Glauben, Glaube, Glaubenssätze und Wertesystem

Wissen: Glauben, Glaube, Glaubenssätze

Glaube(n
„Glaube“ und „glauben" kommt sprachlich - je nach Sprache und Sprachentstehung -  von "begehren", "gutheißen", "lieb haben", "für lieb erklären", "für lieb halten", "lieben"‚ "das Herz geben/schenken", "loben" sowie von "beliebt" und "Begierde", ferner von "geloben", "verloben", "erlauben", "Gelöbnis", "Treue", "treu sein", "sich an etwas festmachen", "fest" und "unerschütterlich"...

 

Im alltäglichen Sprachgebrauch wird "glauben" auch in der Bedeutung von „meinen“ und „vermuten“ im Sinne von „etwas für wahr halten“ verwendet. Glauben ist eine Wahrscheinlichkeitsvermutung und bezeichnet zugleich eine Grundhaltung des Vertrauens - ob in religiöser Überzeugung oder in Bezug auf andere Menschen oder sich selbst.

 

Glauben heißt zugleich, sich auf etwas verlassen, steht zugleich für Treue und Gehorsam. In Sätzen wie „Ich glaube dir“ kann zum Ausdruck gebracht werden, dass man eine Meinung der betreffenden Person übernimmt, ihr also blind bzw. ohne Überprüfung von Tatsache vertraut. So ist das auch beim Glauben an die eigene Wahrnehmung und Denkweise sowie das eigene Weltbild, an das man glaubt. Damit ist "Glauben" zugleich ein Fürwahrhalten eigener Wahrnehmungen, Überzeugungen und Schlussfolgerungen, unabhängig von der Tatsache, ob diese jetzt logisch und/oder richtig oder für das eigene Leben förderlich oder zielführend sind.

 

„Glaube“ im rein menschlichen Sinn ist ein Bewusstseins-Akt des Vertrauens mit der Option, dass das Geglaubte entweder real ist oder in der Zukunft zur Realität werden kann. Gemäß dem Spruch "Glaube versetzt Berge" ist der Glaube an bestimmte Menschen, Dinge und Umstände wichtig für unser Leben und Überleben, selbst wenn der Glaube nach objektiv messbaren Kriterien selbst vielleicht nicht stimmig ist. Entscheidend ist, dass er ein bestimmtes Erleben und Handeln erzeugt. Juristisch gibt es den Begriff des Handelns "im guten Glauben". Dieser "gute Glaube" entschuldigt in einem gewissen Maße naive Richtigkeits- und Eigentums-Annahmen bzw. -Vermutungen, die für einen selbst logisch und schlüssig schienen, obgleich die objektiven Tatsachen - wie sich nachfolgend herausstellt - anders sind.

 

Glaubenssätze

Der Glaube von Menschen manifestiert sich in zumeist unbewussten Glaubenssätzen, mit denen jeder durchs Leben geht - zumeist in voller Überzeugung von der Richtigkeit und Wahrheit des eigenen Glaubens. Unser Glaube bildet zugleich unsere eigene persönliche "Wahrheit", an der wir festhalten, weil das Hinterfragen dieser - letztendlich rein subjektiven - "Wahrheit" eher unangenehm ist.

 

Glaube manifestiert sich auch in bewusst gestalteten Glaubenssätzen. Diese kennen wir z.B. von kirchlichen Dogmen und ebenso vom NLP (Neuro-Linguistische Programmierung). Hier werden bewusst gestaltete Glaubenssätze bewusst genutzt, um ein bestimmtes Denken und Handeln herbeizuführen und um bestimmte Ziele zu erreichen.

 

Dabei geht die Initiative nicht nur vom Glaubenden selbst aus, sondern auch von Manipulatoren, die einen bestimmten Glauben verbreiten wollen und dazu bestimmte Glaubenssätze in die Gehirne der Menschen implementieren. Dadurch entstehen Anker, die im Unterbewusstsein wirken und hier bestimmte Denk- und Handlungsmuster erzeugen (siehe: Gehirnwäsche). Glaubenssätze sind tief verankerte Überzeugungen über die Welt und/oder uns selbst. Sie dienen dazu, sich in seiner Umwelt zu orientieren (Beispiel: "Die Erde ist eine Scheibe", "Die Erde ist eine Kugel", "X ist richtig", "Y ist falsch", "Arbeit ist kein Zuckerschlecken", "nur wer hart arbeitet, verdient viel Geld" usw.). 

