Wissen: Aufmerksamkeit & Achtsamkeit

Achtsamkeit in Bezug auf sich selbst und andere, Relevanz von Aufmerksamkeit und Achtsamkeit in der Paarbeziehung, Mindfulness, MBSR, Achtsamkeitstraining 

Mindfulness

Einleitung

Immer mehr Stars und Promis sowie Manager und Personaler von Unternehmen "schwören" auf "Mindfulness". Auch ansonsten kann man feststellen, dass die - dem Buddhismus entstammende - Achtsamkeit mittlerweile zur trendigen Heilslehre avanciert ist.

 

Ist Achtsamkeit  (englisch mindfulness) lediglich ein "schicker" Trend? Oder steckt mehr dahinter? 

 

Beides trifft zu, man muss die Bedeutung nur richtig verstehen. Denn auch unabhängig von dem, was in modernen Trend-Kursen und Trainings vermittelt wird, ist "Achtsamkeit" generell schon immer ein wichtiger Bestandteil der Meditation im Allgemeinen gewesen, wobei die Formen der Meditation vielfältig sind. 

Psychologisches Wissen zum Thema Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeit 

Aufmerksamkeit bezeichnet die Zuweisung von (beschränkten) Bewusstseins-Ressourcen auf Bewusstseinsinhalte. Das können z. B. Wahrnehmungen der Umwelt oder des eigenen Verhaltens und Handelns sein, aber auch Gedanken und Gefühle.

 

Als Maß für die Intensität und Dauer der Aufmerksamkeit gilt die Konzentration. Aufmerksamkeit, die auf das Eintreffen bestimmter Ereignisse gerichtet ist, bezeichnet man als Vigilanz.

 

Das Gehirn hat eine eingeschränkte Verarbeitungskapazität und kann daher nicht sehr viele Reize gleichzeitig verarbeiten. Daher muss es selektieren, welche Informationen für den Organismus von Bedeutung sind und mit Aufmerksamkeit bedacht werden müssen und welche Informationen weniger relevant sind und daher ausgeblendet werden können.

Missverständnisse zum Thema Aufmerksamkeit. Was ist Aufmerksamkeit wirklich?

Die Ausblendung von Informationen ist ein ganz wesentlicher Bestandteil der menschlichen Wahrnehmung und des menschlichen Denkens.

 

Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, dass sie viele Dinge um sich herum gar nicht wahrnehmen - und selbst wenn der Mensch sie wahrnimmt, so blendet er viele Informationen einfach aus, um sich - entsprechend der  Gehirnökonomie auf das konzentrieren zu können, was für ihn (gerade) wichtig ist. 

 

Tatsächlich verstehen die meisten Menschen unter Aufmerksamkeit das genaue Gegenteil.

 

Einige Reize wie ein plötzlicher Knall ziehen automatisch Aufmerksamkeit auf sich (bottom up gesteuert), andererseits kann die Aufmerksamkeit auch absichtlich gesteuert werden (top down gesteuert). Wird einer Information nicht innerhalb von fünf Sekunden Aufmerksamkeit geschenkt, geht sie verloren (zum Ultrakurzzeitgedächtnis siehe sensorisches Gedächtnis).

 

Der Prozess der Aufmerksamkeitszuwendung ist gekennzeichnet durch Zuwendung (Orientierung) und Auswahl (Selektivität) der Informationen und der damit verbundenen Unaufmerksamkeit gegenüber anderen Informationen. 

Das Problem der Aufmerksamkeit: Selektive Wahrnehmung und Ausblendung

Und hier beginnt das Problem. Wir nehmen leider nur noch selektiv wahr und das, was wir wahrnehmen nur noch teilweise in Fragmenten und in teils völlig falschen Zusammenhängen. Dadurch kommt es zu Problemen.

