Wahrnehmungsfehler aufgrund Wissen & Vorerfahrung

inklusive Wahrnehmungsfehler aufgrund Abrufbarkeit von vermeintlichem Wissen aus Massenmedien

Wissen Psychologie: Wahrnehmungsfehler aufgrund von vermeintlichem "Wissen" und Vorerfahrungen

Vorinformationen

Bestimmtes Wissen und bestimmte Vorinformationen beeinflussen sowohl die Beobachtung und Wahrnehmung von Personen, Zuständen und Sachverhalten als auch die Urteilsbildung und Entscheidungsfindung. Emotional behaftete Vorinformationen wirken dabei noch stärker als sachliche. So lassen sich z.B. Richter und Geschworene allein durch emotional aufgeladene Medienberichte unbewusst sehr stark in ihrer Urteilsbildung beeinflussen. 

 

Es geht aber vorab nicht nur darum, ob Vorinformationen richtig oder falsch sind: Die Vorinformationen allein wirken bereits an sich beeinflussend und sorgen für Voreingenommenheit, Informationsverzerrung und subjektive und ggf. falsche Urteilsbildung, insbesondere dann, wenn sie emotionsgeladen sind und ein persönliches Involvement erzeugen.

 

Besonders gravierend wirkt die Beeinflussung bei Menschen, die von ihrem Wissen bzw. Vorwissen bzw. ihren Erfahrungen bzw. Vorerfahrungen oder dem Glauben an dieses Wissen sehr überzeugt sind. Hier wird die klare objektive Sicht von vorne herein getrübt und es fehlt die Möglichkeit zur Offenheit für Neues oder Alternativen. 

 

Fehler aufgrund solcher Vorinformationen führen automatisch zu Voraus-Urteilen, die jedoch von allgemeinen Vorurteilen abzugrenzen sind. Ebenso führen Vorinformationen zu bestimmten Erwartungen (siehe Wahrnehmungsfehler: Erwartungsfehler), die sich aber nicht automatisch erfüllen, allein schon deshalb, weil die Qualität und Richtigkeit der entsprechenden Vorinformationen nicht immer vorliegt.

 

Wissen & Denken

Sowohl die Leistungsfähigkeit des Denkens (Intelligenz), als auch die Quantität und Qualität unseres Wissens beeinflussen die Beobachtung und alle weiteren Wahrnehmungs- und Denkprozesse. Ein leistungsfähigeres Gehirn kann zwar aufmerksamer sein und Denkprozesse etwas weniger (aus gehirnökonomischen Gründen) abkürzen; dennoch gibt es ein anderes gravierendes Problem:

 

Wer zu viel denkt und wer zu viel weiß bzw. auch falsch gelernt hat, lässt sich eher täuschen oder täuscht sich selbst - allein durch das bereits bestehende Wissen und die daraus resultierenden Denk-Muster. Umgekehrt gilt daher der Spruch, der im übertragenen Sinne der Bibel (Bergpredigt des Matthäus-Evangeliums) entspringt: "Selig sind die, die arm im Geiste sind, denn sie werden das Himmelreich erblicken."

 

Zugleich ist dies auch der Grund, warum man in einigen professionellen Bereichen dahin tendiert, Kinder in wichtige Beurteilungs-Entscheidungsprozesse einzubinden und zu befragen. Das, was Erwachsene (ggf. auch falsch) gelernt haben, kennen Kinder ggf. noch nicht. Sie unterliegen weniger Wahrnehmungsfehlern als Erwachsene, allein schon, weil sie über weniger (falsches) Wissen verfügen und darüber hinaus ganz anders (weniger selektiv) und genauer beobachten.

 

Abrufbarkeit von Wissen

Wahrnehmung stellt einen komplexen Prozess der Informationsgewinnung durch die Verarbeitung von Reizen dar. Die Verarbeitung dieser Reize erfolgt im Gehirn über das Abrufen, Vergleichen und Bewerten bereits vorhandener Information im Gedächtnis. Diese Informationen basieren auf Erfahrungen und bereits gelerntem Wissen.

 

Die Informationen bzw. das vermeintliche "Wissen", das wir bereits aufgenommen, im Gehirn gespeichert, fest verankert und mental intuitiv verinnerlicht haben, bildet nun die Grundlage für neue Wahrnehmungen, Beurteilungen und Entscheidungen. Grundsätzlich stellt dies für das Lernen - und damit für die persönliche Entwicklung - einen praktischen Nutzen und Mehrwert dar, der von der Natur so gewollt ist.

 

Das Problem ist aber, dass die Informationen, die wir aufnehmen, speichern, verankern und verinnerlichen nicht immer richtig sind. Manchmal ist dieses Wissen einfach nicht mehr aktuell, manchmal aber auch schlichtweg falsch. Auf diesem falschem Wissen basieren dann alle weiteren Wahrnehmungen sowie unsere Urteile und Entscheidungen.

 

Abrufbarkeit von Medieninformationen

Eine besondere Rolle beim Erwerb von vermeintlichem "Wissen" und bei der Verbreitung von Wahn-Ideen im Sinne der Ansteckungstheorie spielen die Medien, insbesondere die Massenmedien. Über ihre hohe Zugänglichkeit und Abrufbarkeit stellen sie eine wichtige Plattform für den vermeintlichen Wissens-Erwerb dar - in mancher Hinsicht und in manchen Bereichen bilden sie – insbesondere im Zeitalter des Internets - sogar die Basis.

