Wissen: Verstehen - Verständnis - Missverständnisse

Ebenfalls erwähnt: Kommunikative Informationsverzerrung

Wissen Psychologie und Kommunikation zum Thema Verstehen, Verständnis und Missverständnisse

Missverständnisse
Probleme und Konflikte basieren zumeist auf Missverständnissen. Missverständnisse basieren wiederum auf nicht richtigem bzw. falschem Verstehen und / oder auf mangelndem bis falschem Verständnis.

 

Wahrnehmungs- und Kommunikationsfehler sowie informative Kommunikationsverzerrungen sind die Hauptursachen für Missverständnisse.

 

Sie basieren auf a) einer eingeschränkten oder falschen Wahrnehmung, b) auf Fehlinterpretationen (Interpretationsfehler), c) auf einem unterschiedlichem anderen Erleben, d) einem divergenten bzw. divergierenden oder falschem kommunikativen Selbstverständnis und nicht zuletzt auf konkreter Kommunikation in Bezug auf verbales, paraverbales und nonverbales Verhalten und Kommunikationsfehler, die Fehlinterpretationen implizieren. 

 

Sofern eine ausreichende Intelligenz vorhanden ist und man psychisch gesund und stabil ist, kann geholfen werden, indem entsprechende Klärungen herbeigeführt werden. Individuelle subjektive Wahrnehmungen können geklärt, objektiviert, geschärft und Wahrnehmungsfehler (z.B. Projektionen etc.) aufgeklärt werden. Unser Denken kann neu strukturiert und durch Aufklärung und Umlernen geändert werden. Unsere Kommunikation (das, was wir mitteilen und wie wir das tun) können wir mit Hilfe professioneller Hilfe ebenso optimieren und mögliche Kommunikationsfehler zukünftig reduzieren und klären.

 

Manchmal liegen die Ursachen für Missverständnisse auch tiefer. Es können psychische Störungen vorliegen, die beim Empfänger, der ein bestimmtes Empfangsmuster verfolgt, auch unabhängig von der konkreten Kommunikation des Senders zu Fehlinterpretationen führen - z.B. dann, wenn der Empfänger alles mit dem Beziehungsohr heraushört und alle Informationen über die Beziehungsebene interpretiert oder wenn Projektionsfehler vorliegen.

 

Missverständnisse bemerkt man zumeist ebenso wenig selbst wie viele psychische Störungen. Zudem besteht oft ein generelles Missverständnis bezüglich den Begriffen "Verstehen" und "Verständnis", was daran liegt, dass die Begriffe im Alltag oft synonym verwendet - und nicht richtig voneinander unterschieden - werden.

 

Verstehen & Verständnis

"Verstehen" bildet die Grundlage des Lernens und der Kommunikation. Das Gefühl, von anderen nicht verstanden zu werden, kann zu Konflikten führen. Im schlimmsten Fall entsteht Abneigung und Hass. Es ist daher im zwischenmenschlichen Miteinander wichtig, nicht nur anzunehmen, die Gedankenwelt und Motive des anderen zu kennen, sondern durch aufmerksames Zuzuhören und Nachzufragen und das eigene Verstehen kontinuierlich zu prüfen.

Beim Verstehen geht um das sachlich richtige Verstehen von Informationen. Jemanden zu verstehen bedeutet, dass dessen Informationen bei einem richtig angekommen sind.

 

Um etwas richtig verstehen zu können und richtiges Verstehen zu überprüfen, um klarzustellen, ob man etwas richtig verstanden hat, muss man Verständnis-Fragen stellen. Wer keine Verständnis-Fragen stellt, versteht nicht automatisch alles richtig. Verständnis ist u.a. das Resultat des Verstehens.

 

Richtig verstehen, bezieht sich auf das Verstehen von Sachinformationen, wozu auch Sachinformationen über den eigenen Gefühlszustand zählen.

 

Vielleicht kann der Empfänger die Information über einen bestimmten Gefühlszustand des Senders nicht emotional nachvollziehen, aber er kann zumindest verstehen, worum es geht und was hier informativ vorliegt. 

 

Wer verstehen zeigen will, sollte zwischen beidem unterschieden und möglichst auf beides separat eingehen. Z.B. "Du sagst , dass XY passiert ist und das du traurig bist." Besser: "Du sagst, dass XY passiert ist - und das macht dich sehr traurig (, was ich verstehen und gut nachvollziehen kann.)"