 

Aber zurück zur Funktion der Aufmerksamkeit:

 

Vom Gehirn als relevant eingestuft werden zuallererst Gefahrensignale, außerdem Unbekanntes. So werden einerseits neuartige Reize mit Aufmerksamkeit bedacht (Orientierungsreaktion, Neugier). Andererseits richtet sich die Aufmerksamkeit auf emotional belegte Informationen, die ein indirekter Marker für die Wichtigkeit für den Organismus sind.

 

Je emotionsgeladener eine Wahrnehmung ist, desto leichter fällt es uns, unsere Aufmerksamkeit darauf zu richten. Bedürfnisse, Interessen, Einstellungen und Motive spielen daher bei der Entstehung und Verteilung der Aufmerksamkeit eine große Rolle.

 

Verschiedene Komponenten der Aufmerksamkeit

In der Forschung werden verschiedene Komponenten der Aufmerksamkeit unterschieden:

 

a) Selektive Aufmerksamkeit
Die Fähigkeit, sich ausschließlich auf bestimmte Reize zu konzentrieren und gleichzeitig das Bewusstsein für konkurrierende Ablenkungen zu unterdrücken

 

b) Anhaltende Aufmerksamkeit

Die Fähigkeit, die Aufmerksamkeitsaktivität über einen längeren aber dennoch beschränkten Zeitraum aufrechtzuerhalten

 

c) Geteilte Aufmerksamkeit

Die Fähigkeit, zwei oder mehr Aufgaben gleichzeitig Aufmerksamkeitsressourcen zuzuweisen 

 

d) Wechselnde Aufmerksamkeit

Die Fähigkeit, den Fokus von einer Aufgabe zur anderen zu verlagern

 

Aufmerksamkeit und Bewusstsein

Die Aufmerksamkeit ist eng mit unserem Bewusstsein verbunden: Die Zuwendung der Aufmerksamkeit zu einem Reiz oder einem Gedanken ist erst die notwendige Bedingung dafür, dass uns dieser bewusst wird. Dennoch verarbeitet das Gehirn auch Reize, auf die wir nicht unsere Aufmerksamkeit richten. Diese Verarbeitung findet jedoch unbewusst statt.

 

Die regelmäßige bewusste Lenkung der Aufmerksamkeit auf einzelne Körperteile oder den gesamten Körper (wie z.B. beim Autogenen Training) ermöglicht es, zu lernen, die Aufmerksamkeit zu lenken und zu kontrollieren bzw. die durch einseitige Fokussierung abhanden gekommene Selbstkontrolle über sich zurückzugewinnen. Darüber hinaus kommt es zu einer besseren Durchblutung, einer Stärkung des Immunsystems und allgemein zu einem verbesserten Gesundheitszustand.  

Psychologisches Wissen zum Thema Achtsamkeit. Was ist Achtsamkeit?

Achtsamkeit

Achtsamkeit ist ein Zustand von Geistesgegenwart, in dem ein Mensch hellwach die gegenwärtige Verfasstheit seiner direkten Umwelt, seines Körpers und seines Gemüts erfährt, ohne von Gedankenströmen, Erinnerungen, Phantasien oder starken Emotionen abgelenkt zu sein, ohne darüber nachzudenken oder diese Wahrnehmungen zu bewerten.

 

Achtsamkeit kann demnach als Form der Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit einem besonderen Wahrnehmungs- und Bewusstseinszustand verstanden werden, als spezielle Persönlichkeitseigenschaft sowie als Methode. 

Was bedeutet "Achtsamkeit"

Achtsam zu sein bedeutet, die Wahrnehmung - weg von Erinnerungen und Zukunftsvisionen ausschließlich auf das „Hier und Jetzt“ zu richten und das "Hier und Jetzt" bewusst wahrzunehmen: Es geht darum, eine andere Haltung zu sich selbst, seiner Wahrnehmung und den Dingen zu gewinnen.

 

Der Begriff und das Leben von "Achtsamkeit" ist vor allem in der buddhistischen Lehre und Meditationspraxis zu finden: So beschrieb Buddha in zwei besonderen Lehrreden die Achtsamkeit und ihre Praxis.