 

Ein Glaubenssatz ist zugleich der sprachliche Ausdruck von etwas, an das jemand glaubt, was jemand für wahr hält. In diesem Sinne sind Glaubenssätze Aussagen, die einer Sache, einem Umstand oder Menschen eine bestimmte Bedeutung, Wertung, Ursache und Wirkung zuschreiben. Sie geben unserem Handeln eine Logik, Begründung und Wertigkeit und sind zugleich der Motivator für unser Handeln. Manche Glaubenssätze sprechen wir selbst tagtäglich aus, andere denken wir nur im Stillen vor uns hin, manche schlummern im Hintergrund, in unsrem Unterbewusstsein - und wir sind uns ihrer gar nicht bewusst.

 

Andere Glaubenssätze wiederum werden uns vorgegeben z.B. von der Religion, von unserem Umfeld, von den Medien oder von der Politik. Sofern wir einem ständigen Priming bestimmter Glaubenssätze ausgesetzt sind, manifestieren sich diese unbewusst in unserem Kopf und manipulieren unser Handeln.

 

Menschen - insbesondere kollektivistisch orientierte Persönlichkeiten - "plappern" das nach, was Ihnen medial geprimt wird. Wer nicht "nachplappert",  macht sich zumindest Gedanken, bewusst oder unbewusst (z.B. wenn man sich ärgert oder die Dinge hinterfragt). Wie auch immer: Auf Basis von Gedanken, die sich über Priming (= Bahnbrechung) wiederholen, bilden sich durch Synapsen bzw. neuronale Bahnen, aus denen sich dann letztendlich automatisch (unbewusst) neue "Wahrheiten" und Urteile und ableiten. Daraus ergibt sich (neues) Verhalten, das sich durch Tun oder Unterlassen zeigt. 

 

Es sind klischeemäßige gesellschaftliche Vorgaben wie "um dies oder jenes zu tun oder zu schaffen, muss man dieses oder jenes tun" oder "Arbeit macht frei", die uns lenken und die wir - entsprechend dem jeweiligen Zeitgeist - übernehmen, damit gesellschaftliche Ordnungssysteme funktionieren, sich bestimmte Ideologien festigen damit die Gesellschaft, eine bestimmtes Regime, eine bestimmte Gruppe oder Institution dadurch einen bestimmten Vorteil hat. Werbung und Marketing nutzen Glaubenssätze dazu, eine bestimmte Nachfrage zu erzielen und regelrechte Kaufhandlungs-Regelwerke zu schaffen, was den meisten Menschen überhaupt nicht bewusst ist.

 

Wie entstehen Glaubenssätze?

Viele Glaubenssätze, die uns anhaften, haben wir von unseren persönlichen Erfahrungen abgeleitet, aus eventuellen Vergangenheits-Traumata generiert, durch Wiederholungen gefestigt und schließlich vom Einzelfall zum Weltbild verallgemeinert. Andere Glaubenssätze stammen nicht von uns. Wir haben sie von anderen Personen und der Gesellschaft übernommen (Familie, Freunde, Schule, Ausbildung, Studium, Kultur, Gesellschaft, Gesetze, Rituale, Klischee-Vorstellungen, Vorurteile…). Diese Übernahme geschah entweder blind (unbewusst) oder im blinden Vertrauen. 

 

Wirkung von Glaubenssätzen

Alle Glaubenssätze und die entsprechenden Überzeugungen und Bedeutungs-Zuschreibungen haben eine mächtige Wirkung. Sie beeinflussen allein aus dem Unterbewusstsein heraus unsere Wahrnehmung, unser Denken und Handeln sowie unsere Vorstellung von der Realität und zwar in einem starken Maße und in einer Art und Weise, die sich auf unser gesamtes Leben auswirkt.