 

Ob dieses vermeintliche "Wissen" nun richtig und allgemeingültig oder gar einseitig und falsch ist, hinterfragen Menschen dabei zumeist ebenso wenig wie die Möglichkeit der indirekten oder sogar gezielt gesteuerten Beeinflussung – schließlich hat alles, was irgendwo "geschrieben" steht – eine "hoch offizielle" Wirkung und damit zugleich eine hohe subjektiv empfundene Wertigkeit, die unser Gehirn dann rein intuitiv und unbewusst als "richtig" eingestuft - selbst dann, wenn wir selbst bestimmte Informationen oder Quellen doch einmal bewusst hinterfragen.

 

Beispiel: Menschenkenntnis

"Menschenkenntnis" ist eine von vielen Menschen angestrebte, auf "Wissen" und entsprechenden Vorinformationen basierende, vermeintliche "Fähigkeit", die dazu dienen soll, Menschen "richtig" einzuschätzen, "richtig" zu beurteilen und darauf basierend "richtige" Entscheidungen zu treffen. Da wir nicht wissen, ob unsere Informationen und Vorinformationen überhaupt richtig sind und Menschenkenntnis zudem auf vermeintlichem Wissen in Form naiver subjektiver impliziter Persönlichkeitstheorien basiert, werden Wahrnehmungsfehler hier geradewegs provoziert. Menschenkenntnis basiert auf Vorurteilen und ist selbst ein Vorurteil in Bezug auf sich selbst. (Detail-Infos)

 

Beispiel: Vorurteile

Wegen unseres Wissens, unseres im Gehirn bereits fest verankerten "Beurteilungsmaterials" in Form bestimmter Theorien gehen wir mit bestimmten Vorurteilen an andere Menschen, Sachverhalte und Themen heran, wobei diese Vorurteile sowohl die Beobachtung als auch die Beurteilung selbst stark beeinflussen. (Detail-Infos)

 

Beispiel: Voraus-Urteile

Anders als Vorurteile, die auf Wissen und Informationen basieren, die bereits ohne vorausgehendes "Beurteilungsmaterial" in unserem Gehirn fest verankert sind und allgemeingültig scheint, basieren Voraus-Urteile auf konkreten Vorinformationen, die bereits im Gehirn gespeichert sind und auf die wir intuitiv zurückgreifen. (Detail-Infos)

Wahrnehmungsfehler aufgrund Abrufbarkeit von vermeintlichem Wissen aus Massenmedien

Wissen Psychologie: Wahrnehmungsfehler aufgrund Abrufbarkeit von vermeintlichem Wissen aus Massenmedien

Wahrnehmung: Prozess der Informationsgewinnung

Wahrnehmung stellt einen komplexen Prozess der Informationsgewinnung durch die Verarbeitung von Reizen dar. Die Verarbeitung dieser Reize erfolgt im Gehirn über das Abrufen, Vergleichen und Bewerten bereits vorhandener Information im Gedächtnis. Diese Informationen basieren auf Erfahrungen und bereits gelerntem Wissen.

 

Wissen: Richtig oder falsch?

Die Informationen bzw. das vermeintliche "Wissen", das wir bereits aufgenommen, im Gehirn gespeichert, fest verankert und mental intuitiv verinnerlicht haben, bildet nun die Grundlage für neue Wahrnehmungen, Beurteilungen und Entscheidungen. Folglich basiert die Verarbeitung sämtlicher neu eingehender Informationen stets auf dem, was wir bereits gelernt bzw. erfahren haben.

 

Grundsätzlich stellt dies für das Lernen - und damit für die persönliche Entwicklung - einen praktischen Nutzen und Mehrwert dar, der von der Natur so gewollt ist. Das Problem ist aber, dass die Informationen, die wir aufnehmen, speichern, verankern und verinnerlichen nicht immer richtig sind. Manchmal ist dieses Wissen einfach nicht mehr aktuell, manchmal aber auch schlichtweg falsch. Auf diesem ggf. "falschem" oder "einseitigen" Wissen basieren dann alle weiteren Wahrnehmungen sowie unsere Urteile und Entscheidungen. (Detail-Infos)

 

Erwerb von Wissen und falschem Wissen - Wissenserwerb über die Medien

Eine besondere Rolle beim Erwerb von vermeintlichem "Wissen" spielen die Medien, insbesondere die Massenmedien wie Rundfunk, Fernsehen und die sozialen Medien. Über ihre hohe Zugänglichkeit und Abrufbarkeit stellen sie eine wichtige Plattform für den vermeintlichen Wissens-Erwerb dar - in mancher Hinsicht und in manchen Bereichen bilden sie – insbesondere im Zeitalter des Internets - sogar die Basis dieses vermeintlichen "Wissens"-Erwerbs.

 

Warum wird vermeintliches "Wissen" so wenig hinterfragt?

Menschen, die etwas wissen wollen, suchen es bzw. "googeln" es im Internet und werden dann fündig. Unabhängig davon, ob es sich bei der jeweiligen Plattform, die das entsprechend gewünschte "Wissen" zur Verfügung stellt, um einen Anbieter mit wirtschaftlichen oder moralischen Absichten handelt, ob es sich um eine private oder eine institutionelle Plattform handelt, ob das Medium nun von ideologisch agierenden Journalisten mit links-grüner Weltanschauung. Gemäß auf Umfragen basierenden Studien standen bereits vor vielen Jahren 73 Prozent der Journalisten der SPD, der Linkspartei und den Grünen nahe. Heute liegt der Anteil bei 97 Prozent.

 

Ob dieses vermeintliche "Wissen" nun richtig und allgemeingültig oder gar einseitig und falsch ist, hinterfragen Menschen dabei zumeist ebenso wenig wie die Gefahr der indirekten oder sogar gezielt gesteuerten Beeinflussung.