 

Es geht um die Achtsamkeit auf a) den Körper, b) die Gefühle, c) den Geist und d) alle äußeren Dinge, die wahrgenommen werden. Die grundlegende buddhistische Meditation, die Verbindung der Ruhe- und Erkenntnismeditation bildet den Ursprung der Achtsamkeitsmeditation. 

Trainieren von Achtsamkeit

In der westlichen Kultur ist das Trainieren von „Achtsamkeit“ insbesondere durch den Einsatz im Rahmen verschiedener Psychotherapiemethoden bekannt geworden.

 

So hilft ein Achtsamkeitstraining zum Beispiel gut bei der Bewältigung von Stress. Schließlich sind wir es gewohnt, alles möglichst schnell und teilweise gleichzeitig nebenbei zu erledigen, wodurch sich viele Menschen erschöpft fühlen und einen Teil ihres Selbst verlieren.

 

Sie erleben die Dinge selektiv und teilweise völlig unbewusst - und verlieren sowohl den Bezug zu - als auch die Kontrolle über - sich selbst. Dies hat dann auch Folgen für das Sozial- und Beziehungsleben. 

Achtsamkeit im Beziehungsleben

Achtsamkeit im Beziehungsleben

Viele Menschen nehmen sich selbst und andere z.B. ihren Partner bzw. ihre Partnerin irgendwann gar nicht mehr richtig wahr, wobei sich die Wahrnehmung auf den jeweiligen Menschen und dessen Sichtweise, Gefühle und Bedürfnisse als auch auf die Beziehung an sich bezieht.

 

Eigene ungünstige Denk- und Verhaltensmuster wird ebenso nicht mehr achtsam wahrgenommen wie die Gefühle und Bemühungen des Gegenübers.  

Achtsamkeit in Bezug auf sich selbst, Achtsamkeit in Bezug auf den Partner bzw. die Partnerin

Manche Menschen stellen ihre Unachtsamkeit in Bezug auf sich selbst uns ihren Partner bzw. ihre Partnerin erst dann fest, wenn es zu spät ist und die Beziehung fast beendet oder quasi bereits zu Ende ist. 

 

Dabei hätte alles mit mehr Aufmerksamkeit für den Partner / die Partnerin und mehr Achtsamkeit in Bezug auf sich selbst und die Beziehung eigentlich so schön sein können.

 

Genau das, was Paare zumeist als "Kleinigkeit" erachten, ist fürs Ganze ausschlaggebend, insbesondere dann, wenn die Dinge in einem und um einen herum nicht achtsam wahrgenommen und erkannt werden.  

In der Partnerschaft wieder achtsam werden. Beziehungs-Check-up

Ein auf Aufmerksamkeit und Achtsamkeit ausgerichteter Beziehungs-Check-up hilft, in einer Ehe / Partnerschaft wieder aufmerksamer und achtsamer zu sein, ungünstige eigene und Beziehungs-Eigenschaften und etwaige Mängel rechtzeitig zu erkennen, zu hinterfragen, zu stoppen und zu beheben.

 

Das beginnt bei den oft unbewussten wahren Motiven für das Zusammensein, reicht über verdrängte Ängste, nicht erfüllte Bedürfnisse sowie Schwächen und Fehler in der Kommunikation, den zeitlichen, räumlichen, geistigen und körperlichen Umgang mit Distanz und Nähe bis hin zur Qualität der gesamten Beziehung.

 

Ganz vorne steht ein entsprechendes Bewusstsein für das eigene Denken und Verhalten und für die Gefühle und Bedürfnisse des Partners bzw. der Partnerin. Das Gleiche gilt im übrigen auch für den Umgang mit Kindern und anderen Familienangehörigen - und ebenso für das eigene Verhalten im Job.

 

MBSR 

Im Zusammenhang mit Achtsamkeitstraining fällt häufig die Abkürzung MBSR. Dies steht für „Mindfulness Based Stress Reduction“, Das besagte Programm wurde 1970 von dem US-amerikanischen Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn zur achtsamkeitsbasierten Stressreduktion entwickelt und wird u.a. in der Verhaltens- und Schmerztherapie angewendet.

