Wissen: Selbstwirksamkeitserwartung

 

Glaube versetzt Berge
Der Glaube, bestimmte Ziele erreichen zu können, wirkt ähnlich wie die Selbsterfüllende Prophezeiung (Self-fulfilling-prophecy), die auch als Rosenthal Effekt bekannt ist.

 

Das Konzept der Selbstwirksamkeitserwartung (SWE) (perceived self-efficacy) (nach Albert Bandura) basiert auf der eigenen Erwartung und beschreibt die positiven Auswirkungen des Glaubens an sich selbst.

 

Der bekannte Spruch "Glaube versetzt Berge" ist nicht nur etwa eine leere Redewendung, sondern trifft zu: Ein Mensch, der fest daran glaubt, selbst etwas aus sich heraus zu bewirken und auch in schwierigen Situationen selbstbestimmend handeln zu können, hat demnach eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung und dadurch Vorteile.

 

Die Selbstwirksamkeitserwartung führt dazu, dass sich die Erwartung erfüllt. Allein die Annahme, man könne selbst Einfluss auf alles nehmen (internaler locus-of-control), anstatt äußere Umstände und Umwelteinflüsse (Gesellschaft, Staat, Entscheider, Mitmenschen, Bezugspersonen, Glück und Zufall) dafür verantwortlich zu machen, löst enorme Kräfte und Energien aus, die sich in einem bestimmten Verhalten zeigen, welches sich in Richtung des jeweiligen Zieles bewegt und sich dabei durchaus durchsetzungsstark zeigt.

 

Untersuchungen zeigen ganz klar, dass Menschen mit einem starken Glauben an die eigene Person (Kraft, Fähigkeiten, Kompetenzen) nachweislich mehr Erfolg (z.B. Ausbildung und Berufsleben) haben. Dies erreichen sie a) u.a. durch ihre erwartungs- und glaubensbedingte Ausdauer bei der Bewältigung von Aufgaben. Parallel dazu besteht b) eine geringere Anfälligkeit für Ängste (z.B. Angststörungen), Hemmungen und Depressionen. Hinzu kommt, c) dass eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung zu hohen Ansprüchen an die eigene Person führt. Daher besteht d) eine geringere Scheu vor anspruchsvollen, schwierigen Aufgaben; es werden sogar bevorzugt eben solche Herausforderungen gesucht.

 

Höher ist auch die Chance, diese Herausforderungen zu bewältigen und gute Leistungen zu erbringen. Gute Leistungen führen dann wieder zur Bestätigung und dadurch wieder zur Erhöhung der weiteren Selbstwirksamkeitserwartung. Durch die nunmehr erhöhte Selbstwirksamkeitserwartung wird dann noch mehr Leistung erfolgreich erbracht. Insofern wirkt ein Kreislauf, der zu Höchstleistungen führt (high performance cycle / Locke und Latham).

 

Eigene Erfolgserlebnisse (Performance Accomplishments) sind eine ebenso treibende Kraft wie mentale Stärke, fester (sogar durchaus naiver) Glaube, mentale und verbale Ermutigungen (Verbal Persuasion) und positive emotionale Erregung (Emotional Arousal). Erfolg bei der Bewältigung schwieriger Aufgaben führt zur Stärkung und Festigung des Glaubens an sich und die eigenen Fähigkeiten. Daher traut man sich auch zukünftig vergleichbar schwierige Aufgaben und sogar noch schwierigere Aufgaben und Situationen zu. Man strebt sogar danach.

 

Das Gegenteil wären Zweifel an den eigenen Fähigkeiten und der eigenen Selbstbestimmung. Sie führen schneller zu Misserfolgen, die dann wiederum dazu führen, an sich selbst zu zweifeln und bestimmte Aufgaben und Situationen in Zukunft zu vermeiden. Menschen mit einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung haben jedoch eine höhere Frustrationstoleranz. Daher werden einzelne Rückschläge weniger stark wahrgenommen und schwere Rückschläge, die ein Weitermachen behindern könnten, besser weggesteckt oder durch stellvertretende Erfahrungen (Vicarious Experience) relativiert. Während andere aufgeben, ziehen Menschen mit einem hohen Selbstwirksamkeitserwartungsfaktor Ermutigung und neue Kraft selbst durch bereits geringe Erfolge, die ggf. in keinerlei Zusammenhang mit dem eigentlich angestrebten Ziel-Erfolg stehen.

