugung unterstützen, bringt die Rezipienten je nach deren Aufklärungsstand mehr oder weniger dazu, eine bestimmte Meinung (sogar unhinterfragt) zu übernehmen.
Im Gegensatz zu den sogenannten Leitmedien, die aufgrund der politischen Konstellation und Abhängigkeit sehr einseitig berichten, ist der Einfluss der sozialen Medien auf die öffentliche Meinung nicht einseitig, sondern vielfältig. Denn hier hat jeder ganz normale Bürger - unabhängig von den großen Medienhäusern - die Fähigkeit, auch ohne großen Aufwand und finanziellen Background Einfluss zu nehmen, allein schon dadurch, dass sie ihre Sichtweisen, Meinungen, Präferenzen, Wünsche und Bedürfnisse zum Ausdruck bringen.
Ein zentrales Konzept, das den Einfluss der Leitmedien auf die öffentliche Meinung erklärt, ist das sogenannte „Agenda-Setting“. Agenda-Setting bedeutet, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf bestimmte Themen zu lenken. Allein dadurch können die Medien zur Meinungsbildung beitragen.
Allein durch die Auswahl und Platzierung von Themen in ihrer Berichterstattung beeinflussen die Leitmedien div öffentliche Aufmerksamkeit und Prioritätensetzung. Dies tun sie auch, indem sie bestimmte Themen häufiger und prominenter behandeln als andere.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Einflusses der Medien auf die öffentliche Meinung ist das Framings. Framing bezieht sich auf die Art und Weise, wie die Medien ein bestimmtes Thema präsentieren und interpretieren bzw. in welchen Kontext bestimmte Informationen gestellt werden bzw. welcher Rahmen von den Medien gesetzt wird.
Der Begriff "Framing" kommt aus dem Englischen und bedeutet "Rahmung" - hier konkret das (künstliche) Setzen eines Rahmens um eine Sache, ein Thema, eine Person oder eine Personengruppe zum Zwecke einer Einordnung bzw. Zuordnung zu anderen Themen, Gruppen etc.
Framing bedeutet, einige Aspekte einer wahrgenommenen Realität auszuwählen und derart so hervorzuheben, dass eine bestimmte Definition, kausale Interpretation, moralische Bewertung und/oder Handlungsempfehlung für den beschriebenen Gegenstand gefördert wird.
Frames fungieren als Heuristiken = Entscheidungshilfen oder Faustregeln, die das Abwägen und Bewerten der vorliegenden Information verkürzen. Framing hilft einfach strukturierten Menschen, eine Sache, ein Thema, ein Ereignis, eine Person oder eine Personengruppe mit Hilfe eines Schema-Konzeptes (mit Interpretations- und Deutungsmustern zur Informationsverarbeitung) schnell, einfach und pragmatisch zu erfassen, um die eigene Denkleistung gehirnökonomisch zu minimieren und Ressourcen zu sparen.
Schließlich sind viele Themen sehr komplex und erfordern eine hohe Denkleistung. Durch Framing und die Nutzung entsprechender Schemata wird die Komplexität reduziert, wobei bestimmte Aspekte und Narrative selektiert werden. Durch ein solches Schema-Konzept weisen Menschen ihrer Umwelt Sinn und Ordnung zu, um sich in ihr pragmatisch zurechtzufinden.
Insbesondere in spontanen alltäglichen Entscheidungssituationen greifen Menschen bzw. deren Gehirne auf Frames bzw. Schemata zurück, um Objekte, Personen oder Ereignisse (möglichst schnell und einfach) zu beurteilen. Zugleich erklärt dies die Bildung von Vorurteilen, die nicht logisch-rational, sondern schemaorientiert stattfindet. Was erst einmal sehr pragmatisch und ökonomisch ist, hat somit also zugleich einen Nachteil: Die extreme Beeinflussung der Urteilsbildung und damit die Bildung einer eigenen neuen Schein-Realität, jenseits der Wirklichkeit.