 

Sicher spielt eine gewisse Naivität und Gutgläubigkeit eine Rolle (wie diese z.B. beim "Heile-Welt-Naivitäts-Fehler" oder bei anderen Formen des naiven Glaubens eventuell vorliegt). Dabei handelt es sich aber nicht nur um die eventuelle Naivität und Gutgläubigkeit, die in der jeweils individuellen Persönlichkeitsstruktur begründet liegt, sondern vielmehr um eine Form der unbewussten intuitiven "Naivität" und "Gutgläubigkeit", die unser Gehirn generell betrifft: Schließlich hat alles, was irgendwo "geschrieben" steht – eine "hoch offizielle" Wirkung und damit zugleich eine hohe subjektiv empfundene Wertigkeit, die unser Gehirn dann sowohl gewohnheitsmäßig (nach rituellen Denk-Schemata) als auch rein intuitiv und unbewusst als "richtig" eingestuft - selbst dann, wenn wir selbst bestimmte Informationen oder Quellen doch einmal bewusst hinterfragen.

 

Selbst wenn wir von der "Fehlerhaftigkeit" oder "Falschheit" der empfangenen Informationen überzeugt sind, wirken sie in unserem Gehirn weiter. Entscheidend ist, dass die entsprechenden Informationen grundsätzlich im Gehirn gespeichert vorliegen. Da unsere Urteile und Entscheidungen überwiegend intuitiv und unbewusst erfolgen (was viele Laien leider immer noch nicht wahrhaben wollen, obwohl sogar im professionellen Marketing und Verkauf bzw. Neuroselling längst damit gearbeitet wird), bilden die bereits vorhandenen Informationen nun die Basis für alle weiteren Wahrnehmungen, Beurteilungen und Entscheidungen.

 

Unser Gehirn, das sehr ökonomisch arbeitet, kommt gar nicht auf die Idee, dass es sich bei den neu gewonnenen Informationen um mögliche Fehlinformationen oder gar Manipulationen handeln könnte. Es gibt zwar Menschen, die aufgrund ihrer Intelligenz und Vorsicht immer noch in der Lage sind, Informationen und Quellen bewusst anzuzweifeln – unser Unterbewusstsein tut dies jedoch nicht:

 

Wie die moderne Gehirnforschung mittlerweile weiß, basiert der überwiegende Anteil unserer Urteile und Entscheidungen genau auf diesen unbewussten intuitiven Prozessen – und eben nicht auf bewussten analytischen Prozessen. Obwohl wir es selbst gar nicht mitbekommen, "glaubt" unser Unterbewusstsein (im übertragenen Sinne erklärt) auch das, was wir bewusst eigentlich anzweifeln würden.

 

Hinzu kommt: Nicht nur bewusst, sondern völlig intuitiv nehmen wir aus der Masse an Sinneseindrücken und Medieninformationen, entsprechende Informationen auf und speichern sie völlig automatisch (ohne einen bewussten Lernprozess und Lernaufwand zu verspüren) im Gehirn ab – damit zugleich auch alles Falsche und Schädliche: Z.B. Falschinformationen und Manipulationen. 

 

Alle neu eingehenden Informationen gleicht unser Gehirn nun mit eben diesen Falschinformationen und Manipulationen ab, wodurch die neu eingetroffenen Informationen ebenso verzerrt und verfälscht werden, selbst dann, wenn diese richtig sind. Dabei gilt die Regel, dass zuerst eingehende Informationen (weil sie das Fundament bilden, auf dem sich alle weiteren Informationen ablagern) eine stärkere Wirkung haben als nachfolgende Informationen (Primacy effect). Den Effekt kennen die meisten bereits von der Personenwahrnehmung, wobei der erste Eindruck alle weiteren Eindrücke überlagert (Perpetuierende Wahrnehmung).

 

Allein die Abrufbarkeit von Wissen stellt eine derartige Selbstverständlichkeit dar, dass es aus Sicht unseres Gehirns keiner Vergewisserung bedarf. Hinzu kommt folgende Tatsache: Weil die meisten Menschen insbesondere jenen Informationen einen hohen Stellenwert beimessen, die etabliert, überall zugänglich und für jedermann abrufbar sind (z.B. Wikipedia, Tagesschau etc.) kommen die meisten Menschen auch nicht im Entferntesten auf die Idee, dass die vielen aus den unzähligen "hochoffiziell" wirkenden Medien in Wirklichkeit "falsch" oder einfach nur sehr "einseitig" sein könnten.

 

Ebenso merken die Menschen nicht, dass sie manipuliert werden oder bereits schon längst so manipuliert worden sind, dass sie alle nachfolgenden Informationen in eine bestimmte Richtung bewerten und genau auf diesen Urteilen ihre täglichen Entscheidungen treffen. Wenn entsprechende Informationen sich einmal "verankert" haben, können nicht mehr gelöscht werden. Selbst dann wenn wir uns an bestimmte Informationen gar nicht mehr erinnern können, wirken sie im Hintergrund weiter. 

 

Verschiedene Formen der Psychotherapie nutzen diesen Effekt, der auch in der Neurolinguistischen Programmierung (NLP) bewusst eingesetzt wird - und hier in der Regel durchaus Positives bewirkt, sofern die Anker entsprechend positiv gesetzt werden. Auch die Werbung (siehe Werbepsychologie) und das moderne Marketing (siehe Neuromarketing, Consumer Neuro Science, Neuroselling, Viralmarketing etc.) nutzen diese Erkenntnis massiv - teilweise sogar schamlos – aus, ebenso die Politik und auch die Medien selbst.

 

Beispiel: Politische Meinungsbildung & Meinungsbeeinflussung

Dass ein zivilisierter moderner demokratischer Staat in Bezug auf ideologische Propaganda (direkt oder indirekt) ggf. ähnlich verfahren könnte wie dies bereits in der nationalsozialistischen Diktatur des Dritten Reichs (z.B. unter Reichspropagandaminister Joseph Goebbels) erfolgt ist, können sich die wenigsten Menschen kaum bzw. nur schwerlich vorstellen – allein schon deshalb, weil im Gehirn bereits Informationen verankert sind, die besagen, dass eine "Demokratie" genau dagegen ist und sogar dagegen opponiert. Gegen die Propaganda des Nationalsozialismus zu sein, bedeutet aber nicht gleichsam, keine Beeinflussungen in eine andere Richtung vorzunehmen.