 

Auch jene Glaubenssätze, die uns nicht bewusst sind, haben ihre Wirkung auf unser Denken und Handeln. Unser gesamtes Verhalten, alles, was wir tun und unterlassen, wird maßgeblich von unseren Überzeugungen geprägt, im Positiven wie im Negativen. Wenn ein bestimmter Glaube fest in uns verankert ist, entfaltet er seine Wirkung. Diese Wirkung kann so selektiv und stark sein, dass wir alles Gegenteilige ignorieren (Selektive Wahrnehmung), abwehren oder für falsch halten (siehe Realitätsleugnung).

 

Der Glaube beeinflusst nicht nur unsere Wahrnehmung, unser Denken und unser Handeln, sondern auch - oder gerade dadurch - unsere Umwelt inklusive der Personen, Dinge und Umstände, die in unser Leben treten oder eben nicht. Ebenso beeinflusst unser Glaube unsere Körperfunktionen. Im Prinzip reagiert unser Körper so, als wäre das wahr, was der Geist glaubt. (Siehe psychosomatische Zusammenhänge und Placebo Effekt). Ein sachlich gemessen eigentlich wirkungsloses Medikament kann in Verbindung mit dem überzeugten Glauben, dass es wirksam ist und zudem hilft, mindestens die gleiche Wirkung erzielen wie ein Medikament mit sachlich gemessener Wirksamkeit.

 

Entscheidend ist, a) an welche Wirkung man konkret glaubt, b) dass man generell daran glaubt, c) wie stark man daran glaubt und d) dass eine absolute Überzeugung besteht und e) keine Zweifel aufkommen. Soldaten im Krieg, die im Moment des Einschlagens eines Geschosses im Helm, glauben, tödlich getroffen zu sein, fallen, sofern sie es glauben, tot um. Menschen, denen man sagt, dass sie aufgrund einer lebensbedrohlichen Krankheit nicht mehr lange leben können, werden, sofern sie nicht die Naivität besitzen, fest das Gegenteil zu glauben, entsprechend der suggerierten Lebenszeit-Vorgabe sterben.

 

Naturvölker haben dies mit in ihre Lebenszeitplanung integriert, in dem z.B. einige Indianer zum Sterben auf einen Berg gingen und von dort nicht mehr wiederkamen. Sie waren davon Überzeugt (+ gewillt) und darauf eingestellt (=selbst programmiert), dass ihre Zeit gekommen ist. Folglich stellt sich das ein. Unser Glaube erzeugt unsere Selbst- und Fremd-Wahrnehmung, unsere Wahrnehmung erzeugt unser Denken, unser Denken erzeugt Verhalten, Verhalten ist Handeln, Handeln manifestiert sich in einem Ergebnis. Ergebnisse dienen als Beweise. Diese werden widerum geglaubt und verarbeitet usw. 

 

Glaube bildet Realität

Egal wie sich unser Glaube manifestiert: Er bildet unsere Realität und ist zugleich eine selbsterfüllende Prophezeiung. Wenn man wirklich glaubt, dass man etwas nicht kann, wird man unbewusst einen Weg finden, das Eintreten einer Veränderung zu verhindern. Man findet stets einen Weg, die Ergebnisse so zu interpretieren, dass sie mit den bereits bestehenden eigenen Glaubenssätzen übereinstimmen. Was uns ins Negative formt, kann man jedoch im Umkehrschluss ins Positive verkehren: Wenn man folglich fest an etwas glaubt, so stellt sich dies ein. Je nachdem wie stark und naiv unser Glaube ist, desto stärker manifestiert sich dieser und wird entsprechend unserer Vision früher oder später zur Realität.

 

Tatsächlich ist die Wirklichkeit in ihrer Konsequenz so, wie die Menschen sie wahrnehmen und definieren. Je nachdem, mit welchen Vorstellungen man durchs Leben geht und seine Welt konstruiert, beeinflusst man seine weiteren Wahrnehmungen und sein Handeln mit allen Konsequenzen. Dazu zählen auch die Menschen, die einem begegnen und ihre Aktivitäten – auch in Bezug auf einen selbst. Man nimmt sie wahr, lernt sie kennen, schöpft aus ihrer Existenz - oder man übersieht sie oder stellt sie sogar gegen sich auf. Bestimmte Menschen, Situationen und Umstände zieht man an, andere widerum stößt man ab, je nachdem, wie das Glaubensbild unseres Unterbewusstsein manifestiert.