 

Eine Sachinformation kann auch die Information über ein Gefühl sein, z.B. dass sich der Sender nicht gut fühlt. Aber auch in diesem Fall beschränkt sich das Verstehen auf die Sachinformation "sich nicht gut  fühlen, nicht auf die tatsächlichen Gefühle des Senders, der ja nicht nur reine Sach-Informationen sendet, sondern Botschaften. Dazu zählen auch Gefühle, die er oder sie im Sinne des Verstehens verstanden wissen will, zuerst die Information zur Sache und dann ggf. die direkte oder indirekte Information bezüglich des Gefühls, welches die Konsequenz aus der Sachinformation ist.  

Verstehen bezieht muss nicht bedeuten, zwingend Verständnis für die Aussage, die Ansichten und das Handeln des Empfängers zu haben, dies aber zumindest inhaltlich - und im zweiten Schritt möglichst auch emotional - nachvollziehen zu können, um beim Gegenüber anzudocken.

 

Genauso kann man für jemanden Verständnis haben, ohne ihn vollständig zu verstehen.

 

Während es beim Verstehen um das Verstehen von Informationen (Sachinformationen und Informationen über Gefühle) geht, geht Verständnis noch einen Schritt weiter.

 

Verständnis bezieht sich auf die emotionale Nachvollziehbarkeit z.B. darum, warum jemand in einer Situation auf eine gewisse Weise handelt. Beim Verständnis geht es also um mehr um das Verstehen der sachlichen Ursache und Wirkung auf Basis reiner Logik.

 

Erst wenn man sich in die Gefühle und Ansichten einer anderen Person empathisch hineinversetzen kann, kann man zu einem Verständnis kommen und es kann helfen, dieses Verständnis zu artikulieren. Wenn man kein Verständnis hat, dann kann man auf Basis entsprechend vorhandener Empathie, die man zeigen kann, zumindest artikulieren, dass man das Gefühl als Konsequenz aus der reinen Sach-Info zumindest nachvollziehen kann. 

 

Aber trotzdem: Es ist durchaus möglich, Verständnis für das Handeln einer anderen Person zu haben, ohne deren Gedanken und Ansichten im Detail zu verstehen. Gerade dann, wenn ich die Gedanken und Ansichten einer anderen Person nicht nachvollziehen kann, kann es für den positiven zwischenmenschlichen Kontakt in bestimmten (emotionalen) Gesprächssituationen gerade besonders wichtig sein, Verständnis für den anderen aufzubringen bzw. zumindest zu zeigen.

Voraussetzung dafür ist jedoch, die Hintergründe der entsprechenden Situation nachvollziehen zu können, ebenso die konkreten Emotionen die damit einhergehen.

 

Zu den Voraussetzungen zählt ebenfalls unsere Bereitschaft, das hinzunehmen und zu akzeptieren, was wir nicht verstehen. Man kann also auch Verständnis für etwas oder Jemanden haben bzw. zeigen, wenn wir mit dem, was unser Gegenüber sagt nicht einverstanden sind.

 

Gleiches gilt auch für das Verstehen. Sowohl für das Verstehen als auch für Verständnis ist die eigene Meinung nicht wichtig. Die eigene Meinung würde hier sogar das Gegenteil bewirken, denn sie kann den Prozess der kommunikativen Interaktion behindern, als Gesprächsstörer wirken und unser Gegenüber aversiv stimulieren und die Interaktion eines objektiven Lernens stören.

 

Das Verständnis für das Verhalten einer anderen Person setzt voraus, sich von der eigenen Sichtweise und Meinung und zu lösen und eine andere Perspektive einzunehmen. So wird es möglich, emotional das Denken und Handeln von jemandem nachvollziehen zu können, auch wenn man es moralisch nicht in Ordnung findet und sich anders verhalten würde. Verständnis ist demnach nicht mit einem Einverständnis zu verwechseln.

Informative Kommunikationsverzerrung

Alltägliche Kommunikation birgt hohes Konfliktpotenzial

Überall dort, wo Menschen und Informationen aufeinander treffen, lauern tückische Fallen durch Kommunikations- und Wahrnehmungsfehler, die auf informativen Kommunikationsverzerrungen basieren, die man selbst gar nicht mitbekommt. Man erntet lediglich die Ergebnisse.