 

Tatsächlich weiß man, dass jedes Staatsgebilde auch eine bestimmte Ideologie hat, die der Staat nach innen und außen vertritt. Ebenso ist bekannt, dass sich der Staat zum Zwecke der Meinungsbildung insbesondere der Medien bedient und diese Medien (allein über staatliche bzw. öffentlich-rechtliche Sender bzw. den öffentlich-rechtlichen Rundfunk) selbst politisch beeinflusst bzw. ideologisch involviert sind. In totalitären System werden die Medien sogar von der Regierung finanziert oder zumindest finanziell mitgetragen. Sofern dies nicht über Steuermittel erfolgt, wird in totalitären Systemen eine Zwangsgebühr erhoben, um die Bürger folglich mit ihrem eigenen Geld beeinflussen und indoktrinieren zu können, wobei die Medien - neben allgemeiner Information und Unterhaltung - politische Indoktrination und Propaganda im Sinne der jeweils Regierenden betreiben.   

 

Ob eine solche Ideologie nun (wie im Dritten Reich) darauf basiert, vermeintlich "minderwertige" Völker zu "unterwerfen" oder sie (in der modernen Demokratie) darauf basiert, Völker die für arm und bedauernswert bzw. für "minderbemittelt" gehalten werden, zu "entwickeln" und ihnen (regelrecht zwanghaft, fast sogar manisch) zu helfen (ob mit Geld, Entwicklungshilfe, über Asylgewährung und Sozialhilfe oder mit Waffen) ist in Wahrheit kein Unterschied:

 

Alle Ideologien, seien sie auch noch so unterschiedlich aufgestellt, haben ihre ganz eigene Moral und eigene Werte, die jeweils so vermittelt, transportiert und etabliert werden, dass jeweils andere Denkmuster nach Möglichkeit vermieden, bekämpft oder geächtet werden.

 

Selbst wenn offiziell eine vermeintliche "Diskussion" angekündigt wird, so steht natürlich bereits im Vorfeld fest, mit welchem Ergebnis (und welchen transportierten Stimmungs- und Meinungsbildern) diese ausgeht: Nicht etwa, weil die eingeladenen Diskussionsteilnehmer zu bestimmten Aussagen gezwungen werden, sondern allein durch die selektive Auswahl der Teilnehmer und den sozialen Druck (Sozialer Einfluss / Social Cognition) aber natürlich auch durch gezielte Auswahl des Studio-Publikums inklusive sogenannter "Claqueure" (Klatscher), die den Zuschauern quasi vorgeben, was als "gut" und "richtig" oder eben als "schlecht" und "falsch" wahrzunehmen und entsprechend zu bewerten ist.

 

Sozialer Einfluss beeinflusst Meinungsbildung

Mit diesem "sozialen Einfluss" und den Auswirkungen auf den einzelnen Menschen sowie auf Gruppen beschäftigt sich die Sozialpsychologie unter dem Begriff "Social Cognition". "Social Cognition" beschreibt und erklärt all jene kognitiven und emotionalen Prozesse, die der sozialen Interaktion und Kommunikation zugrunde liegen.

 

Aus den Zusammenhängen von "Social Cognition" leiten sich die unterschiedlichsten Wahrnehmungsfehler und Effekte ab, die einen direkten oder indirekten sozialen Einfluss auf Menschen haben z.B. der sogenannte "Anwesenheitsfehler", bei dem die reine Anwesenheit anderer Personen die Beobachtung und Beurteilung einer beobachteten Person oder eines Gegenstandes stark beeinflusst. Allein die Vorstellung, dass vermeintlich andere Menschen - der reinen Vorstellung entsprechend - etwas mitbekommen könnten, reicht aus, um zu einem anderen Urteil zu gelangen und sich völlig anders zu verhalten.

 

Besonders stark wirkt diese Beeinflussung, wenn es sich bei der anwesenden (oder vermeintlich anwesenden) Personen um Bezugspersonen oder um Autoritäten handelt. Da Medien zu solchen Autoritäten zählen bzw. dafür gehalten werden, wirkt sich allein die Präsenz der Medien derart stark auf die Urteilsfindung, Kommunikation und auf Entscheidungen aus, dass sich Interview-Partner oder geladene Talk Show Gäste - aber auch die Medienvertreter selbst vor laufender Kamera oder im "ON" des Rundfunks völlig anders verhalten und äußern, als sie es für gewöhnlich tun würden.

 

Gezielte Beeinflussung über Propaganda und Verankerung

Der Einfluss der Massenmedien ist enorm. Was in der Zeit des Hexenwahns z.B. der sogenannte "Hexenhammer" (Malleus Maleficarum) von Heinrich Kramer (1430–1505) anrichtete, übernehmen in der heutigen Zeit politisch motivierte (unterwanderte) und gelenkte - von Staat und/oder Politik finanzierte - Medien. 

 

Aus dem Lern-Prozess der eigenen Sozialisierung heraus, bekommen wir in Wirklichkeit gar nicht mehr mit, was richtig und falsch ist. Die Beeinflussung unseres Gehirns aufgrund überall abrufbarer Informationen mit Allgemeingültigkeits-Charakter (alternativ mit  bewusstem Ächtungscharakter (sogenannte "Schwarz-weiß-Informationen") haben sich längst in unseren Köpfen etabliert. Wo diese Verankerung noch nicht stattgefunden hat, da wird sie nachgeholt. Die Medien kümmern sich darum.