 

Kabat-Zinn ist der «Superstar» der Achtsamkeitsbewegung und gilt zugleich als Vater der Bewegung. Das von ihm entwickelte Achtsamkeitstrainings-Programm zur Stressreduktion schlägt eine Brücke zwischen jahrtausendealten meditativen Übungen und einer modernen Medizin, die den Menschen als Ganzes sieht - und wird in Kursen rund um die Welt gelehrt.

 

Unternehmen wie Google, Walt Disney oder Monsanto offerieren ihren Mitarbeitern Achtsamkeitsmeditationen, um bei weniger Stress-Wahrnehmung mehr (Konzentration, Gesundheit und Leistung) aus ihnen herauszuholen.

 

Kabat-Zinn entwickelte seine Achtsamkeitslehre ursprünglich für chronisch kranke Patientinnen und Patienten, die dank der Übungen Ängste abbauen und Schmerzen besser ertragen sollen. Heute kommt die Nachfrage nach Mindfulness überwiegend von gestressten, schlaflosen Menschen, die vor lauter Hetzerei den Moment aus den Augen verlieren.

 

Kritiker warnen, die Mindfulness-Bewegung mache sich zum Komplizen einer auf Effizienz getrimmten Welt: Statt das System zu kritisieren, würden die Menschen ihrer Meinung nach darin geschult, gelassen den Stress zu ertragen, der sich dadurch selbst aber nicht abbaut.

 

Differenzierung zwischen Aufmerksamkeit und Achtsamkeit

Einfach erklärt ist Aufmerksamkeit die Fähigkeit, die eigene Wahrnehmung gezielt auf etwas Bestimmtes zu richten. Sie kann eng fokussiert sein (z. B. beim Lesen oder Zuhören) oder verteilt (z. B. wenn man im Straßenverkehr gleichzeitig Schilder, Autos und Fußgänger im Blick hat).

 

Aufmerksamkeit dient vor allem der Informationsverarbeitung: Wir filtern, worauf wir reagieren, und blenden anderes aus.

Aufmerksamkeit ist stark kognitiv und situationsabhängig – wir sind aufmerksam, wenn etwas wichtig, neu oder potenziell bedrohlich ist.

 

Achtsamkeit ist ein bestimmter bewusster Umgang mit Aufmerksamkeit. Statt selektiv nur auf Wichtiges oder Dringendes zu achten, bedeutet Achtsamkeit, die Aufmerksamkeit absichtsvoll, offen und ohne Urteil auf den gegenwärtigen Moment zu lenken. Es geht nicht nur um was man wahrnimmt, sondern wie: mit einer Haltung von Offenheit, Akzeptanz und Nicht-Bewerten.

 

Beispiel Achtsamkeit: "Essen": Beim achtsamen Essen merkt man bewusst Geschmack, Konsistenz, Geruch – ohne gleichzeitig E-Mails zu lesen oder Gedanken nachzuhängen.

 

Beispiel Aufmerksamkeit - "Kaffee trinken am Morgen"

Du liest die Zeitung oder schaust aufs Handy und „nebenbei“ trinkst du deinen Kaffee. Deine Aufmerksamkeit springt zwischen Nachrichten, Terminen und vielleicht dem Geschmack des Kaffees hin und her. Du bist aufmerksam, aber dein Fokus liegt eher auf Informationen oder To-dos.

 

Beispiel Achtsamkeit - "Kaffee trinken am Morgen"

Du setzt dich bewusst hin und nimmst dir vor, nur Kaffee zu trinken. Du spürst die Wärme der Tasse in den Händen. Du riechst den Duft, bevor du trinkst. Du achtest auf den Geschmack und das Gefühl beim Schlucken. Gedanken an den Arbeitstag tauchen vielleicht auf, aber du lässt sie vorbeiziehen und kehrst wieder zurück zum Erleben des Moments.