Durch Framing und den Einsatz gezielter Frames wird eine vom Manipulator erwünschte neue Wirklichkeit geschaffen, die im Gehirn des Rezipienten durch Selektion von Erfahrungen und der Etablierung von Denkkategorien erzeugt wird. Indem wir komplexe Informationen aus unserer Umwelt ‚rahmen‘, konstruieren wir gleichzeitig unsere Alltagsrealität.
Doch die Beeinflussung reicht noch weiter: Durch die Auswahl bestimmter Wörter, Bilder, Zitate und Perspektiven beeinflussen die Leitmedien die Wahrnehmung der Rezipienten und die Interpretation von Informationen. Bereits eine positive oder negative Wortwahl beeinflusst automatisch die Meinung der Menschen zu einem bestimmten Thema oder einer bestimmten Partei.
Besonders relevant bezüglich der Beeinflussung durch die Medien ist die Technik des Primings, was extrem erfolgreich über stetig wiederholte Suggestionen erfolgt, was dazu führt, dass selbst die falscheste Information durch stetiges Einhämmern ins Gehirn irgendwann schließlich von den Rezipienten übernommen und für bare Münze genommen bzw. für real gehalten wird.
Vorab einige einleitende Fragen:
Warum reagiert oft keiner bei Gefahr?
Warum wehren sich viele nicht gegen Unrecht?
Allein schon die Frage ist im Prinzip dämlich. Denn wenn "Gefahr" und/oder "Unrecht" a) gar nicht wahrgenommen werden oder b) nicht als solche wahrgenommen oder c) uminterpretiert wird usw. , existiert so etwas gar nicht. Wer innerhalb einer Gruppe dennoch so etwas wahrnimmt (z.B. die Realität erkennt), wird er von der Gruppe (direkt oder indirekt) als Außenseiter abgestempelt, für "dumm" oder "ängstlich" gehalten und ggf. geächtet oder verspottet.
Warum wehrt sich niemand gegen gefährliche Psychopathen? Warum wehrt sich niemand gegen bestimmte politische Fehlentscheidungen oder Fehlentscheidungen in Unternehmen?
Hier handelt es sich im Prinzip um die zuvor beantwortete Frage: "Warum reagieren vorab immer nur ganz wenige Menschen bei Gefahr?" Auch hier wirken psychologische Mechanismen, die auf dem Effekt des Sozialen Einflusses basieren. Am einfachsten lässt sich dies mit dem Effekt der Pluralistischen Ignoranz erklären. In diesem Zusammenhang wirken aber auch viele weitere Effekte wie z.B. der Zuschauer-Effekt oder Bystander-effect.
Einführung zum Thema
Die Untersuchung der pluralistischen Ignoranz erfolgt ebenfalls in der Sozialpsychologie. Der Effekt basiert auf Sozialem Einfluss und dem Effekt der Sozialen Wahrnehmung. Wann tritt Pluralistische Ignoranz auf und was passiert?
Pluralistische Ignoranz tritt auf, wenn sich ein Mensch sich in einer mehrdeutigen, schwer einschätzbaren Situation befindet und nicht weiß, was zu tun ist. Man schaut sich dann um und
beobachtet, was die anderen tun. Dabei üben die beobachteten Personen – ohne, dass diese zwingend aktiv etwas tun müssen - durch ihre reine Anwesenheit informativen sozialen Einfluss auf den
Beobachter aus.
Der Effekt tritt z.B. in Notsituationen auf, in denen es eigentlich darum geht, eine Situation richtig einzuschätzen und zu handeln (helfen, fliehen, sich wehren etc.). Aufgrund des Effektes nimmt jeder einzelne Beobachter dann an, es bestünde kein Problem, da augenscheinlich kein anderer Beobachter betroffen wirkt oder sich irgendein ernstzunehmendes Anzeichen von Angst oder Panik oder von Kritik oder Widerstand zeigt.