 

Bereits Joseph Goebbels (1897 - 1945) wusste, wie Menschen und Massen in ihrer Meinungsbildung über entsprechende Medien-Kanäle beeinflusst werden können: Sein Wirken hatte wesentlichen Anteil am Aufstieg der NSDAP. Von 1933 bis 1945 war er Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda und Leiter der Reichskulturkammer. In dieser Funktion trug er wesentlich dazu bei, Presse, Rundfunk und Film im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie auszurichten.

 

Obwohl es damals nach kein Internet gab und die Zugänglichkeit sowie Abrufbarkeit von Medieninformationen im Verhältnis zu heute noch sehr stark eingeschränkt war, schaffte er es, über das Zusammenspiel von demagogischer Rhetorik, choreographierter Massenveranstaltungen und Nutzung von Radio und Film (z.B. Wochenschau, Ohm Krüger, Heimkehr, Der große König, Kolberg, Die Entlassung, Kolberg,  S.A. Mann Brand, Hitlerjunge Quex, Kampfgeschwader Lützow, Der Herrscher, Patrioten, Urlaub auf Ehrenwort, Pour le Mérite, Mutterliebe, Jud Süß  etc.) den überwiegenden Anteil des deutschen Volkes für den Nationalsozialismus zu begeistern, die nationalsozialistische Idee zu indoktrinieren und ebenso Feindbilder (z.B. Juden und Kommunisten) aufzubauen.

 

Die Polarisierung in Freund-Feind Bilder sowie die Diffamierung dieser Feindbilder stellt zum Zwecke der "Verblendung" der Massen sowie zur Ruhigstellung, Bekämpfung und Zerschlagung Andersdenkender ein ganz wesentliches Instrumdentarium dar. Heute ist dies nicht anders.

 

Selbst in einer "modernen" und vermeintlich "toleranten" "Demokratie"?

Allgemein wird zwar gesagt, dass die Medien eine wichtige (und auch positive) Funktion in der Meinungsbildung einer Demokratie darstellen – aber genau diese "Meinungsbildung" bzw. der Begriff selbst ist es, der zugleich eine Gefahr darstellt.

 

Allein die Tatsache des Vorhandenseins einer Demokratie bedeutet nicht automatisch, dass alle vermittelten Informationen, Meinungen und Wertvorstellungen zugleich auch "richtig" und auch "demokratisch" sind. Sollte sich in einer Demokratie, in der die Macht vom Volke ausgeht, nicht lieber jeder selbst eine Meinung bilden? Allein die Tatsache, dass es um "Meinungen" geht - und eben nicht um Sachinformationen stellt eine erhebliche Beeinflussung dar, die teilweise sogar ganz bewusst erfolgt.

 

Weitaus gravierender ist die Tatsache, dass in den letzten Jahren an Stelle von Informationen zur Meinungsbildung (Bild: „Heute lesen was morgen Meinung ist“ ) immer mehr und vehementer sogar regelrecht lenkende Emotionen über die Medien (insbesondere das Fernsehen) transportiert werden, die dazu dienen, ein regelrechtes Involvement bei den Rezipienten zu erreichen.

 

Beispiel

Die Vorführung von Muster-Menschen und Muster-Beispielen mit Vorbild-Charakter und extrem positiver Wirkung (siehe Lernen am Modell und Vorbild im Rahmen der sozialkognitiven Lerntheorie) zuzüglich entsprechender Feedback-Nennung (siehe: "Sozialer Einfluss / Soziale Einflussnahme") seien hier ebenso als Beispiel genannt wie grässlich abstoßende Beispiele bösartiger oder primitiver Subjekte und Handlungen, die mit dunklen Bildern und dumpfer, Angst einflößender musikalischer Untermalung unterstrichen und emotional gelenkt werden - und das sogar im öffentlich-rechtlichen Fernsehen und mit steigender Tendenz.

 

Neben den gezeigten Bilder ist der Schnitt ganz entscheidend. Auch wenn es in der Werbung nicht anders ist: Hier wird so lange geschnitten bis genau das als Essenz bleibt, was die konkret gewünschte Information zur Meinungsbildung exakt spiegelt und ein eindeutiges persönliches Involvement beim Rezipienten erzeugt. Dadurch entsteht das völlig verzerrte, aber eben gewünschte Bild und niemand kann behaupten, es wurde gelogen (siehe Vorwurf der "Lügenpresse"). Das aber Unterlassen und Auslassen entscheidender Informationen einer Lüge gleichkommt, kann der Rezipient nicht erkennen.

 

Insbesondere das erzeugte Involvement beeinflusst Menschen sehr stark in ihrer Urteilsbildung und Entscheidungsfindung und wirkt besonders heimtückisch. Dies stellt eine unglaubliche Gefahr dar, die sogar weitaus höher und brisanter ist, als die damalige gelenkte Propaganda des Dritten Reiches - nicht zuletzt deshalb, weil heute eine wesentlich höhere Zugänglichkeit und Abrufbarkeit der Medien vorliegt – nicht nur Hinsichtlich der Nutzung an sich, sondern auch im Hinblick auf die hohe Qualität und damit die excellent hohe Qualität und Wirksamkeit der entsprechenden Manipulation. Was früher vielleicht noch als sogenannte "Schleichwerbung" auffiel und regelrecht verpönt war, ist in den heutigen Medien alltäglicher Usus, der anscheinend nirgendwo mehr hinterfragt wird.

 

Medium Staatsfernsehen

Jeder Staat nutzt die Medien und baut Feindbilder auf, so wie es gerade passt, logisch erscheint und zur entsprechenden Ideologie passt. Viele vergessen, dass es in Deutschland ein öffentlich-rechtliches Staatsfernsehen und unzählige staatliche Radiosender gibt, die natürlich genau das in die Köpfe transportieren, was der betreffenden Ideologie und ihren Werten eben gerade zuträglich ist. Das, was als Moral gilt, wird in einer modernen Demokratie ebenso transportiert wie Feindbilder, die dem Zwecke der Polarisierung gelten.