 

Die eigenen Glaubens- bzw. Überzeugungssysteme sind die eng mit den eigenen persönlichen Werten, Motive und Handlungen verknüpft. Sie beeinflussen die Entscheidungsfindung, die Leistungsbereitschaft, die Leistungsfähigkeit, den Lebenswillen, die Fähigkeiten mit Stress umzugehen, die Gestaltung positiver Lebenspläne, die Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung sowie die Erreichung von Zielen in erheblichem Maße. Daher ist es wichtig, seine Glaubenssätze zu erkennen und zu hinterfragen.

 

Warum ist es wichtig, alte unnütze Denkmuster zu erneuern?

Kurz gesagt: Zeiten und Umstände ändern sich. Ebenso ändern sich unsere Ziele. Vieles, was wir früher gelernt haben und uns damals vielleicht half, ist heute überholt und sogar kontraproduktiv. Es hindert uns am Vorwärtskommen, beschränkt unser Handeln, unser Handlungsspektrum und unsere Möglichkeiten. Manches behindert uns und erzeugt Spannungen. Wir müssen umlernen. Das gestaltet sich schwieriger als man denkt.

 

Warum gestaltet sich Umdenken schwierig?   

Wir denken in bestimmten Zusammenhängen/Ursächlichkeiten, messen bestimmten Dingen und Umständen eine bestimmte Bedeutung bei, ziehen klare Grenzen zwischen dem Möglichen und dem Unmöglichen. Wir haben ein ganz bestimmtes Bild von unserer Umwelt und den Menschen um uns herum. Wir haben bestimmte Verhaltensweisen, befolgen Regeln und schränken uns ein (Selbsteinschränkungen) – auch in Bezug auf die Annahme unserer eigenen Identität und unserer Fähigkeiten.

 

Wir glauben zu wissen, wer wir sind, was richtig und gut oder was falsch und schlecht ist. Unser Glaube führt zu inneren Glaubenssätze, die den Fokus unserer Aufmerksamkeit steuern. Dadurch bestimmen wir, welche Informationen wir wahrnehmen, aufnehmen, interpretieren und verarbeiten. Egal wie unsere Glaubenssätze entstanden sind, ob aus uns selbst heraus oder von anderen übernommen: Kaum jemand kann uns davon abbringen, schließlich lassen wir uns unser Weltbild nur ungern zerstören. Unser Selbsterhaltungstrieb hindert uns ebenso wie feste Denkstrukturen und -prozesse. Die Orientierung, die wir uns geschaffen haben, wollen wir nur ungern loslassen, weshalb unser Denk-System dazu neigt, neue, anders und befremdlich wirkende Informationen Automatisch zu leugnen (Siehe Realitätsleugnung). 

 

Wie kann man dennoch ein Umdenken und Umlernen erreichen?

Durch Bewusstmachung und Umprogrammierung per Rückkopplung von der Sprache zum Gehirn und von dort wieder zu neuem Verhalten. Sofern man sein Leben positiv verändern möchte, ist es hilfreich und wichtig, sich seine eigenen Glaubenssätze bewusst zu machen und zwischen hilfreichen, positiven und zielführenden Glaubenssätzen und behindernden, negativen, blockierenden und schadenden Glaubenssätzen zu unterscheiden. Ebenso sollte zwischen offensichtlichen Glaubenssätzen (die man fast täglich ggf. mehrfach ausspricht oder laut denkt) und jenen unterschieden werden, die nicht so offensichtlich sind. Dazu zählen unbewusste Überzeugungen, die bereits seit längerem bestehen und vielleicht sogar in unserer Kíndheit entstanden sind. Vieles haben wir von unseren Eltern übernommen.