Pluralistische Ignoranz - Die Basis des Effektes
Pluralistische Ignoranz basiert auf dem Effekt des sozialen Einflusses (Social Cognition Effekt). Er beschreibt keinen Wahrnehmungsfehler an sich, sondern eine Situation, in der ein bestimmter Wahrnehmungsfehler (hier: Der Effekt des sozialen Einflusses) erfolgt. Geprägt wurde der Begriff von Daniel Katz und Floyd H. Allport 1931. Verwendet wurde der Begriff der Pluralistischen Ignoranz u.a. im sogenannten „Decision model of bystander intervention“ von Latané & Darley. Anhand dieses Modells wird die Hilfeleistung bzw. das Unterlassen der Hilfeleistung in Notsituationen (durch die Menge der Zeugen) erklärt (Bystander-Effekt).
Pluralistische Ignoranz - Was passiert in den Köpfen der Menschen?
Bei diesem Effekt gehen Menschen fälschlicherweise davon aus, dass die Mehrheit der anderen Menschen eine Situation (z.B. Norm, einen Umstand, ein Verhalten, ein Gesetz etc.) akzeptiert. Einfach ausgedrückt, könnte man den Effekt wir folgt zusammenfassen: „Jeder glaubt, dass alle anderen daran glauben, während in Wirklichkeit keiner daran glaubt" Fakt ist: Bei einer größeren Zahl von Umstehenden wird die Bereitschaft größer, eine gefährliche Situation eben nicht als Notfall einzuschätzen bzw. eine entsprechende Handlungsnotwendigkeit zu erkennen.
Pluralistische Ignoranz - Was steckt dahinter? Wie lässt sich der Effekt erklären?
Notsituationen sind oft sehr uneindeutig bzw. schwer zu deuten. Soll man nun fliehen? Soll man kämpfen? Oder bildet man sich ein Problem bzw. eine Notsituation nur ein? Die Angst (bzw. das Schamgefühl), überzureagieren und sich ggf. vor anderen „lächerlich“ zu machen (z.B. indem man zu viel Angst zeigt), spielt hier eine wichtige Rolle.
Niemand möchte der erste sein, der sich dem Risiko aussetzt, sich vor den anderen schwach zu zeigen oder sich gar lächerlich zu machen. Daher warten Menschen manchmal bis auf die letzte Sekunde, zu fliehen, zu helfen oder sich zu wehren. Andere ergeben sich - allein durch ihr Unterlassen - dem Schicksal (ausbleibende Rettung, Tod, Etablieren totalitaristischer Gesetze, Etablieren totalitärer Systeme etc.)
Pluralistische Ignoranz - Wie funktioniert der Mensch in uneindeutigen Situationen?
Bevor man selbst vor den Augen der anderen ein vermeintlich falsches Verhalten zeigt, sammelt der Mensch in uneindeutigen Situationen zuerst einmal Indizien in Form sogenannter Hinweisreize, um eine Situation für sich richtig einzuordnen. Dabei versucht der Einzelne, Informationen über seine Umwelt zu gewinnen.
Das Verhalten bzw. die Reaktionen seiner Mitmenschen nutzt der Einzelne dabei als Deutungshilfe. Wenn sich eine Gruppe von Menschen in einer mehrdeutigen, schwer einschätzbaren Situation befindet und keiner weiß, was zu tun ist, versuchen die Anwesenden aus der Beobachtung der jeweils anderen Personen irgendwie Hinweise auf mögliches sinnvolles Verhalten zu bekommen.
Der Versuch, Hinweise von anderen Menschen zu bekommen, erfolgt auch ohne aktive Kommunikation. Menschen beobachten andere Menschen, um von ihnen Rückschlüsse auf eine Lage zu bekommen, insbesondere dann, wenn man selbst die Lage nicht richtig einzuschätzen weiß.