 

Wer naiv meint, dass in offiziell präsentierten vermeintlich "offiziellen" Nachrichten objektive wertfreie Sachinformationen vermittelt werden, braucht sich nur einmal einen Notizblock zur Hand nehmen und darauf immer dann einen Strich machen, wenn er (überhaupt bewusst) wahrnimmt, dass an Stelle von Sachinformationen gerade Gefühle erzeugt werden, Beziehungen dargestellt werden, Appelle an die Menschen gerichtet werden oder Selbstoffenbarungen der Journalisten und ihrer Interviewpartner erfolgen. In Kürze ist der erste Zettel des besagten Notizblockes voll.

 

Hier geht es aber nur um Unsachlichkeiten bzw. Gefühle die zum Zwecke des manipulativen Involvements erzeugt werden. Was ist aber, wenn die Informationen oder die Informationsgrundlagen selbst falsch sind?

 

Fazit:

Allein die Abrufbarkeit von Wissen stellt eine derartige Selbstverständlichkeit dar, dass es aus Sicht unseres Gehirns keiner Vergewisserung bedarf. Dadurch entstehen starke Verzerrungen der Wahrnehmung (Wahrnehmungsfehler) und des Denkens. Unsere Meinungen unser Glaube und unsere Überzeugungen werden dadurch ebenso stark beeinflusst wie unsere Urteile und Entscheidungen - ebenso unser persönliches Empfinden und Erleben, unsere Erwartungen und unser Verhalten.

 

Es kommt zur Bildung sogenannter Legenden, was durch sogenanntes "Storytelling" noch forciert wird. Diese Verzerrung der Realität führt ebenso zu einer ganz bestimmten Kommunikation, wobei die Medien wiederum sich selbst beeinflussen. Dadurch entsteht eine sogenannte "kollektive Kommunikation", ein sozialisiertes Kollektiv-Produkt, dass im Volksmund auch (vom Tierreich abgeleitet) als "Schwarmintelligenz" bezeichnet wird:

 

Über die Medien sind Menschen in der Masse eben nicht nur schlauer, sondern (bei Fehlinformationen) auch dümmer. Dies ist zugleich mit ein Grund, warum Menschen der modernen Wohlstands-Zivilisations- und Konsum-Gesellschaft tatsächlich (statistisch messbar) immer dümmer, statt intelligenter werden. Der Wahrnehmungsfehler aufgrund Abrufbarkeit von Medieninformationen und "Wissen" trägt einen nicht unwesentlichen Teil dazu bei. Besonders deutlich machen dies die sogenannten „Common MythConceptions“.

 

Common Myth-Conceptions

Der Begriff Common Myth-Conceptions (auch "Common MythConceptions" geschrieben) bezeichnet populäre Irrtümer, die im Volksmund auch als „Ammenmärchen“ bezeichnet werden und auf Gerüchten basieren (sogenannte „Gerüchteküche“). Sie sind jedermann präsent und jedem im Kopf. Man hört sie auf dem Schulhof, bei Stammtisch-Gesprächen oder im Büro.

 Dabei handelt es sich um Fehlinformationen, die überall weitergetragen werden,  die sich mittlerweile in den Köpfen von uns Menschen derart stark verankert haben, dass sie das bilden, was wir als "Wissen" und "Bildung" bezeichnen.

 

In Wahrheit handelt es sich um einen Irrglauben bzw. um sogenannte Mythen. Dennoch: Trotz neueren und besseren Wissens wirken derartige Fehlinformationen immer noch in unseren Köpfen weiter. Darunter sind regelrechte (vermeintliche) "Weisheiten", die von Generation zu Generation weitergetragen werden, wodurch sie aber eben nicht weniger falsch sind. Manchmal sind es aber auch gerade die vermeintlich "neuen Erkenntnisse", die Common Myth-Conceptions zu widerlegen versuchen, selbst aber wiederum in Wahrheit Mythen sind.

 

Zwischen Meinung, Wahrheit und Erkenntnis scheiden sich die Gemüter: Oft ist insbesondere das, was als "Erkenntnis" gilt, in Wirklichkeit nicht mehr als eine "Meinung", die später zu einer persönlichen und kollektiven Überzeugung wird, in Wahrheit jedoch ein reiner Mythos ist.

 

Ursächlich für derartige Mythen sind Gerüchte bzw. die sogenannte Gerüchteküche, manipulatives Storytelling als Marketinginstrument - nicht zuletzt die Beeinflussung durch die Massenmedien sowie die hohe Zugänglichkeit und Abrufbarkeit von Informationen.

 

Massenmedien

Menschen leben nicht nur von Luft und Nahrung, sondern auch von Informationen. Ohne Informationen von außen fühlt sich der Mensch völlig orientierungslos, schließlich ist der Mensch ein soziales Wesen - quasi eine Art "Herdentier". Daher sucht der Mensch ständig nach Informationen, die er z.B. aus seinem unmittelbaren persönlichen bzw. sozialen Umfeld (Familie, Freunde, Kollegen) erlangt.

 

Die wichtigsten Informationsquellen der Menschen sind die Massenmedien. Sie haben nicht nur Auswirkungen auf den einzelnen Menschen, sondern auch auf sein gesamtes Umfeld, von dem der Einzelne ebenfalls Informationen erlangt bzw. die Informationen der Massenmedien bestätigt bekommt.  Was vielen nicht gar nicht bewusst ist: Statistisch betrachtet, nutzt jeder Deutsche im Durchschnitt täglich zehn Stunden irgendwelche Medien, davon allein achteinhalb Stunden lang die tagesaktuellen Medien (Radio, Fernsehen, Zeitung, Internet ). 30 Jahre vor dieser Statistik von 2010 - das war im Jahr 1980 - lag der zeitliche Rahmen der Medien-Nutzung noch unterhalb von sechs Stunden täglich.

