Wissen: Meinung

Abgrenzung zu Wissen und Glauben sowie zu Wahrheit und Erkenntnis 

Es ist üblich und wichtig, dass Menschen eine eigene Meinung haben; ebenso wichtig ist die Möglichkeit, dass Menschen ihre Meinung frei äußern und vertreten können. Denn die Unterdrückung der Äußerung der eigenen Meinung macht krank.

 

In bestimmten zwischenmenschlichen Interaktionen ist es aber wichtig, seine Meinung außen vor zuhalten und auch Aussagen hinzunehmen und zu akzeptieren, die wir nicht verstehen. Man z.B. auch Verständnis für etwas oder Jemanden haben bzw. zeigen, wenn wir mit dem, was unser Gegenüber sagt nicht einverstanden sind.

 

Sowohl für das reine Verstehen als auch für das Verständnis in der zwischenmenschlichen Kommunikation ist die eigene Meinung nicht wichtig. Die eigene Meinung würde hier manchmal sogar das Gegenteil bewirken, denn sie könnte den Prozess der kommunikativen Interaktion behindern, ggf. als sogenannter "Gesprächsstörer" (siehe Aktives Zuhören) wirken.

 

 

Das Verständnis für das Verhalten einer anderen Person setzt voraus, sich von der eigenen Sichtweise und Meinung und zu lösen und eine andere Perspektive einzunehmen. So wird es möglich, emotional das Denken und Handeln von jemandem nachvollziehen zu können, auch wenn man es moralisch nicht in Ordnung findet und sich anders verhalten würde. Verständnis ist demnach nicht mit einem Einverständnis zu verwechseln.

 

Was ist eigentlich "Meinung"?

Und was unterscheidet "Meinung" von Wissen und Glauben sowie von Wahrheit und Erkenntnis?

 

Meinung ist eine Form des Fürwahrhaltens, die sich von Wissen und Glauben eigentlich allein dadurch unterscheidet, dass der Meinende weder hinreichende subjektive noch objektive Gründe hat, die Wahrheit des Inhalts der Meinung anzunehmen. Sachlich betrachtet, nimmt der Begriff "Meinung" einen möglichen Irrtum bewusst in Kauf.

 

Insofern ist eine Meinung eine Art Annahme, Vermutung und Hypothese. In der Alltags-Realität haben Meinungen jedoch einen viel höheren Stellenwert und eine große Macht. Dies basiert u.a. darauf, dass nicht alle Menschen, vom Wissen und Intellekt her in der Lage sind, Meinungen als reine oberflächliche Annahme zu betrachten und von der Realität oder anderen Begriffen wie Überzeugung, Glaube, Wissen, Wahrheit und Erkenntnis zu unterscheiden.

 

Meinungsbilder sind in so fern sehr mächtig, selbst wenn die Meinung nicht der Wahrheit entspricht und nichts mit der Realität zu tun hat. Die eigene subjektive Meinung ist jedoch menschlich und macht das "Mensch sein" erst aus - ebenso die Individualität des Menschen.

 

Es gibt persönliche Meinungen, die öffentliche Meinung und Lehrmeinungen. Darüber hinaus existiert eine Image-Meinung, die sich in unserem Kopf und in der Öffentlichkeit - über den wirklichen Wahrheitsgehalt hinaus - schnell zur Erkenntnis verfestigt.  Eine "Meinung" (über etwas, jemanden oder die Welt) hat jeder. Meinungen basieren auf unserem eigenen individuellen Weltbild, das auf unserer eigenen subjektiven Wahrnehmung und Einschätzung sowie auf unserem daraus resultierenden Denken entsteht.

 

Meinungen sind stets an der Oberfläche und bilden einen Gegenpart zu den Begriffen "Wahrheit" und "Erkenntnis". Aus Meinungen können sich Überzeugungen und Einsichten entwickeln, die sich tief in uns festsetzen, unseren Glauben bilden und damit unser Weltbild. Dies alles bestimmt wiederum unser Handeln und unser Verhalten in konkreten Situationen.

 

Überzeugungen führen dazu, dass unsere Meinung zu einer subjektiven ganz persönlichen Wahrheit wird, die wir zumeist für allgemeingültig halten. So führt z.B. allein eine häufig geäußerte oberflächliche Meinung dazu, dass sich daraus eine öffentliche Meinung ergibt, die wir glauben und annehmen, woraus sich auch Erwartungen und gesellschaftlich anerkannte Regelwerke ergeben, obwohl sie jeder Tatsache oder Logik widersprechen.

 

Vieles finden wir in der Politik, in Gesetzen und im täglichen Alltag, ohne dass es weiter hinterfragt, geschweige denn, angezweifelt wird, selbst wenn dies jeder modernen wissenschaftlichen Erkenntnis widerspricht. Selbst die "Wahrheit" ist damit stets subjektiv, auch wenn man davon spricht, dass diese objektiv sei. Eine tiefer ergründete Wahrheit, die auf Erfahrungen und Einsichten basiert und unwideruflich erscheint, ist die Erkenntnis. In diesem Zusammenhang spricht man auch von wissenschaftlicher Erkenntnis.

 

Aber selbst in der Wissenschaft zeigt sich die Gebrechlichkeit von Erkenntnissen. Hielt man die Erde früher für eine Scheibe, wovon man fest überzeugt war, wofür man auch "Beweise" hatte, so wusste man später, dass sie rund ist und aktuell, dass selbst dies nicht vollständig stimmig ist.

 

Auch in der modernen Wissenschaft finden wir derartige Skurrilitäten. So findet man z.B. selbst in moderner psychologischer Literatur zum Thema Wahrnehmung immer noch den Schwerpunkt-Ansatz, dass man mit dem Auge sieht, während die Neurowissenschaften bzw. die Hirnforschung dies anders "sieht".