Pluralistische Ignoranz - Ursprung dieses Denkens
Dieser "Instinkt" stammt noch aus dem kollektivistischen Sippendenken der Steinzeit in Bezug auf Angst und Fluchtverhalten. Wenn Sippenmitglieder beunruhigt wirkten (z.B. weil jemand aus der Gruppe ein Knacken hinter den Büschen hörte) und dies Rückschlüsse auf einen möglichen Angriff eines Raubtiers (z.B. eines Säbelzahntigers) zuließ, mussten auch die anderen der Gruppe adäquat reagieren (z.B. mit Angriff- oder Fluchtverhalten), um sich selbst zu schützen und auch, um in der Gruppe gemeinschaftlich zu funktionieren.
Folglich ist der Effekt eigentlich positiv gemeint. Leider kann er, insbesondere in der heutigen Zeit, die viel vielschichtiger ist, zu Fehlreaktionen (z.B. Unterlassen) führen (z.B. weil sich Menschen immer sicherer fühlen und quasi abgestumpft sind und die Wahrnehmung von Gefahren quasi über den Lern- und Sozialisationsprozess verlernt haben oder weil sie im gesellschaftlichen Image-Kontext eher cool und gelassen wahrgenommen werden wollen).
Pluralistische Ignoranz - Niemand tut etwas
Gruppen üben auf ihre Mitglieder informativen sozialen Einfluss aus. Wenn die anderen aber aus den unterschiedlichsten Gründen nicht reagieren oder sie ebenfalls ratlos sind, reagiert keiner (z.B. auf eine Gefahr). Zusammen mit der Verantwortungsdiffusion führt dies in besonderen Situationen (z.B. Notfallsituation) dazu, dass niemand etwas unternimmt, niemand einschreitet und niemand hilft - allein dadurch, dass sich der Einzelne dem passiven Verhalten der Menge anpasst. Dies kann fatale Folgen haben.
Pluralistische Ignoranz versus Zivilcourage
Nur wenn sich jemand traut, sich eigensinnig von der Gruppe zu lösen oder diese aktiv zur Reaktion zu bewegen, kann Hilfe erfolgen. Die Chancen, dass sich einzelne Personen aus dem System der pluralistischen Ignoranz herauslösen, sind jedoch sehr gering, allein dadurch, weil der Social Cognition Effect so stark wirkt.
Um in einer Notfallsituation zu überleben, muss es in Gruppen bzw. Gesellschaften daher Menschen geben, die sich aus der Gruppe herauslösen (z.B. als erste handeln) oder in der Gruppe generell zum Modell werden.
Sofern sich derartige Persönlichkeiten wirklich finden, können allmählich auch die anderen reagieren und als "Bystander" folgen. Sofern aber niemand sich als erster regt, kann großes Unheil über eine Gruppe kommen, allein deshalb, weil niemand etwas gegen das Unheil unternimmt, davor flieht oder dagegen ankämpft.
Zuschauer Effekt / Bystander-effect / non-helping-bystander effect / Genovese Syndrom
Was beschreibt der Effekt?
Der "Zuschauer Effekt" bzw. "bystander effect", der auch als "non-helping-bystander effect" oder "Genovese-Syndrom" bezeichnet wird, beschreibt das Phänomen, dass einzelne Augenzeugen eines Unfalls oder eines kriminellen Übergriffes insbesondere dann mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit eingreifen bzw. Hilfe leisten, wenn weitere Zuschauer (engl. bystander „Dabeistehende“) anwesend sind.
Wie erklärt sich der Effekt?
Der Effekt liegt im archaischen Sippendenken des Menschen als soziales Wesen begründet. Der Einzelne überträgt die Verantwortung an das Kollektiv. Niemand möchte den ersten Schritt tun. Der Einzelne möchte sich nicht blamieren bzw. sich vor den anderen lächerlich machen. Alternativ ist der Einzelne auch zu bequem, den ersten Schritt zu tun oder er traut sich von seinem Kompetenz-Empfinden nicht zu, zu handeln.