 

In den 90er Jahren hat insbesondere das Fernsehen an Bedeutung gewonnen, danach das Internet, insbesondere in den vergangenen Jahren. Dabei geht es nicht nur um Kommunikation und Unterhaltung: Auch vermeintliche Sachinformationen und Wissen wird immer häufiger aus dem www. gewonnen. Im Gegensatz zu früher ist das Internet eine hohe Zugänglichkeit und Abrufbarkeit von Informationen. Darüber hinaus gibt es einen hohen Verbreitungsgrad.  Informationen können von nahezu jedermann verbreitet - und von jedermann abgerufen werden. 

 

Dadurch etabliert sich nicht nur viel neues Wissen, sondern auch eine Menge an Fehl-Wissen, das nun aber zur vermeintlichen Bildung und sogar – neben dem Fernsehen - zur etablierten gesellschaftlichen Bildungs-Grundlage wird.  Neben Radio und Fernsehen stellt das Internet sogar eine ganz wesentliche Plattform der Meinungsbildung dar, die insbesondere von jüngeren Menschen immer stärker genutzt wird als andere Medien.

 

Insofern hat das Internet die gesamte Medien-Szene geradewegs umgewälzt. Wer Informationen und vermeintliches Wissen sucht, der googelt im Internet. Allein dadurch hat sich "Google" zu einer derart anerkannten Suchmaschine - und darüber hinaus zu einem derart mächtigen internationalen Konzern - etabliert, dass nicht nur die Informationsgewinnung und Informationsverbreitung, sondern sogar die gesamte Gesellschaft regelrecht von Google abhängig ist.

 

Auch im Unterhaltungsbereich wurde die Medien-Szene umgekrempelt: Allein über die Plattform YouTube kann heute jedermann lebendige Informationen in Bild und Ton veröffentlichen, Viral-Marketing technisch agieren, persönliches Involvement erreichen und mit der richtigen Präsenz - ohne besonderen Aufwand - sogar zum "Star" mutieren. Früher war dies ein eher langer, kostspieliger und mühevoller Weg (Beispiel: „Fame“).

 

Während vor 1998 nicht einmal jeder zehnte Deutsche das Internet nutzte bzw. einen Internet-Zugang hatte, wird das Internet heute generell von fast allen Menschen genutzt. Den Schwerpunkt bilden die jüngeren Generationen. Bei jungen Menschen im Alter von 14 bis 19 Jahren liegt die Quote der Internet-Nutzung bei 98 %. Menschen in der Altersgruppe von 20 bis 29 Jahren nutzen zu 95 % das Internet.

 

Auch in den darüber liegenden mittleren Altersgruppen nutzt eine deutliche Mehrheit das Internet. Bei älteren Menschen (über 60) ist es dagegen nur eine Minderheit von 27 %, die das Internet nutzt. Aber auch das ändert sich zu Gunsten des Internets – allein dadurch, dass junge Menschen älter werden und diese ihre Gewohnheiten beibehalten, aber auch dadurch, dass immer mehr ältere Menschen Internet-affiner oder in Bezug auf das Internet zumindest neugieriger werden. Schließlich ist das, was im Internet passiert und dort berichtet wird, mittlerweile ebenso in aller Munde wie dies früher nur das Fernsehen erreichte.

 

Folglich wirkt hier ein enormer Sozialisierungsprozess, der im Umkehrschluss auch dazu führt, dass andere Medien geradewegs auf der Strecke bleiben und immer mehr aussterben. Der verzweifelte - und sogar etwas naiv wirkende - Kampf der Tageszeitungen um die Gunst der Leser und Abonnenten wird daran auch nichts ändern können. Während 1990 noch 71 Prozent der Deutschen eine Zeitung lasen, waren es 2010 nur noch 44 Prozent – und das mit weiter sinkender Tendenz.

 

Weitere Effekte

Selbstverständlich gibt es weitere Effekte und Zusammenhänge, die mit dem Wahrnehmungsfehler aufgrund der Abrufbarkeit von Medieninformationen und "Wissen" in Verbindung stehen. Der sogenannte "Anwesenheitsfehler" wurde bereits oben erwähnt. Hier ein Auszug weiterer Infos:

 

Konformitätsdruck

Menschen sind in der Regel stets bestrebt, sich möglichst Gruppenkonform zu verhalten und den an sie gestellten Erwartungen zu entsprechen. Selbst dann, wenn diese Erwartungen nur vermutet bzw. unterstellt werden, sind Menschen bemüht, ihre Urteilsfindung möglichst konform zu den Urteilen anderer zu treffen und sich der Gruppe anzuschließen.

 

Ganz besonders stark betrifft das Menschen bei Radio- und Fernseh-Interviews bzw. Radio- und Fernsehauftritten. Allein die Erwartung von vielen anderen Menschen gehört und/oder gesehen zu werden und die damit verbundene Angst, verändert ihr gesamtes Verhalten in Richtung Anpassungsverhalten und Konformität, selbst dann, wenn die "Angst" öffentlich natürlich nicht zugegeben wird. Tatsächlich besteht jedoch die Angst, sich asozial zu verhalten und dadurch selbst ins Abseits zu geraten.