 

Alle persönlichen Durchbrüche beginnen mit einer Änderung unserer Glaubensmuster 

(Anthony Robbins)

 

NLP

Im NLP werden bestehende Glaubenssätze bewusst gemacht, ungünstige Glaubenssätze identifiziert und durch neue individuelle Glaubenssätze ersetzt. Über das Umprogrammieren von alten Überzeugungen und/oder Neuprogrammieren neuer Einstellungen in eine bestimmte Richtung helfen bewusst gestaltete und im Unterbewusstsein neu verankerte Glaubenssätze ihre Wirkung auf unsere Wahrnehmung, unser Denken und unser Handeln zu entfalten - eigentlich ein Prozess, der fortlaufend erneuert werden sollte, um alte unnütze Gewohnheiten und negative Denkmuster regelmäßig zu erneuern.

 

Negative und positive Glaubenssätze

Negative behindernde Glaubensätze wie z.B. "Alle Menschen wollen mir Böses" oder "Ich bin nicht viel wert" oder "ich muss sparsam sein, weil es nicht genug gibt" könnten zum Beispiel ersetzt werden durch "Alle Menschen sind hilfsbereit und freundlich" oder "Ich bin ein wertvoller Mensch." oder "Ich lebe im Überfluss und gönne mir etwas". Das mag jetzt erst einmal etwas naiv klingen - tatsächlich spielt der Wahrheitsgehalt der jeweiligen Aussage für unser Gehirn, in dem sie wirken soll, keine Rolle.

 

Wahrheitsgehalt von Glaubenssätzen

Allein der Wahrheitsgehalt und unser Realitätssinn bzw. die Definition von dem, was wahr und real ist, ist bereits ein Denkmuster und Glaubenssatz und es gilt, derartige Denkmuster und Glaubenssätze zu hinterfragen, weil sie veränderbar sind und sich sowieso im Laufe der Zeit oder mit einem Wechsel von Gesellschaft und Kultur verändern. Selbst gesellschaftlich etablierte Normen und Regelwerke sowie wissenschaftlich bewiesene Tatsachen ändern sich, sind irgendwann nicht mehr wahr. An die reale Existenz des Teufels hat man früher ebenso felsenfest geglaubt wie an die Tatsache, dass die Erde eine Scheibe sei. Wer als Hexe galt, war wissenschaftlich und gesetzlich ebenso festgelegt wie die konkrete Prozedur, die zu ihrer Identifizierung und Überführung durchzuführen war inklusive der Regelwerke für die sogenannte Tortur. Bestimmte Persönlichkeits-und Charaktereigenschaften waren strafbar, bestimmte Krankheiten und Seuchen wurden mit festgelegten Mitteln behandelt bzw. bekämpft, über die wir heute schmunzeln oder uns an den Kopf fassen. Nur bestimmte Berufsgruppen durften in der Stadt und in bestimmten Straßen leben, andere (Müller, Köhler etc.) hatten draußen zu bleiben. 

 

Jede Generation hat ihr Weltbild, ihre Trends, ihre Mode. Alle Generationen waren und sind - wie wir heute - davon überzeugt, die Welt richtig zu sehen, auch in den kleinsten Details. Ein Blick auf 100 Jahre alte Automobile, in nur 50 Jahre alte Lexika, nur 20 Jahre alte Nachrichten-Sendungen, auf nur 10 Jahre alte Mobilfunkgeräte führt bereits zur Verwunderung. Wir belächeln die Menschen von früher ebenso wie Menschen mit abstrus klingenden Zukunftsvisionen und anderen Ansichten, die wir nicht oder noch nicht verstehen.

 

Veränderung von Glaubenssätzen

Vieles was in früheren Zeiten durchaus seine Berechtigung besaß, ist heute überholt, behindert uns oder ist nicht mehr zielführend. Während man in Zeiten von Lebensmittelknappheit und Hunger überall hörte und lernte, seinen Teller aufzuessen und - so lange es etwas gibt -  so viel wie möglich in sich hineinzuschlingen, um möglichst viel gutes Fett anzusetzen, lernen andere Generationen wiederum das Gegenteil. Warum?