Die individuellen Gründe liegen in der individuellen Persönlichkeit. Der Effekt selbst wirkt aber unabhängig (!) davon. Er basiert auf dem Effekt des sozialen Einflusses. Dieser Effekt führt dazu, dass das eigenständige Denken und Handeln ausgeblendet wird und sich dem tatsächlichen oder nur vorstellten Denken und Verhalten der Gruppe unterstellt.
Woher stammt der Begriff "Genovese-Syndrom"?
Der Begriff „Genovese-Syndrom“ basiert auf dem Namen von Kitty Genovese, einer US-Amerikanerin aus New York City, die 1964 auf dem Weg zu ihrem Wohnhaus einem Mordanschlag zum Opfer fiel. Der Anschlag auf Kitty Genovese zog sich über etwa eine halbe Stunde hin und geschah an verschiedenen Orten. Mindestens 38 Personen aus der Nachbarschaft beobachteten den Überfall, ohne dass der jungen Frau irgendjemand zu Hilfe kam.
Wer meint, so etwas sei ein Einzelfall, der täuscht sich. O.g. Effekte belegen, dass es sich vorab sogar um eine Regel handelt. Diese Tatsache wird lediglich selten bemerkt oder von Menschen aufgrund des sogenannten "gesunden Menschenverstandes" nicht für möglich gehalten. Hinzu kommt die darauf basierende Ausblendung derartiger Wahrnehmungs-Reize durch den Effekt der Selektiven Wahrnehmung.
Wer ein derartiges Handeln nicht für möglich hält, der nimmt es auch nicht oder nur wenig bzw. selten wahr. Folglich führt dies in der individuellen Wahrnehmung zu der Annahme von Seltenheit bzw. von Ausnahmeerscheinungen. Das Phänomen wurde mittlerweile abereingehend untersucht, ebenso der grundlegende Effekt des Sozialen Einflusses.
Der Mord an Kitty Genovese veranlasste die Psychologen John M. Darley von der New York University und Bibb Latané von der Columbia University das Nichteingreifen der Zeugen wissenschaftlich zu untersuchen. Als Hauptursachen des Verhaltens identifizierten die Forscher die Aufteilung der Verantwortung sowie Pluralistische Ignoranz.
Die Forschungsarbeiten von Darley und Latané motivierten zu vielen weiteren sozialpsychologischen Studien über prosoziales Verhalten. Forschungen, welche die Ursachen für das Phänomen der unterlassenen Hilfeleistung untersuchen, betonen die starke Bedeutung von Gruppenprozessen und Gruppendynamik.
Pluralistische Ignoranz - Unterschiedliche Theorien zur Ursache
Theorie 1:
Die Notwendigkeit oder Dringlichkeit einer Hilfeleistung kann von den Umstehenden nicht eindeutig eingeschätzt werden. Die Personen unterlassen Hilfeleistung, weil sie befürchten, dass sie sich blamieren, wenn sie in einer Situation eingreifen, die für die betroffene(n) Person(en) nicht bedrohlich ist.
Theorie 2:
Bei einer größeren Zahl von Umstehenden wird die Bereitschaft größer, die Situation nicht als Notfall einzuschätzen (pluralistische Ignoranz). Die anderen Umstehenden sehen offenbar auch keinen Notfall, denn niemand sonst hat bisher eingegriffen.
Theorie 3:
Bei einer größeren Zahl von Umstehenden kommt es zu einer Verantwortungsdiffusion: Verantwortungsteilung auf die Zahl der Zuschauer bezogen mit gleichzeitiger Abnahme der Eigenverantwortung. Es wird darauf gewartet, dass eine andere Person eingreift bzw. den ersten Schritt einer Intervention wagt.
Theorie 4:
Nach der Reaktanz-Theorie fühlt sich eine um Hilfe gebetene Person von dieser Bitte in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeengt. Als Gegenreaktion wird sie dazu tendieren, Hilfe zu verweigern.