 

Der Unterschied:

Aufmerksamkeit sorgt dafür, dass du nicht daneben schüttest.

Achtsamkeit macht den Kaffee zu einem kleinen Erlebnis.

 

Beispiel Aufmerksamkeit im Berufsleben - "Teammeeting"

Du hörst, was gesagt wird, machst dir Notizen, reagierst auf Fragen. Gleichzeitig denkst du: „Ich darf die E-Mail nachher nicht vergessen… Hoffentlich fragt mich niemand was… Das Meeting dauert bestimmt zu lange.“ Deine Aufmerksamkeit wechselt zwischen dem Gesagten und deinen inneren Gedanken. Du bist präsent, aber nicht ganz „da“.

 

Beispiel Achtsamkeit im Berufsleben - "Teammeeting"

Du bist dir bewusst: „Ich sitze hier in diesem Meeting.“ Während jemand spricht, hörst du aufmerksam zu, ohne sofort innerlich zu bewerten („Das ist richtig/falsch“, „Das ist langweilig“). Du bemerkst deine eigenen Gedanken oder Ungeduld, lässt sie aber los und bringst deine Aufmerksamkeit zurück zu dem, was gerade geschieht. Wenn du selbst sprichst, tust du es bewusst, klar und ohne auf Autopilot zu gehen.

 

Der Unterschied:

Aufmerksamkeit sorgt dafür, dass du die Inhalte verstehst. Achtsamkeit sorgt dafür, dass du innerlich präsent, klar und weniger von Stress oder Bewertungen getrieben bist.

 

Unterscheidung Aufmerksamkeit - Achtsamkeit einfach erklärt

Während Aufmerksamkeit quasi als „Taschenlampe des Geistes“ dient, die etwas Bestimmtes hervorhebt, geht es bei der Achtsamkeit um die Art und Weise, wie man diese Taschenlampe benutzt: bewusst, offen und nicht wertend.

Geringe Aufmerksam und Achtsamkeit in einer Paarbeziehung. Beispiele und Folgen. Einfach erklärt

Geringe Aufmerksamkeit und Achtsamkeit in einer Paarbeziehung 

 

a) Geringe Aufmerksamkeit

 

Situation:

Eine Partnerin erzählt abends vom stressigen Arbeitstag. Der Partner hört nur halb zu, scrollt nebenbei am Handy oder denkt an etwas anderes.

 

Folge:

Die Partnerin fühlt sich nicht gesehen, nicht ernst genommen und emotional allein gelassen.

 

Dynamik:

Es entsteht das Gefühl: „Meine Sorgen sind dir egal.“

 

Daraus resultieren  → Vorwürfe, Streit, Rückzug.

 

Mögliche Entwicklung:

Über längere Zeit führt dieser Mangel an Aufmerksamkeit zu einer Entfremdung: Einer fühlt sich übersehen, der andere überfordert von den Vorwürfen. Das Paar gerät in eine Spirale, die zu inneren Konflikten („Bin ich dir überhaupt wichtig?“) und äußeren Konflikten (Streit, Vorwürfe) führt.

 

Endpunkt:

Entweder Trennung („Er/sie hört mir nie zu“) oder der Versuch, in einer Paartherapie die Kommunikation zu verbessern.

 

 

b) Geringe Achtsamkeit 

 

Situation:

Eine Partnerin kritisiert: „Du hilfst mir nie im Haushalt!“ Der Partner reagiert sofort gereizt, ohne bewusst innezuhalten, und sagt: „Das stimmt doch überhaupt nicht – immer meckerst du!“

 

Folge:

Durch den fehlenden achtsamen Umgang wird das Gesagte bewertend und defensiv aufgenommen, statt offen und neugierig: „Was genau meinst du damit?“

 

Dynamik:

Die Streitgespräche verlaufen auf Autopilot – Angriff, Abwehr, Rechtfertigung. Es fehlt die bewusste Wahrnehmung der eigenen Gefühle („Ich fühle mich angegriffen“) und die achtsame Haltung zum Partner („Sie wünscht sich Unterstützung“).