 

Weil die Zeit eine andere ist, eine andere Versorgungssituation besteht, ein anderes Konsumverhalten vorherrscht, andere Prioritäten, Trends, Mode- und Schönheitsideale gelten, man über neues und anderes Wissen verfügt. Was wir in unserer Kindheit oder Schulzeit gelernt haben und was uns geprägt hat, führt heute nicht selten dazu, dass wir anecken, Misserfolge einfahren, selbst verwunderlich und seltsam wirken. Wir wundern uns darüber, dass andere Menschen alles "falsch" machen, aber dennoch damit erfolgreich sind.

 

Festhalten an alten Glaubenssätzen

Anstatt uns selbst zu hinterfragen und zu erneuern, ärgern wir uns, grenzen uns ab und verstärken unsere alten Glaubenssätze, die heute und im Angesicht aktueller Ziele in den Augen anderer vielleicht geradewegs wie Oldtimer anmuten und zudem auf uns selbst und andere, negativ wirken. Weil das, was wir im "Jetzt und Heute" erfahren, nicht (mehr) mit unseren Erwartungen, Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünschen und Absichten) übereinstimmt, wir die Erfahrung machen, dass Dinge, die wir gelernt haben, plötzlich nicht (mehr) funktionieren oder nicht mehr gut oder richtig sein sollen und wir Dinge tun (sollen/müssen), hinter denen wir eigentlich (noch) gar nicht stehen, entstehen Kognitive Dissonanzen.

 

Glaubenssätze mit beschränkender Wirkung

Viele Glaubenssätze, die wir mit uns herumtragen und leben, waren früher praktisch und nützlich - manche sind es heute immer noch. Andere Glaubenssätze sind wiederum unnützlich oder kontraproduktiv. Sie behindern uns und beschränken unsere Wahrnehmungs- und Handlungsfähigkeit.

 

Beispiel: "Eigentum verpflichtet und bringt Verantwortung und Kosten mit sich", "Wenn ich einen Job möchte, muss ich eine Bewerbung schreiben", "Eine Bewerbung besteht aus Anschreiben, Lebenslauf, Lichtbild und Zeugnissen", "Einen Mitarbeiter auswählen, macht man anhand seiner Bewerbung und eines Vorstellungsgespräches", "Wer Geld verdienen will, muss hart arbeiten", "Wer A sagt muss auch B sagen", "Nur der frühe Vogel fängt den Wurm", "Ich noch zu jung", "Ich bin zu alt", "Ich kann mir das nicht leisten", "Ich habe nicht genug Geld").

 

Einige Glaubenssätze mögen logisch klingen, andere unlogisch, einige Glaubenssätze schränken ein, andere machen uns das Leben schwer. Sie lassen uns Ziele nur schwer oder gar nicht erreichen. Andere führen unmittelbar zu nachteiligem Handeln und zu Misserfolgen. Andere Glaubenssätze wiederum schränken uns zwar ein z.B. "Nur der frühe Vogel fängt den Wurm", helfen uns aber (z.B. wenn wir früh aufstehen müssen, obwohl es uns vielleicht selbst nicht gefällt), unser Handeln zu erklären oder zu entschuldigen. Wenn man sich z.B. einredet, dass "früh aufstehen" gut, sinnvoll und vorteilhaft ist - und zudem daran glaubt, erleichert es im konkreten Fall unser Leben. 

 

Glaubenssätze als Ausrede

Je nach Zusammenhang und Erfordernis dienen Glaubenssätze manchmal als praktische Ausrede für einen selbst z. B. um eine zeitlich befristete Situation oder einen kurzzeitigen Zustand zu erklären und zu entschuldigen. Man muss nur aufpassen, dass man sie nicht für immer beibehält und diesem Muster dann für immer folgt. Wichtig sind positive Glaubenssätze, egal wie real sie im Jetzt erscheinen mögen, egal wie naiv sie ggf. klingen.