 

Hinzu kommt die Fähigkeit, sich an anderen Menschen, die erfolgreich agieren, eher ein Beispiel zu nehmen, als diese frustriert oder aus Neid abzulehnen oder gar zu meinen, dass man deren herausragende Leistung niemals erreichen kann.

Je größer die Ähnlichkeit zur diesen Vorbild-Personen, desto stärker wirkt die Beeinflussung durch das jeweilige Vorbild. Menschen, die andere, die besser sind, eher ablehnen und das Gefühl von Neid spüren, übertragen dies hingegen als Rückkopplung auf sich selbst. Neid ist ein negatives Gefühl und dieses negative Gefühl manifestiert sich im eigenen Handeln, welches dann auch eher negativ ausfallen wird (Rückkopplungs-Effekt). Daher der Spruch "Schlechte Gedanken gegenüber anderen kommen zurück".

 

Menschen, die positives Feedback und Aufmunterung erhalten (z.B. wenn ihnen positiv zugeredet wird) und von anderen Zutrauen erfahren, sind nicht nur motivierter und selbstwirksamer: Sie glauben mehr an sich und strengen sich zudem mehr an. Dies führt dazu, dass diese Menschen mehr anpacken und mehr machen und auch dazu, dass sie automatisch mehr leisten und allein über diese Mehrleistung höhere Chancen haben, Aufgaben erfolgreich zu bewältigen und Ziele zu erreichen.

 

Zweifel oder Abreden durch andere, bewirken eher das Gegenteil, können bei Menschen mit hoher Selbstwirksamkeitserwartung aber auch oder gerade dazu führen, dass sie es den Menschen, die ihnen Leistungen, Können, Fähigkeiten und Möglichkeiten absprechen, zeigen bzw. beweisen wollen.

 

Da Menschen im Schwerpunkt über Emotionen gesteuert werden, wirkt sich positive emotionale Erregung positiv auf die Bewältigung von Anforderungssituation aus, während negative emotionale Erregung (Gesichtsrötung, Zittern, Schwitzen, Schweißausbrüche, Herzklopfen, Frösteln oder Übelkeit), die mit Anspannung, Hemmung und Angst einhergeht, negativ auswirkt, allein schon, weil dies von anderen und/oder von einem selbst als Schwäche interpretiert wird und über Feedback und den psychosomatischen Rückkopplungs-Effekt Selbstzweifel entstehen, hinderlich sind.

 

Der Effekt der Selbstwirksamkeitserwartung ist - obgleich er ggf. bzw. zumeist auf einem Wahrnehmungsfehler basiert, eigentlich ein sehr positiver Effekt. Er kann sich aber wie z.B. der  Selbstwert-Effekt auch, ebenso negativ auswirken z.B. dann, wenn man im festen Glauben an die eigene richtige Entscheidung fälschlicherweise annimmt, dass diese Entscheidung immer richtig bzw. zutreffend ist.

 

Der Effekt führt dann nämlich auch dazu, dass z.B. eine falsche Entscheidung im Hinblick auf die Einschätzung und Beurteilung einer anderen Person (z.B. Personalentscheidung/Einstellungsentscheidung) nicht mehr revidierbar ist. Eine einmal eingestellte Führungskraft (oder ein einmal gewählter Politiker) kann dann nämlich relativ frei (auch fehlerhaft) - sogar zum Nachteil (des Unternehmens, des Staates, des Teams, der Gesellschaft) wirken, ohne dass dieser im Verlaufe seiner Wirkungszeit bzw. Amtszeit (z.B. durch den, der die Wirksamkeit seiner Selbst voraussetzt) ernsthaft in Frage gestellt würde. Will heißen: Einmal "drin" kann z.B. eine gestörte Persönlichkeit (z.B. ein Mensch mit einer negativistischen oder narzisstischen Persönlichkeit) frei walten und schalten, ohne dass dies wirklich (ernsthaft) auffällt.

 

Wie Untersuchungen ergeben haben, kann eine solche Persönlichkeit dann sogar Entscheidungen treffen, die den Ruin (bzw. den Untergang des betreffenden Unternehmens oder Staates) darstellen. Selbst dann, wenn kurz vor diesem vermeintlichen Ruin (bzw. der Zerstörung oder des Untergangs) es einigen (z.B. externen) Menschen doch auffällt, wird das Handeln (Verhalten) in den meisten Fällen ebenso wenig gestoppt wie die Entscheidung für den Ruin selbst kaum in Frage gestellt wird, da hier Effekte wie der Selbstwert-Effekt / Selbstwertdienliche Verzerrung und / oder der Effekt der kognitiven Dissonanzreduktion entscheidend mitwirken.

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