 

Mögliche Entwicklung:

Konflikte verhärten sich, Missverständnisse nehmen zu, beide fühlen sich unverstanden.

 

Endpunkt:

Entweder Rückzug/Trennung („Wir können nicht mehr miteinander reden“) oder der Versuch, in einer Paartherapie achtsame Kommunikationsformen zu erlernen.

 

Zusammengefasst:

Mangel an Aufmerksamkeit zerstört das Gefühl von Gesehen- und Gehörtwerden.

Mangel an Achtsamkeit zerstört die Qualität der Kommunikation, weil man unbewusst und automatisch reagiert statt bewusst und offen. Beides kann über Zeit so belastend werden, dass es in eine Trennung oder eben in die Suche nach Hilfe durch Paartherapie mündet. 

Die Aktualität des Moments / Das tiefere Wesen von Achtsamkeit

"Achtsamkeit" besagt im Wesentlichen, dass jeder einzelne Moment unglaublich einmalig ist. Keiner ist besser als der andere. Es geht vielmehr um die Frage wie wir mit den erfreulichen und den unerfreulichen Momenten umgehen. 

 

Es gibt zwei Orte, um abzutauchen: a) Die Vergangenheit und Erinnerung sowie b) die Zukunft und unser diesbezügliches Vorstellungsvermögen in Bezug auf das, was kommen wird, was man sich wünscht oder erwartet.

 

Angesichts dieser Denkmuster in Richtung Vergangenheit und/oder Zukunft vergessen wir bei all unseren Visionen und Erinnerungen zumeist die Aktualität des Momentes, in dem wir nicht bewusst in uns ruhen, sondern mental ganz woanders sind: Im Gestern oder in der Zukunft. Bei Achtsamkeit leben wir von Moment zu Moment.

 

Wir haben zu Allem eine Idee oder Meinung. Doch beim Achtsamkeitstraining geht es darum, die Dinge eben nicht zu bewerten. Vielmehr geht es darum, unsere Gewohnheit des Wertens und Mögens bzw. Nicht-Mögens zu suspendieren - und all die Verbindungen zu kappen, die uns in unserem Denken und unseren emotionalen Reaktionen gefangen halten.

 

Achtsamkeit lernen / Training der Achtsamkeit

Training der Achtsamkeit

Bei einem Achtsamkeitstraining geht es nicht darum, sich zwischendurch etwas Zeit freizuschaufeln, um zwischendurch zu meditieren oder mal eine Übung zu machen; vielmehr ist es das Ziel, dass das Leben selbst zur Meditation wird - und dass alles, was man tut, bewusster wahrgenommen und erlebt wird.

 

Es geht um die "Aktualität des Lebens im Moment" und darum, dass jeder Moment speziell - und - sofern man ihn bewusst wahrnimmt und erlebt - eigentlich ein Wunder ist, das wir gerne übersehen.

 

Achtsamkeitstraining. Alles beginnt mit Autogenem Training zur Rückgewinnung der Kontrolle über sich selbst

Achtsamkeit bedarf neuer Einsichten und eines kontinuierlichen Trainings, ähnlich wie beim Gewichtheben. 

 

Auch unabhängig von Kabat-Zinn und seinem Programm ist Achtsamkeit - wie eingangs bereits erwähnt - generell ein wichtiger Bestandteil der Meditation:  

Meditation soll dazu dienen, den Geist zu sammeln und zu beruhigen. Beim Meditieren geht es darum, seine Aufmerksamkeit möglichst lange auf eine einzige Sinneswahrnehmung zu richten und diese zu beobachten. Auch hier bedeutet Achtsamkeit, im Hier und Jetzt zu verweilen.

 

Folglich ist Meditation zugleich ein gutes Achtsamkeitstraining. Wer Meditation und Achtsamkeit regelmäßig übt, kann langfristig einen Zustand der tiefen Entspannung erreichen und seine Konzentrationsfähigkeit stärken.