 

Anpassung von Glaubenssätzen

Wichtig ist auch, dass man Glaubenssätze regelmäßig an neue Ziele, Wünsche und Erfordernisse anpasst und sie entsprechend verändert. Dabei gilt es, gut zu überlegen, wie man sich und die Welt wahrnehmen muss, damit man das erhält, was man möchte bzw. sich wünscht. Man sollte überlegen, welche Annahme für die Erreichung seiner Ziele förderlich ist und welche Glaubenssätze ein eher blockieren. Welcher Glaube an was bringt einen weiter? Woran würde die Person glauben, die man selbst sein und ausleben will? Wie könnte man sich seine Visionen bildlich vorstellen und im Detail ausmalen? Welche Erfahrungen möchte man gerne machen? Was könnte dienlich sein, um diese Erfahrung tatsächlich zu machen? Welche eigenen Denkmuster, Überzeugungen, Einstellungen und negativen Glaubenssätze könnten einen von seinem Vorhaben abbringen? Wer könnte einen von seinem Vorhaben abbringen und welche Glaubenssätze gehen von diesen Menschen aus? Welche Personen können einen bei der Erreichung seiner Ziele unterstützen? Welches Umfeld und welche Umgebung könnte förderlich sein? Woran fällt es schwer, zu glauben? Mit welchem Glaubenssatz kann man sich wohl fühlen, welchen kann man nur schwer annehmen? usw. 

Werte-Reflexion: Wie sich unsere Werte ändern, das eigene Wertesystem hinterfragen

Wertesystem / Werte-Reflexion

Wie sich unsere Werte ändern
Das eigene Wertesystem hinterfragen
Im Großen und Ganzen steht "Intelligenz" für die Fähigkeit, sich schnell und flexibel auf Neues einzustellen: Z.B. neue Wahrnehmungen, neue Erfahrungen, neue Gefühle, neue Erkenntnisse, neue Erfordernisse, neue Denk- und Handlungsmuster. Wer immer gleich denkt, läuft mit seinem Denken und Handeln sprichwörtlich irgendwann "vor die Pumpe", wird unzufrieden oder unglücklich.

 

Daher gilt es, sein eigenes Denken und Handeln ebenso zu hinterfragen - so wie das eigene Umfeld, das sich im Laufe der Zeit natürlich ebenfalls ändert, weil Menschen (z.B. über neue Wahrnehmungen, neue Erfahrungen, neue Gefühle, neue Erkenntnisse, neue Erfordernisse und Umgebungen eben immer wieder umdenken neu denken. Dazu zählen auch unsere Werte, wobei wir unser Wertesystem zur Aufrechterhaltung unseres Selbstbildes und Selbstwertes stets automatisch überbewerten und davon nur ungern abweichen oder loslassen.

 

Sind wir aus irgendwelchen Gründen dazu gezwungen, unser Wertesystem zu hinterfragen, entstehen kognitive Dissonanzen, die wir tunlichst vermeiden möchten, weshalb wir es generell vermeiden, unser Wertesystem zu hinterfragen oder gar zu ändern. Aufgrund des Wirkungsprinzips der kognitiven Dissonanz-Reduktion finden wir daher alle möglichen Gründe, um an unserem Wertesystem tunlichst festzuhalten. Gedanken über Veränderungen lehnen wir ab. Sie irritieren und verunsichern uns, wühlen uns auf; schließlich haben wir gelernt und verinnerlicht, dass es immer unsere Werte sind, die uns zuverlässig durch das Gewirr an Entscheidungen navigieren.

 

Schließlich gibt uns unser Wertesystem Orientierung im Leben. Unsere Werte bilden ab, was uns im Leben wichtig ist. Ebenso weisen Werte uns den Weg, wenn wir die Orientierung verlieren. Und doch können und müssen wir sie im Laufe unseres Lebens ändern. Schließlich dreht sich die Welt nicht um uns: Unsere Umwelt und die Menschen darin, verändern sich - ggf. derart, dass unterschiedliche Werte kollidieren oder alte Wertesysteme für einen selbst zu einer Belastung werden. 