 

Je weniger Menschen in einer Gruppe sind, desto höher die Hemmung, gegenteiliger Auffassung zu sein, desto geringer der individuelle Widerspruch, desto wahrscheinlicher die Urteilsfindung zu Gunsten der Mehrheit der Anwesenden. Daher gilt: Was Menschen in Radio- und/oder Fernseh-Interviews bekunden, entspricht nicht zwingend ihrer eigentlichen bzw. wahren Gesinnung und selbst hinsichtlich geäußerter Fakten nicht immer der Realität.

 

In vielen Fällen kommt es zu Verschönerungen und/oder Verschleierungen von Fakten in Bezug auf Sachinformationen und Gefühlsäußerungen. Auch vor Gericht gilt: Je mehr Richter bzw. Geschworene, desto wahrscheinlicher ist es, dass auch Minderheitenmeinungen vertreten werden. Ein weiterer Zusammenhang besteht in Bezug auf die Verfügbarkeitsheuristik.

 

Verfügbarkeitsheuristik

Sie wirkt u.a. bei Häufigkeits- und Wahrscheinlichkeitsschätzungen sowie bei der Urteilsbildung im sozialen Kontext. Da im Gehirn manche Informationen schneller und leichter abgerufen werden können als andere, entscheidet die Leichtigkeit über die Wahrnehmung und Urteilsbildung. An 3 Beispiele kann man sich besser erinnern als an 20 Beispiele. Einfache bzw. niedrige Zahlen sind leichter zu merken als hohe Zahlen oder komplexe Zahlenkombinationen.

 

Einfache, oft gehörte Begriffe sind leichter zu merken als schwierige oder selten verwendete bzw. selten gehörte Begriffe. Da die Leichtigkeit des Abrufs von Informationen jedoch nicht immer den eigentlich gewünschten oder gesuchten Informationen entspricht, entstehen gravierende Fehlurteile, die sich der Urteilende nicht erklären kann.

 

Obgleich die meisten Unfälle statistisch betrachtet im Haushalt passieren, fällt es unserem Gehirn leichter, sich an typische Gefahrenberufe zu erinnern. Folglich fällt einem der Feuerwehrmann eher ein als z.B. die Hausfrau. Besonders stark wird die Leichtigkeit des Abrufs von Informationen durch Wiederholung, Bekanntheits- und Verbreitungsgrad und den Stellenwert des jeweiligen Informations-Verbreiters beeinflusst. Die Medien spielen hier eine sehr bedeutende Rolle. Sie beeinflussen die Urteilsbildung in enormem Umfang.

 

Einer von vielen Effekten, der mit dem Wahrnehmungsfehler aufgrund der Abrufbarkeit von Medieninformationen und "Wissen" in Verbindung steht, ist z.B. der Dummie-Effekt und weitere Zusammenhänge.

 

Hintergrundwissen "Dummie-Effekt"

Viele Menschen sind der Überzeugung, dass es in Deutschland extrem viele dumme und primitive Menschen gibt, schließlich werden uns in den Medien, insbesondere im Fernsehen (Nachmittags-Talkshows, DSDS, Supertalent etc.) und im Radio (1LIVE O-Ton-Charts etc.) extrem viele "schräge" und "dümmlich" wirkende Menschen gezeigt bzw. regelrecht vorgeführt. Gleichzeitig kollidiert diese Auffassung mit dem angeblich hohen Bildungsniveau.

 

Hierbei handelt es sich in erster Linie um einen Effekt, der auf einen Wahrnehmungsfehler zurückzuführen ist. Richtig ist, dass das Bildungsniveau in Deutschland - rein messtechnisch betrachtet - tatsächlich nicht so hoch ist wie die meisten Menschen annehmen. (Aber auch das hängt wieder von der jeweils zu Grunde gelegten Mess-Skala ab.) Zudem folgt generell die Intelligenz der Menschen nach aktuellen Erkenntnissen einem Abwärtstrend. 

 

Die Annahme, dass es aber insbesondere in Deutschland sehr viel mehr dumme Menschen gibt als in anderen Ländern, beruht aber vielmehr auf der Tatsache, dass Menschen, die andere für "dumm" halten, tatsächlich verstärkt  bzw. häufiger in den Medien gezeigt werden.

 

Dies geschieht leider auch, weil man sich in Deutschland eher über solche Menschen lustig macht als in anderen Ländern. Dort belustigen sich - was von Land zu Land unterschiedlich ist - die Menschen bevorzugt über andere Dinge z.B. über öffentliche Schlägereien etc. Im Vergleich zu anderen Ländern erfreuen sich die Deutschen sehr gerne an Häme über andere Menschen und sehen Spott eher als eine Art des Humors an. Daher lieben es die meisten Deutschen geradewegs "merkwürdige", "schräge" oder "dümmlich" wirkende "Vögel" bzw. Menschen in den Medien zu betrachten und sich darüber lustig zu machen, während man z.B. ungern Menschen vor sich sieht, die extrem erfolgreich und nahezu perfekt wirken. Insofern wirkt auch der Effekt des bekannten "YAVIS-Prinzip" in Deutschland weniger als in anderen Nationen.

 

Ursächlich ist auch das verhältnismäßig hohe bzw. höhere Selbstbewusstsein in Deutschland lebender Menschen mit eher niedrigerem Bildungsstand: Während sich Menschen in Deutschland auch mit fehlendem Wissen oder Halbwissen oft sehr gerne öffentlich äußern und sich selbstbewusst vor Kameras stellen, halten sich vergleichbare Menschen in anderen Ländern eher zurück.

 

Der Dummie Effekt ist folglich auf ein vergleichbar höheres Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein sowie die entsprechende Medienpräsenz zurückzuführen. Tatsächlich wäre insbesondere in stark kollektivistischen Ländern die bevorzugte Darstellung weniger gebildeter Menschen in den Medien kaum denkbar, weder vom eigenen Anspruch und dem Anpassungsdenken her, noch von öffentlichen Respekts-Empfinden der Menschen her.