Vorteile eines Achtsamkeitstrainings

Vorteile eines Achtsamkeitstrainings

In einem Interview antwortete Kabat-Zinn auf die Frage, wozu selbst stressfreie, befreite Menschen wie er, Achtsamkeit leben mit Gegenfragen:

 

"Wollen Sie schlafwandelnd durchs Leben gehen oder es wach wahrnehmen?" Im übertragenen Sinne fragt er auch: "Wollen Sie für Andere präsent sein oder nur in Ihrer Phantasie?"

 

Regelmäßige Meditations- und Achtsamkeitsübungen tragen dazu bei, die Stressreaktionen des Körpers zu vermindern, das Schmerzempfinden zu lindern, den Blutdruck zu senken, das Immunsystem zu stärken und die mentale Widerstandskraft und Flexibilität zu fördern.

 

Auch unabhängig von Stress kann Achtsamkeit helfen. Ein Achtsamkeitstraining hilft, auch sonstige Gewohnheiten zu erkennen und zu hinterfragen - und Gewohnheitsmuster im Denken und Handeln (nicht nur in Stresssituationen) nachhaltig zu verändern.

 

"Achtsamkeit" erzeugt ein neues Bewusstsein und ist gleichzeitig eine Art Gehirnjogging und Gelassenheits-Entwickler, wobei der Prozess einer längeren Entwicklung bedarf, so dass sich ein optimiertes Bewusstsein erst durch regelmäßiges Training einstellt.

 

Forscher fanden heraus, dass zum Beispiel die Teilnahme an einem achtwöchigen Achtsamkeitstraining messbare Veränderungen im Gehirn bewirkt. Davon betroffen waren vor allem Hirnstrukturen, die für Gedächtnis, Selbstwahrnehmung, Empathie und Stressreaktionen zuständig sind.

 

Ebenso fand man heraus, dass regelmäßige Meditation die Aktivität des Enzyms Telomerase - ein Eiweiß, das eine maßgebliche Rolle für die Gesundheit unserer Körperzellen ist - positiv beeinflusst.

 

Achtsamkeit bewirkt gemäß Studien regelrechte epigenetische Veränderungen (Zellteilung / Genesung). So konnte Kabat-Zinn bei Studien z.B. feststellen, dass der Heilungsprozess bei Meditation vierfach schneller erfolgt.  

Achtsamkeit im Kontext zur Meditation
Der Begriff Meditation entstammt dem Lateinischen und bezeichnet das tiefe Nachdenken oder Sinnieren über etwas. Die bekannteste Meditationstechnik ist das stille Sitzen. Dabei konzentriert sich der Meditierende im Sitzen auf ein einziges Objekt wie zum Beispiel auf seinen Atem, seine Gedanken, eine Kerzenflamme oder einen Ton.

Unterschieden wird zwischen passiven und aktiven Meditationsformen / Methoden: Entweder verharrt der Meditierende in Stille oder er bewegt sich, tanzt, schreit oder singt. Die Formen der Meditation sind vielfältig (z.B. Achtsamkeitsmeditation, Vipassana-Meditation, Atemmeditation, Herzmeditation, Stille Meditation, Metta Meditation, Sonnenmeditation, Zen-Meditation / Zazen, Chakra-Meditation, Dynamische Meditation / Osho-Meditation, Yoga-Meditation, Kundalini-Meditation / Kundalini Yoga, Qigong-Meditation, Buddhistische Mantra-Meditation, Transzendentale Meditation von Maharishi Mahesh Yogi usw.)

 

In vielen Kulturen und Religionen ist die Meditation fester Bestandteil der spirituellen Praxis. Meditation soll dazu dienen, den Geist zu sammeln und zu beruhigen. Alle Formen der Meditation haben Eines gemein: Achtsamkeit. Beim Meditieren geht es darum, seine Aufmerksamkeit möglichst lange auf eine einzige Sinneswahrnehmung zu richten und diese achtsam zu beobachten. Darüber hinaus gibt es noch die speziellen Begriff der "Achtsamkeitsmeditation".