 

Kommunikative Misserfolge & Probleme

Selbst diese Ergebnisse nehmen wir oft gar nicht bewusst wahr. Zumeist wissen wir gar nicht, warum wir in einem konkreten Anliegen erfolglos bleiben, wir gar ein Problem bekommen, einem anderen Menschen gegenüber das Gefühl der Antipathie verspüren, ihm etwas unterstellen, das gar nicht auf ihn zutrifft (Attributionsfehler) oder gar in Streit geraten. Ursächlich sind zumeist informative Kommunikationsverzerrungen, deren Verantwortung sowohl beim Empfänger als auch beim Sender liegt.

 

Kommunikative Empathie & Sensibilität

Leider reicht es nicht aus, einfach drauf los zu kommunizieren. Kommunikation erfordert eine hohe Empathie. Man muss sich im Klaren darüber sein, mit wem man kommuniziert und wie das Gesagte oder Geschriebene beim Empfänger - und auch bei extrem sensiblen, gestressten oder psychisch agierten Menschen ankommt.

 

Informative Kommunikationsverzerrung

Oft hören wir: "Er hat mit falsche Informationen gegeben." oder "Sie hat gesagt, Peter sei faul." oder "Was er oder sie gesagt hat, war geradewegs anmaßend." oder "Man hat mich dazu genötigt, etwas bestimmtes zu tun." Keine der besagten Informationen trifft jedoch objektiv zu. Wie kommt das?

 

Die wahren Ursachen für derartige Fehlinformationen im Rahmen der informativen Kommunikationsverzerrung liegen nicht in den Informationen selbst, sondern darin, wie diese Informationen konkret entschlüsselt werden. Die individuelle Disposition und persönliche Konstitution des Empfängers spielt dabei eine erhebliche Rolle - aber eben auch die Art und Weise des Sprachgebrauchs. 

 

Wahrnehmung und Interpretation von Sachverhalten

Sprache hat eine ganz zentrale Bedeutung im Hinblick auf die entsprechende Wahrnehmung und Interpretation von Sachverhalten inklusive von Vorgängen und Zuständen. Was wir sagen bzw. schreiben und der andere hört bzw. liest, sind nicht selten völlig unterschiedliche Dinge. Ebenso hören wir manchmal etwas ganz anderes (aus einer Nachricht heraus), als der andere meint.

 

Das liegt nicht etwa daran, dass wir nicht richtig sprechen und hören können, sondern daran, dass jede Nachricht von unterschiedlichen Empfänger-Typen unterschiedlich interpretiert wird. Nach dem kommunikationspsychologischen Modell von Friedemann Schulz von Thun hat eine Nachricht vier Seiten und die entsprechenden Botschaften vier Inhalte (Sachinhalt, Selbstoffenbarung, Beziehung, Appell). Je nachdem, wofür der jeweilige Empfänger einer Nachricht konkret empfänglich ist, hört er unterschiedliche Botschaften heraus.

 

Es gibt kongruente und inkongruente Nachrichten, die entweder Verständnis oder Missverständnisse und Konflikte auslösen. Hinzu kommt die Qualifizierung der Botschaften durch die Art der jeweiligen Formulierungen, durch Körpersprache, Stimme und Tonfall. Gute und eindeutige Sprache sowie kongruentes Sprechen ist ebenso wenig selbstverständlich wie das korrekte Verständnis des Empfängers, der Nachrichten stets ganz speziell und völlig unterschiedlich encodiert und interpretiert. Hinzu kommen unterschiedliche weitere Aspekte, die problemlose Kommunikation erschweren:

 

Die psychische Verfassung des Empfängers entscheidet deutlich mit darüber, was dieser jeweils heraushört. Aber auch der Sender hat Verantwortung: Er kann sich schnell und völlig unbewusst in der Wortwahl vergreifen oder einen Satz einfach nur anders (ggf. falsch oder ungünstig) betonen. Bereits ein Komma oder eine bestimmte Betonung kann eine Aussage derart verzerren, dass sie anders als vielleicht beabsichtigt - oder sogar komplett umgekehrt encodiert bzw. interpretiert wird.

 

Detail-Infos zum Thema Informative Kommunikationsverzerrung finden Sie im ib Fachbereich Kommunikation
auf der Web-Seite von Kommunikation NRW