 

Doch die Annahme "Einmal ein Wert, immer ein Wert" wirkt sich für unser Leben und unsere Psyche irgendwann kontraproduktiv aus. Auch für unseren Körper: Wenn wir es gewohnt sind, jeden Tag die Wohnung oder unser Haus zu reinigen, weil Sauberkeit und Ordnung eben Teile unseres Wertesystem sind, werden wir spätestens dann daran zerbrechen, wenn wir ab einem gewissen Alter oder bei körperlichen Einschränkungen dies schlichtweg nicht eher können - oder wir alternativ derart viel Energie und Zeit benötigen, dass andere Aspekte unseres Lebens nicht mehr adäquat gelebt werden können. Weil uns dafür dann die Energie und/oder Zeit fehlt.  

 

Es ist folglich wichtig, Veränderungen zu realisieren und zu akzeptieren. Ebenso wichtig ist es, regelmäßig innezuhalten und in die Reflexion zu gehen. Fragen Sie sich: "Sind das noch immer die Werte, die zu mir passen?". Schließlich könnte es durchaus sein, dass sich meine Umwelt zwischenzeitlich geändert hat. Ebenfalls könnte es sein, dass ich in der Zwischenzeit neue Erfahrungen gemacht habe oder ganz plötzlich neues Erfahrungen mache, weil sich vieles im Leben verändert. Das während einer Schulzeit galt, ist heute vielleicht anders - und das, was vor 5 Jahren noch galt, kann heute ebenfalls anders sein. Auch das Wetter ändert sich - ebenso der Zeitgeist, die Ansprüche usw..

 

Jene Vorstellungen, die unser Verhalten und unsere Entscheidungen früher bestimmt haben, müssen heute nicht mehr aktuell sein. Das dem so ist, ist allzu logisch: Wir Menschen befinden uns in einem permanenten Veränderungsprozess. Das Problem ist jedoch, dass wir (wie bei dem bekannten Beispiel / Experiment vom Frosch im Wassergefäß, dessen Wasser immer wärmer wird, er sich an die Veränderung der Wassertemperatur allmählich gewöhnt und bis zum Kochen darin sitzen bleibt) viele Änderungen gar nicht realisieren, weil sie step by step bzw. Tag für Tag aufs Neue - folglich schleichend erfolgen.

 

Ohne Achtsamkeit und bewusste bzw. aktive Reflexion bemerken wir selbst gar nicht, wenn sich unser Wertesystem eigentlich längst verändert hat oder sich von der Logik her längst hätte verändern müssen. Folglich gilt es, die eigenen Werte im Laufe der Zeit immer wieder neu zu ergründen - und es ist völlig okay, wenn einige unserer Werte von einst, heute nicht mehr zu uns und/oder unserer Umwelt passen.

 

Sofern wir dies unterlassen, zwingen uns irgendwann die Umstände dazu: Dauer-Frust oder Burn out sowie plötzliche Erkrankungen, Schicksalsschläge oder andere große bzw. relevante Veränderungen im Leben, zwingen uns (und helfen uns) unsere Wertvorstellung zu hinterfragen, zu überdenken, zu relativieren und zu überarbeiten, um Krisen zu meistern oder zu bewältigen. 

 

Was sind Ihre Werte? Was streben Sie an? Woran halten Sie fest? Was ist Ihnen wichtiger? Ehrlichkeit oder Toleranz? Karriere und viel Geld? Oder Freunde, Familie und Beziehungen? Ganzheitliches Denken und Arbeiten oder Spezialisierung? Sicherheit oder Unabhängigkeit? Arbeit, Stress und Dauer-Engagement für andere? Oder ungelebte Träume realisieren und das Leben genießen? 

 

Unser Wertesystem geht stark mit Selbstbestimmung, Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung einher. Führen wir ein selbstbestimmtes Leben? Oder werden wir fremdbestimmt? Lassen wir uns lenken und Leiden? Oder nehmen wir die Dinge selbst in die Hand Können wir unsere Persönlichkeit zur vollen Entfaltung bringen? Oder werden wir dabei gehindert? Hindern wir uns ggf. selber daran? Haben wir uns selbst verwirklicht? Was ist unsere Lebensaufgabe? Oder leben wir lediglich einen Job? Leben wir uns oder andere? Können wir anderen helfen wenn wir selbst unzufrieden oder unglücklich sind?  

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